Todeslauf: Thriller (German Edition)
er sah aus, als würde er jeden Moment losrennen in seiner Panik.
»Beruhige dich«, sagte ich auf Mandarin. »Es geht alles in Ordnung. Kommt mit.« Dann wies ich den Fahrer an, seinen bewusstlosen Freund aus dem Wagen zu holen und ihn zu tragen. Er gehorchte und legte sich den Beifahrer über die Schulter.
»Das ist meine erste Lieferung«, stotterte der Wächter auf Chinesisch. »Ich war Lehrer, mein Schwager hat mich da reingebracht, ich versteh nichts von dem Geschäft hier …« Er trug eine Yankees-Baseballkappe.
Sie gingen vor mir her, und wir kletterten über den Zaun und gingen weiter zum Lagerschuppen. Ich blickte zurück. Piet stieg in den Truck.
Der Schuppen war alt, und als ich gegen die Tür trat, brach das rostige Schloss. Ich bedeutete ihnen mit einer Geste, hineinzugehen.
»Bitte«, flehte der Wächter verzweifelt. »Bitte nicht.«
»Setzt euch hin«, sagte ich. Sie setzten sich auf den Boden, der Fahrer legte den Bewusstlosen nieder.
»Er muss glauben, dass ihr alle tot seid. Versteht ihr mich? Aber ich werde euch nichts tun.«
Sie nickten. Ihre Augen waren jedoch auf die Pistole gerichtet.
Ich trat einen Schritt zurück. »Du«, sagte ich zu dem Wächter. »Wirf mir deine Kappe her.«
Er nahm die Baseballmütze ab und warf sie zu mir. Ich fing sie und setzte sie mir auf die blutigen Haare. »Eure Brieftaschen und Papiere.«
Sie warfen mir alles mit zitternden Händen herüber, und ich blickte kurz hinein. »Steht auf. Dreht euch um.« Langsam und zitternd taten sie, was ich verlangte, und ich versetzte jedem der beiden einen harten Schlag mit dem Pistolengriff. Sie gingen zu Boden, und ich schlug noch zwei-, dreimal zu, bis sie k. o. waren. Drei Schüsse gab ich auf die modrige Wand ab, Staub und Holzsplitter tanzten in der Luft. Ich wischte das Blut an meinen Fingerknöcheln am Lehmboden ab.
Dann ging ich zum Truck zurück. Piet sah die Papiere durch. In den Frachtpapieren stand, dass es sich um türkische Zigaretten handelte, die nach London gehen sollten. Natürlich waren die Zigaretten in Wahrheit in China hergestellt worden.
»Irgendwelche Tracking-Chips?«, fragte ich.
»Nein«, antwortete Piet. »Hübsche Kappe.«
»Dann fahren wir.«
»Ich will die Chinesen sehen«, sagte er.
»Gut, dann geh«, sagte ich. Ich würde ihn erschießen müssen. Er durchbohrte mich mit Blicken.
Ein kleiner blauer Farm-Truck tauchte plötzlich auf der Straße auf und schob sich an uns vorbei. Die Fahrerin – eine ältere Frau – sah uns im Vorbeifahren neugierig an.
Das machte ihn offenbar nervös. »Verschwinden wir. Aber zuerst musst du dir das Blut wegwischen, und im Fahrerhaus sind auch Blutflecken. Ich nehme den Truck, du den Van.«
Als wir losfuhren, blickte ich im Rückspiegel immer wieder zu dem Lagerschuppen zurück. Niemand kam heraus.
Wir kamen nach Belgien, brausten an den leeren Gebäuden des alten Grenzübergangs vorbei, und die Autobahnbeleuchtung an diesem nebligen Abend, die in Frankreich noch weiß war, leuchtete in Belgien gelb.
Ich hatte kein Handy – Piet hatte darauf bestanden, er fürchtete offenbar, dass er noch einmal verraten werden könnte. Es gab keine Möglichkeit, mit Mila Kontakt aufzunehmen. Der Van hatte kein eingebautes Telefon, aber immerhin ein Navigationssystem. Ich fühlte mich etwas benommen von dem Blutverlust durch die Wunde an der Kopfhaut.
Und ich beschloss, nicht ganz unbewaffnet in die Höhle des Löwen zu gehen.
Es war Zeit, festzustellen, ob Mila mir die Wahrheit gesagt hatte.
66
Ich startete eine Suche am GPS-Bildschirm des Vans und gab den Namen Roger Cadet ein. Ein Ergebnis: die Taverne Chevalier in Brüssel, nahe der Avenue Lloyd George im Diplomatenviertel. Als wir die Stadt erreichten, gab ich Piet ein Signal mit der Lichthupe. Er fuhr den Truck an den Straßenrand, und ich ging nach vorne zum Fahrerhaus.
»Ich brauche etwas zu trinken und zu essen, und ich muss ein paar Anrufe machen.«
»Was für Anrufe?«, wollte Piet wissen. »Wir müssen weiter.«
»Das hier ist nicht meine einzige Baustelle. Entweder wir halten an, oder du vertraust mir endlich – dann kann ich es auch mit dem Handy machen.«
»Keine Anrufe.«
»Ich muss mich schon um den nächsten Deal kümmern, nach dem hier. Und das muss ich jetzt tun.«
Ich sah die Gier in Piets Augen funkeln. »Was ist das für ein Deal?«
»Militärausrüstung. Hohe Gewinnspanne.« Ich dachte bereits an das Lokal, das ich aufsuchen musste.
»Wo willst du anhalten?«
»Ich
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