Todeslauf: Thriller (German Edition)
»Ich weiß nicht.« Verdammt. Gab es vielleicht eine andere Möglichkeit? Konnte ich nicht einige aus der Gruppe am Leben lassen, damit die holländischen Behörden sie vernahmen und wertvolle Informationen aus ihnen herausbekamen? Es machte mir ohnehin zu schaffen, dass Zaid so felsenfest darauf bestand, dass alle sterben mussten, damit Yasmins guter Name unbeschädigt blieb. Sie war einer Gehirnwäsche ausgesetzt gewesen. Sie war keine Verbrecherin. Sein Ruf würde möglicherweise intakt bleiben.
Eliane trat zu einer Kiste und öffnete sie. Die Kiste trug ein Logo, das ich kannte: Militronics, Zaids Unternehmen. Ausrüstung aus seiner eigenen Firma würde mithelfen, seine Tochter zu befreien.
»Haben Sie etwas zum Fesseln?«, fragte ich.
»Ja, aber ich dachte, Sie wollen sie töten und nicht gefangen nehmen?«
»Ich würde mir gern alle Möglichkeiten offenlassen.«
Sie zeigte mir Plastikhandschellen. »Und vielleicht das hier. Eine Blendgranate«, sagte sie. »Wissen Sie, wie man damit umgeht? Hier ist der Knopf, mit dem Sie sie aktivieren, und hier der Timer.«
»Danke. Wo soll ich die Sachen verstecken?« Ich konnte schlecht mit dem ganzen Zeug zu Piet hinuntergehen. »Mein Van steht ungefähr einen Kilometer von hier. Wäre es möglich, dass Sie die Sachen hineinlegen?«
»Ja«, sagte sie. »Dieser Mann, mit dem Sie gekommen sind – er ist nicht Ihr Freund, hoffe ich.«
»Er ist ein kaltblütiger Mörder und ein Menschenhändler. Ich muss zuschlagen, wenn er sich mit ein paar anderen trifft.«
»Dann dürfen wir keinen Fehler machen«, sagte Eliane. Ich mochte sie. In letzter Zeit hatten so viele über mich geurteilt – von Howell über August bis zu Mila –, aber Eliane schien mir einfach nur helfen zu wollen. Ich hätte sie küssen können.
Ich gab ihr den Autoschlüssel und beschrieb ihr den Van. »Und ich brauche ein Handy. Es sollte eine Nummer eingespeichert sein, unter der ich Mila erreichen kann.« Ich nahm die Baseballkappe ab, und sie hielt den Atem an, als sie das eingetrocknete Blut sah. Sie bestand darauf, die Wunde zu überprüfen.
»Es ist zwar nur oberflächlich, aber es muss trotzdem versorgt werden«, meinte Eliane.
»Keine Zeit, außerdem würde es ihn misstrauisch machen. Wie viel Zeit brauchen Sie, um alles in den Van zu bringen und wieder zurückzukommen?«
»Zehn Minuten.«
»Kann ich auch Bargeld haben? Vielleicht tausend Euro? Ich muss ihn ein bisschen damit beeindrucken, dass ich ein Geschäft mit Monsieur Cadet abgeschlossen habe.«
Sie ging zu dem Wandsafe, tippte die Kombination ein und nahm ein Bündel Geldscheine heraus, die sie mir gab.
Ich fühlte mich wieder wie ein Mensch, weil ich bei ihr nicht jemand sein musste, der ich nicht war, weil ich gerade einmal nichts mit dem Dreckskerl Piet zu tun hatte. Ich wollte den Augenblick auskosten. Eliane war wie eine fürsorgliche Mutter für Leute, die ganz auf sich allein gestellt waren.
Und so wie eine Mutter sah sie mich an, als wären mir meine Gedanken auf die Stirn geschrieben. »Wir haben unsere Jobs zu erledigen. Gehen wir.«
Sie hatte recht. Ich eilte die Treppe hinunter. Piet hatte sich an einen Ecktisch gesetzt und trank mürrisch sein Bier.
Ich setzte mich zu ihm und schob ihm hundert Euro hin. Er sah mich blinzelnd an.
»Cadet hat mir noch Geld geschuldet«, sagte ich. »Und er hat mir einen kleinen Vorschuss auf den nächsten Job gegeben.«
»Das? Deswegen hättest du nicht herkommen müssen.«
»Für mich war’s wichtig, Piet.«
Ich gab der Kellnerin ein Zeichen. Ich musste Eliane Zeit geben, den Van zu finden und die Sachen so zu verstecken, dass er sie nicht sehen würde.
Aus den Lautsprechern tönte »Purple Haze« von Jimi Hendrix. Nicht lauter als die Stimmen der Gäste, aber laut genug, um eine gewisse flippige Atmosphäre in den Pub zu bringen, in dem es von Anzugtypen wimmelte. Piet lehnte sich zurück und ließ die Stimmung der Taverne Chevalier auf sich einwirken. Es war ein langer, harter Tag gewesen. Der Kopf und der Körper lechzten nach Entspannung, um das Adrenalin aus den Adern zu bekommen.
Wir bestellten die Spezialität des Hauses, die dicken Ardennen-Schinkensandwiches. Piet stürzte ein zweites Bier in vier langen Schlucken hinunter, doch als die Kellnerin fragte, ob wir noch eine Runde wollten, sagte er: »Nein, einen Kaffee, bitte.« Ich entschied mich ebenfalls für Kaffee.
»Aber die Sandwiches und den Kaffee zum Mitnehmen«, fügte Piet hinzu.
»Nein«, erwiderte
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