Todeslauf: Thriller (German Edition)
Hände sehen können!«
Meine Hand schloss sich um den Schwertgriff. Ich drehte das Kurzschwert, und es schnitt sich durch den dünnen Ledergürtel. Danke, Piet, dass du das Schwert aus purer Langeweile noch einmal geschärft hast, als wir draußen vor dem Sweatshop auf den Laster der Lings gewartet haben. Ich ließ den Arm nach unten hängen, um die Waffe hinter dem Rücken zu verstecken. »Ich hab eine Kugel abgekriegt«, sagte ich. »Ich kann den Arm nicht heben.«
Er machte einen Schritt auf mich zu. »Wer bist du? Polizei?«
»Klar – die Polizei schickt ja immer nur einen Mann«, erwiderte ich. »Quatsch, ich bin nicht von der Polizei.«
Hinter mir hörte ich Glas knirschen. Meine Füße waren im Dunkeln; das einzige Licht kam aus dem Gärraum. Wer immer da hinter mir war – er würde das Wakizashi jeden Moment sehen.
»Wer bist du?«, rief der Mann wieder.
Der Typ hinter mir war nur noch wenige Schritte entfernt. Gleich würde er die Klinge sehen … in drei Sekunden. Zwei. Eins …
Ich warf mich nach hinten und rollte mich zur Seite, und meine Jacke schützte mich vor den scharfen Glasscherben. Das Wakizashi zischte durch die Luft und traf auf Fleisch und Knochen des Mannes hinter mir. Er schrie auf, und der Typ vor mir erstarrte für einen Moment. Ich riss das Schwert aus dem Bein, in dem es steckte, schwang es herum und hieb es dem Kerl vor mir in den Oberschenkel. Er brüllte auf und taumelte zurück, und die Kugeln schlugen in den Betonboden ein, als er zu Boden ging. Mit einem Schwert angegriffen zu werden, war verständlicherweise das Letzte, mit dem er gerechnet hatte. Einen Moment lang musste der Schmerz so überwältigend gewesen sein, dass er vergaß, auf mich zu schießen.
Das ist das Entscheidende. Man muss den Schmerz verdrängen können.
Ich hörte noch jemanden kommen. Gott, wie viele waren da noch? Ich setzte die beiden Verletzten mit gezielten Tritten außer Gefecht. Dann riss ich die Blendgranate aus der Jackentasche, aktivierte sie und steckte sie einem der Männer unter den Arm.
So lautlos wie möglich eilte ich auf die andere Seite der Palette und ignorierte die Schmerzen.
Na los doch, dachte ich. Und wirklich – Schritte. Ein Mann kam schnell näher und feuerte wild in den Gang zwischen den Paletten. Noch mehr Flaschen wurden zertrümmert, und Bier spritzte in alle Richtungen.
Ich hörte, wie sich jemand auf den mit Glasscherben übersäten Boden kniete und einen Namen murmelte, und im nächsten Augenblick folgte ein ohrenbetäubender Knall und zugleich eine gewaltige Lichtexplosion. Lautes Geheul. Ich huschte um die Ecke und sah einen Mann – aber nur einen –, der sich am Boden wand, blind und taub von der Explosion. Ich griff mir eine Bierflasche und hämmerte sie ihm auf den Hinterkopf, und er blieb benommen liegen. Ein Tritt ins Gesicht betäubte ihn endgültig; meine Schultern schmerzten zu sehr, um mit der Faust zuzuschlagen.
Ein Dutzend. Ich hatte ein Dutzend Männer ausgeschaltet. Ich konnte mich kaum mehr auf den Beinen halten. Noch einer. Einen gab es noch. Edward. Ich überprüfte meine Glocks. Leer. Einer der Männer hatte eine Pistole mit vollem Magazin, und ich nahm sie mit.
Ich kroch zwischen den Paletten hervor. Jede Bewegung auf den Bierglassplittern machte ein hörbares Knirschen, mit dem ich meine Position verriet. Ich bewegte mich so vorsichtig, wie ich konnte. Meine Ohren dröhnten von der Explosion, und ich blutete stark. Alles tat mir weh.
Lucy. Das kleine Bündel. Yasmin, das Mädchen, das ich retten sollte, der Schlüssel zu dem Mann, der mir meine Familie und mein Leben weggenommen hatte. Konzentriere dich. Gib jetzt nicht auf.
Ich hörte nichts als das ferne Schluchzen der jungen Frau.
Sie war wertvoll für Edward. Womöglich hatten seine Leute die Anweisung, sie um jeden Preis zu bewachen.
Da schwoll ihre Stimme zu einem Schrei an. Das Echo kam aus einem Gang zu meiner Rechten.
Vielleicht war Edward bei ihr, um sie als Druckmittel einsetzen zu können.
71
Ich rannte einen kurzen Gang entlang, die Pistole im Anschlag, bereit, auf jeden Schatten zu feuern, der irgendwo auftauchte.
Yasmins Schreie verstummten. Ich stürmte in einen runden Raum mit Steinwänden. Es roch nach Holz und verschüttetem Bier, aber auch nach Schießpulver. Auf einer Seite des Raumes flackerte ein Licht in der graublauen Dunkelheit. Drei Türen, eine davon stand halb offen. Von drinnen hörte man eine leise Stimme murmeln. Ich lauschte angestrengt, um etwas zu
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