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Todesmelodie

Todesmelodie

Titel: Todesmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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Bastard!«
    Ann holte Schwung und stieß mit dem Messer nach ihm.
    Unter anderen Umständen hätte sie ihn wahrscheinlich ernsthaft verletzt, aber ihre Erschöpfung war zu groß. Sie verfehlte ihr Ziel, und ihr Schwung ließ sie einen Halbkreis beschreiben, bevor sie ihr Gleichgewicht wiederfand. Sie faßte sich jedoch schnell und war gerade im Begriff, noch einmal zuzustoßen, als Chad seine Taschenlampe zum zweitenmal aufleuchten ließ; es war ein schmutziger Trick! Ann hob in einer instinktiven Bewegung die Hand, um ihre Augen zu schützen, vergaß für einen Moment jede Vorsicht und tat einen Schritt zuviel nach rückwärts.
    Sie rutschte ab und fiel… um ein Haar ganz in die Tiefe.
    Chad erwischte sie gerade noch an einem Knöchel, als sie schon mit dem Kopf nach unten über dem tosenden Fluß hing. Was von ihrem Blut noch übrig war, schoß ihr ins Gehirn, und sie hatte das Gefühl, als drücke der Mann im Mond seine Zigarre genau zwischen ihren Augen aus; ihr Schädel schien vor Schmerz zu explodieren.
    »Ich ziehe dich hoch«, sagte Chad. »Greif mich nicht an!«
    Ann hatte noch immer das Messer in der Hand. »In Ordnung«, stimmte sie zu.
    Er begann, vorsichtig an ihrem Bein zu ziehen. Der harte Fels streifte an der verletzten Seite ihres Kopfes entlang; Anns ganzer Körper spannte sich für eine letzte große Anstrengung.
    Wenn sie jetzt ihr Ziel verfehlte, würde Chad sie töten, und nicht nur sie.
    Er würde in seinem Leben noch viele andere ermorden, er gehörte zu diesen Verrückten, die zwanghaft handelten. Sie beide hatten nichts gemeinsam, und es war ihr egal, was er sagte. Wahrscheinlich würde er auch versuchen, Sharon umzubringen.
    Ann dachte an Sharon, während Chad ihren Körper langsam zurück auf den Absatz zog. Sie bereute zutiefst, was sie der Freundin hatte antun wollen, und verzweifelte fast bei dem Gedanken, daß es keine Möglichkeit gab, Sharon für den Fall zu warnen, daß sie selbst es nicht schaffen würde.
    Oder war da doch ein Weg?
    »Du bist fast oben«, sagte Chad.

 
    11. Kapitel
     
     
     
    »Gab es hier nicht mal eine Brücke?« fragte Sharon verwundert.
    »Ja«, erwiderte Chad.
    »Was ist damit passiert?«
    »Sie war alt«, erklärte Chad. »Ich glaube, sie ist abgefallen.«
    Seit dem Ende des Prozesses waren zwei Tage vergangen. Der Nachmittag war heiter und warm, keine Wolke zeigte sich am Himmel.
    Sharon und Chad hatten diesmal den Weg genommen, der vom See her in den Sunset-Nationalpark führte, und Chad hatte recht gehabt, als er gesagt hatte, das Gelände sei schwierig; ohne seine Hilfe, glaubte Sharon, wäre sie nicht allzuweit gekommen.
    Sie konnte gut verstehen, weshalb Chad die Gruppe beim letztenmal von der Westseite her in den Park geführt hatte, aber sie hatte darauf bestanden, den östlichen Weg zu nehmen, als sie erfuhr, daß sie so innerhalb von nur zwei Stunden zur Klippe gelangen konnten. Sie wollte viel Zeit haben, sich umzusehen. Ihr einziges Problem bestand darin, daß sie nicht recht wußte, wonach sie suchte…
    Sie befanden sich jetzt auf einem Absatz am südlichen Flußufer, ungefähr dreißig Meter über den schäumenden Stromschnellen.
    »Gibt es noch eine andere Brücke?« wollte Sharon wissen.
    »Nein«, erwiderte Chad.
    »Aber wie kommen wir dann auf die andere Seite? Ich möchte genau dahin zurück, wo Ann gesprungen ist.«
    Chad nahm seine Sonnenbrille ab und blickte sie an. »Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?«
    »Solange ich nicht in diesen Gerichtssaal zurück muß und gezwungen bin, als Zeugin auszusagen, ja.«
    »Ich kenne noch einen anderen Weg über den Fluß.«
    »Und welchen?«
    Chad deutete zum Wasser hinunter. »Wir müssen da runter und dann ein Stück stromabwärts. Es ist nicht weit.«
    »Hätten wir nicht auch auf diesem Weg hierherkommen können?« fragte Sharon.
    »Nein, nicht ohne Ausrüstung.«
    »Und wie kommen wir hinüber? Wie Tarzan an einer Liane?«
    Er kicherte; die düstere Stimmung des Prozesses war offensichtlich inzwischen verflogen. »Du wirst schon sehen!«
    Der Weg war steil und schwierig, aber Sharon beklagte sich nicht. Nach dem langen Eingesperrtsein war allein das Laufen in der frischen Luft schon ein Vergnügen. Wenn nur der Zweck ihres Aufenthalts weniger ernst gewesen wäre! Sie war dankbar, mit Chad reden zu können, und sie hoffte nur, daß sie ihn nicht zu sehr bedrängt hatte, sie zu begleiten!
    Der Boden der Schlucht war schnell erreicht, und sie wandten sich wieder in Richtung des Sees,

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