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Todesmuster

Todesmuster

Titel: Todesmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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diese unsagbare Atmosphäre, da ist sie, mit offenen Armen, oh, sie erwartet mich. Aber die Augen, brauchst keine Angst zu haben. Ich bleibe bis kurz vor Sonnenaufgang.
    Die Zeitungsfrau nicht vergessen.
    Vor Hehmeyer ein uralter Daimler mit Viehanhänger, Strohreste ragen aus der Klappe. Das Scheppern der Glocke, Hehmeyer hinter der Brottheke, bedient.
    »So, Arthur, kann ich noch was für dich tun?«
    »Ne, lass man gut sein. Wird wohl reichen.« Er nimmt das Kuchenpaket. Mein Gott, für wie viele Leute ist das? Hehmeyer geht zur Kasse, Arthur folgt ihm. Brauner Kittel, gelbe Gummischuhe mit Scheißeresten. Wahrscheinlich der Daimlerfahrer. Er lüftet die Mütze, kratzt sich mit Ringfinger und kleinem Finger die Glatze. Abstehender grauer Haarkranz, Falten am Hinterkopf. Eine warme Welle von Kuhstall schwingt mit. Puh, stinkt der. Er zahlt, elf Euro zwanzig, nimmt den Kuchen.
    »Gut gehen, Kurt.« Hehmeyer grüßt zurück. Er geht vorbei, ein Meter Abstand, fast wie ein Schnitt in die Nasenschleimhäute, kaum vorstellbar. Wieder die Glocke. Hehmeyer mit gezieltem Blick.
    »Ja, ja, unser Arthur verleugnet seinen Stand nicht.« Amüsiert.
    »Kann man wohl sagen, authentisch, in jeder Hinsicht.« Den Hecht kriegt der hier in der nächsten halben Stunde nicht raus. »Aber das ist nicht der Grund meines Kommens, Herr Hehmeyer. Sie wissen vielleicht, ich leite die Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt oben in der Mine.« Er weiß. »Sie haben bestimmt davon in der Zeitung gelesen.«
    »Nicht nur das, die Zeitungsleute waren auch schon hier bei mir und wollten was wissen. Über die Mine und den Steinbruch und so, dabei weiß ich da auch kaum was drüber. Ich war da oben seit, ach, zwanzig Jahren nicht mehr.«
    »Seit zwanzig Jahren?«
    »Mindestens. Früher ist man ja noch mal mit den Kindern da gewesen, versteinerte Muscheln suchen, aber ist doch jetzt alles zugewachsen.«
    »Was war mit der Mine?«
    Er kommt hinter der Kasse vor, lehnt sich mit der Schulter ans Süßigkeitenregal, es wackelt bedenklich, keine Reaktion.
    »Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, dass die offen war. Als der Steinbruch noch betrieben wurde, durften wir als Kinder da nicht rein wegen der Sprengungen. Hinterher war die Tür vernagelt. Irgendwann hat dann jemand diese Stahltür da angebracht und verschlossen. Nehme mal an, die Firma.«
    »Welche war das?«
    »Stemmer Tiefbau. Einen Ort weiter im Industriegebiet. Früher stand hier unten an der Ausfahrt zur Ingsener Straße noch ein Waagehäuschen. Das ist aber auch schon lange weg. Die Firma gibt es ewig nicht mehr.«
    »Sie sind doch alter Ingsener?« Er bejaht wortlos. »Gibt es hier im Ort noch Leute, die mir was erzählen könnten. Ich meine Hintergründe und so weiter.«
    Er sieht an die Decke.
    »Von den Alten wissen bestimmt noch einige was. Oder fragen Sie mal Pfarrer Brecht, der kennt doch auch viele im Dorf.«
    Der Pope, gute Idee. Danke. Noch Kaugummi, Hehmeyer gibt das Wechselgeld raus, Wiedersehen. Den Hecht kriegt der hier den ganzen Abend nicht mehr raus.
     
    Vor der Kirche die Alte in Trauerkleidung, Baumwolltasche in der Armbeuge. Beobachtet misstrauisch, der Kopf bleibt unbeweglich.
    Am Pfarrhaus die gleichen Klinker wie am Kirchturm. Brecht, schlichtes Klingelschild, drinnen Big Ben. Die Tür öffnet sich, eins fünfundneunzig, hager, graue Igelfrisur über Adleraugen. Schwarze Weste, weißes Hemd, die Ärmel einmal umgeschlagen. Fehlt nur noch der Hut, dann passt der in jeden Western.
    »Ja, bitte?«
    »Mein Name ist Kirchenberg von der Kripo. Wir bearbeiten das Tötungsdelikt in der Mine oben im Wald.«
    »Ah, ja. Ich hörte davon.« Er geht einen Schritt zur Seite. »Kommen Sie herein.«
    Mit langsamen Schritten voran, düsterer Flur, im Arbeitszimmer Bücher bis zur Decke. Auf dem Computer läuft Tomb Raider. Wirklich. Das kann doch wohl nicht wahr sein. Er kriegt es mit, bleibt stumm.
    »Ist das das Predigtthema für den nächsten Sonntag?«
    Er beugt sich vor mit Henkersgesicht, zehn Zentimeter Abstand.
    »Wer seine Schafe vor den Netzen des Satans bewahren will, der muss auch die Köder kennen, die er ihnen hinwirft.« Fünfzig Kilo auf jedem Wort. Aha. Stille. Ganz langsam gleitet die Strenge aus seinen Zügen, um seine Augen wachsen Fältchen, drei schnaubende Lacher. »Meine Konfirmanden erzählen mir immer davon, da wollte ich mal sehen, was so toll daran ist. Hab ich mir von meinem Neffen geliehen.«
    Ist ja echt ein Komiker, der Herr

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