Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesmuster

Todesmuster

Titel: Todesmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
Vom Netzwerk:
doch wenigstens aufhören können, als ich ihn angesprochen habe.«
    »Liebe Frau Scholz, haben Sie schon einmal versucht, den Nil aufzuhalten?«
    »Das heißt, Sie wollen jetzt keine Anzeige aufnehmen?« Oma ist pfiffig.
    »Wenn Sie darauf bestehen, kann ich natürlich eine Anzeige aufnehmen, aber die Erfolgsaussichten sind eher gering. Ich mache Ihnen folgenden Vorschlag: Ich nehme jetzt Ihre Personalien auf und die Personenbeschreibung und gebe die weiter an unsere Wagen. Sollte es noch einmal zu einem solchen Vorfall kommen, wissen die Kollegen Bescheid.«
    Sie gibt sich zufrieden, zögerlich, mit leisem Unbehagen. Der Kollege verabschiedet sie betont freundlich. Dass sie es sich nicht noch mal anders überlegt.
    Am Funk wird es ruhiger, im Birkenstübchen alles unter Kontrolle. Egon hat Zeit.
    »Sollen sie zumachen, den Scheißladen. Schon die dritte Wichserei diesen Monat in dem Loch. Ich schreib da was. ’n’Abend, erst mal.« Er reicht die Hand.
    »Kannst du mir vorher mit ner Filtertüte Kaffee aushelfen, bei uns ist Ebbe und ’n bisschen muss ich noch.«
    »Klar kannst du Kaffee haben.« Er geht vor Richtung Küche. Der B-Raum ist leer, Kaffeetassen auf den Tischen, in einem Aschenbecher qualmt ein Kippenrest. Der Fernseher läuft, Viva, eine schwarze Schönheit singt I will follow you. Sieht fast ein wenig aus wie Ayse.
    Es schellt, Ayse an der Wohnungstür. Ihre schwarze Haut glänzt, die Haare wirken fast blau, komm doch rein. Zwei Tage Zeit, muss Sener vertreten, Familienfeier. Lächeln mit Gänsehaut.
    »Reicht das?« Die Filtertüte fast voll.
    »Das reicht allemal« Er gibt den Kaffee mit einem Schulterklaps.
    Die Schelle summt. Vor der Glastür Frau Scholz. Hat wohl noch eine Frage.

SONNABEND
    06 Uhr 45
    Geräusche in der Finsternis, ein Rascheln. Irgendein Tier? Sonst nur der Atem. Das Rascheln kommt näher. Ratten? Eidechsen? Egal. Die Arme taub, doch noch ein schwaches Kribbeln. Mit den Füßen scharren, fester, bleib weg. Stille. Keine Schmerzen mehr, nur noch ein Rest Kälte.
    Gänsehaut auf Carmens Arm, ein kehliger Seufzer, sie räkelt sich, der Arm verschwindet unter der Decke. Sie dreht sich auf die andere Seite, der Rücken liegt frei.
    Aufwachen. War das jetzt Schlaf, Ohnmacht? Kann nicht mehr denken. Der Schmerz kommt zurück, nein, nicht. Das Eisen an den Händen, am Rücken Stein, schmierig. Aufhören, es soll aufhören. Es ist so schwarz. Wenn das Licht kommt, kommt er. Kein Licht.
    Gelbe Wolken durch den Spalt des Vorhangs, ein mattes Lichtband zieht sich unter der Decke lang, weiche Ränder. Ihr Atem hebt den Rücken sanft. Ihre Haut ist warm, die Finger gleiten leicht, Wellenreiten über ihre Rippen, ruhen sich aus auf einem Vorsprung des linken Schulterblatts.
    Schritte, unruhiger Schein, Konturen, da sind die Füße. Der weiße Punkt, daneben blitzt es hell und blank. Keuchen. Irgendwas ist da. Was ist das? Schmerz? Wo? Die Beine? Rauschen. Das Licht wird fahler. Es lässt nach, ah. Keine Schmerzen mehr.
    Das Gelb der Wolke dimmt sich langsam weiß. Sie hat sich halb gedreht, das Licht sucht ihren Körper auf, findet Halt auf ihrer ebenen Stirn und an den Brüsten, verschwindet in der Tiefe ihrer Achsel und in den Gängen ihres kleinen Ohrs.
    Sechsundfünfzig.
    Noch vier Minuten.
    09 Uhr 17
    Bestialischer Mord im alten Bergwerk
    Bei dem am Mittwoch letzter Woche festgestellten Verbrechen in einer alten Mine in den Kummerhügeln nahe Ingsen (wir berichteten) scheint es sich, so die Ergebnisse der ersten Ermittlungen, um eine grausame Tat zu handeln.
    Wie die ermittelnde Mordkommission gestern in einer Pressekonferenz mitteilte, ist die Leiche zwar noch nicht gefunden worden, jedoch lasse das Spurenbild den zwingenden Schluss zu, dass dort ein Mensch getötet worden ist. Speziell die Menge des vorgefundenen Blutes weise darauf hin, dass dem Opfer in der Höhle massive Verletzungen beigebracht worden seien. Die Ermittler halten es auch für möglich, dass die Leiche an Ort und Stelle zerteilt wurde. Weitere Spuren lassen die Annahme zu, dass das Opfer, dessen Identität noch völlig unbekannt ist, vor der Tötung eine längere Zeit, man geht hier von einigen Tagen aus, lebend in dem Stollen verbracht hat. Durch Rückschlüsse aus Witterungseinflüssen …
     
    Telefon.
    »Kirchenberg, Mordkommission.«
    »Richter, Gerichtsmedizin, Morgen.«
    »Mein Gott, Frau Dr. Richter, Sie arbeiten wohl auch nachts, wie es aussieht?«
    »Manchmal schon. Aber in zwei Wochen, da können Sie

Weitere Kostenlose Bücher