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Todesmuster

Todesmuster

Titel: Todesmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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auf.
    »Herr Kirchenberg?« Kein Händedruck, dunkler Pferdeschwanz mit roten Strähnen.
    »Richtig.«
    »Renate Gerber. Ich bin die Dienst habende Ärztin. Ihrer Mutter geht es heute besser. Sie ist bei Bewusstsein, und ihr Gesamtzustand hat sich stabilisiert, das hört man doch gerne, oder?« Mit professioneller Anteilnahme, immerhin.
    »Natürlich. Heißt das, sie ist übern Berg?«
    »Ich denke schon. Wir beobachten sie noch vierundzwanzig Stunden und verlegen sie, wenn es so bleibt, morgen auf die normale Innere. Wenn Sie jetzt zu ihr gehen, machen Sie es noch nicht so lange, verschieben Sie es lieber auf die nächsten Tage, Ihre Schwester war nämlich auch schon hier.«
    »Kein Problem, Frau Doktor.«
    Mutter bemerkt nichts. Weiter Blick aus dem Fenster. Die Haare gekämmt, sieht eigentlich gar nicht so krank aus. Wie vorgestern. Sie nimmt das Ruckeln am Bett wahr, wendet den Kopf, die Augen werden weicher, mühsames Lächeln.
    »Na, Frau Kirchenberg, was machen wir denn für Zicken?«
    Andeutung von Schulterzucken, sie nimmt die Hand, schwacher Druck.
    »Man wird halt nicht jünger, ich auch nicht.« Ohne Stimme. »Aber heute geht’s schon wieder.« Zwei Atemzüge. »Schön. Schön, dass du da bist, Großer.«
    »Ja, ja. Immer die alte Kämpferin.«
    Sie schließt kurz die Lider.
    »Gerda war auch schon da, eben.«
    »Das hat sie mir erzählt.« Die Haut auf ihrem Handrücken wirft beim Streicheln kleine Falten, mit dem Zeigefinger Berg und Tal über ihre Knöchel.
    »Hast ja noch mal Glück gehabt, dass Frau Stoppenkötter da war. Wenn dir das allein passiert wäre …« Keine Reaktion. Sie schließt für einen Moment die Augen. »Ich lasse dich jetzt am besten eine Runde pennen und haue ab.« Sie schlägt die Augen wieder auf, kein Protest. »Ich werde morgen wiederkommen.«
    Nicken mit müder Freundlichkeit. Kuss auf die Stirn, ihre Haare riechen mild.
    Am Tresen Frau Dr. Gerber, sieht den Gruß nicht. Auch gut.
    Wie ihre Haare rochen. Wie früher.
    12 Uhr 35
    Sehr warm hier drin. Was gibt’s denn? Halber Hahn? Ach, zu umständlich. Schaschlik? Ja, wäre ’ne Möglichkeit. Oder Salat mit Schafskäse und Oliven, was ganz Gesundes. Die beiden Jugendlichen mit Gelfrisur nehmen zweimal Currywurst Pommes rotweiß. Den Klassiker. Schon lange nicht mehr gegessen. Das isses. Er verstaut das Geld in der Kasse, Hände abwischen, wortlose Aufforderung.
    »Ich auch bitte. Currywurst Pommes rotweiß.«
    Die Stücke purzeln aus dem Elektroschneider, Soße, fertig.
    »Was zu trinken?«
    »Nein, danke, ich esse es eh im Gehen.«
    Am Brunnen eine Menschentraube vor der Indioband. Dicke Ponchos, bei dem Wetter. Sehen aus wie Flickenteppiche von Ikea. Der Schluss sitzt perfekt. Könner. Applaus. Eine Mutter schickt ihren Dreijährigen mit Geld zum Körbchen, er geht zögernd, wirft es hinein, erntet ein Lachen vom Panflötenspieler. Zwei Teenies mit Eis und Schultasche lösen sich aus der Gruppe, bauchfrei, über dem Gürtel bei beiden eine leichte Wölbung. Sieht gut aus. Das mit den Hungerhaken scheint sich echt gebessert zu haben.
    Vorm Schuhhaus ein junger Mann mit Wellpappenschild. Bin obdachlos und habe keine Arbeit. Bitte um eine kleine Essensspende. Hat sich ordentlich gekämmt, der Blick ins Leere. Ach komm. Zurückgehen. Zwei Euro. Er bedankt sich ohne Blickkontakt.
    Die Wurst ist gut. Zwischen den Laternen eine weiße Bluse mit Chiffonrock, die dunkelblonden Haare wehen sacht. Das ist doch Elisabeth. Sie verschwindet in der Passage. Hinterher. Mein Gott, hat die es eilig. Mit fliegenden Schritten zu Karstadt, zwischen den Unterhosenständen durch zum Fahrstuhl. Laufen, sonst ist die weg. Sie drückt, die Tür öffnet sich. Zwei Meter dahinter. Fester Griff um die Taille, verhaltener Schrei, nach vorne in den Fahrstuhl schubsen. Sie dreht sich um, empört, schließt die Augen, resigniert-beruhigtes Lächeln. Die Tür schließt sich.
    »Blödmann. Musst du einen so erschrecken?« Sie lässt sich küssen.
    »Ich hatte dich schon von weitem gesehen, da konnte ich nicht widerstehen.« Noch ein Kuss. »Wir haben uns doch überhaupt noch nicht richtig begrüßt.«
    »Nein, haben wir noch nicht. Aber letztens im Präsidium war das ja wohl auch nicht möglich.« Ihre Hand warm auf der Wange.
    »Weißt du was: Das holen wir jetzt nach, hier sind wir ganz ungestört. Wollte ich immer schon mal.« Der Stopp-Hebel lässt sich nur mit Mühe umlegen, der Fahrstuhl hält mit einem sanften Ruck.
    »Konniiieee …«
    Der oberste

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