Todesmut - Gardiner, M: Todesmut - N.N. (Jo Beckett 4)
Hängen der hohen Sierra, standen auf gegenüberliegenden Graten der Schlucht Strommasten, die mit einem schmalen Aluminiumsteg verbunden waren.
»Damit könnten wir fünf Kilometer abkürzen. Wir würden uns zwei Stunden und einen Haufen Kletterei sparen«, sagte sie.
Gabe beugte sich zu ihr und wackelte mit den Fingern. »Bsss.«
»Klar, das sind Hochspannungsleitungen, und die Brücke könnte einstürzen.«
»Wenn du Aufregung brauchst, dann lass uns hier verschwinden und ein Zimmer suchen. Also weiter, damit wir uns endlich diese Mine anschauen können.«
»Okay.«
Sie hatten für eine Übernachtung in der Yosemite Lodge at the Falls reserviert. Das hieß, dass ihnen nach der Bergwanderung auch noch zwei Stunden Fahrt bevorstanden. Der Wind ließ die Bäume erschauern. Und auch Jo ließ er erschauern.
So einen Ausflug hätte Phelps Wylie nie und nimmer unternommen.
Vielleicht hatte er eine Spritztour in seinem geheizten, luxuriösen Mercedes gemacht und sich über die Stereoanlage Madame Butterfly angehört. Aber er wäre nie dreihundert Kilometer weit in ein Gebirge gefahren, in dem vor hundertfünfzig Jahren die Teilnehmer einer Reisegruppe vom Winter überrascht worden waren und nur durch Kannibalismus überlebt hatten.
Der Tod dieses Mannes war kein Zufall.
»Wylie hatte eine Landkarte. Oder einen Führer. Es muss einen Grund geben, warum er hier war.«
Gabe blickte zurück über die Schulter. »Bestimmt keinen guten.«
»Sehr richtig, Sergeant.« Eine Bö wehte ihr das Haar vom Kragen hoch. »Okay, beeilen wir uns. Der Wind wird immer stärker. Und die Sonne scheint auch nicht ewig.«
Gabe nickte. »Da hinten braut sich ein Gewitter zusammen.«
Sie spürte ein kaltes Prickeln wie von hundert nadelgro ßen Schlangen. Ungutes Gefühl traf die Sache ziemlich genau. »Also los.«
7
Haugen ging vom Gas. Während das Schnellboot tiefer ins Wasser glitt, zählte er die Leute, die auf den Strand zurannten.
Drei Frauen, vier Männer. Wo kam der überzählige Mann her?
»Vielleicht nur irgendein Picknicker«, meinte Von.
Haugen spannte den Kiefer an. »Der auf ein Boot zuläuft, das von Männern in Skimasken gesteuert wird?«
Von antwortete nicht.
Das Boot kroch vorwärts. Der Wind fegte Gischt übers Wasser. Um sich vor dem hellen Gleißen zu schützen, legte Haugen eine Hand über die Augen. Dann rückte er die Sonnenbrille zurecht, um den überzähligen Mann am Strand ins Visier zu bekommen. Erst jetzt fiel ihm siedend heiß ein, dass das nicht seine normale Brille war, die auf seine Sehschärfe eingestellt war. Die Sonnenbrille hatte er erst am Morgen gekauft und bar bezahlt, genau wie die schwarzen Militärstiefel, -handschuhe und -hosen, die er alle in verschiedenen Läden erworben hatte. Den Rest seiner Ausrüstung hatte er online über ein Firmenkonto erstanden, das nicht zu ihm zurückverfolgt werden konnte. Sollte jemand der Polizei eine Personenbeschreibung von ihm geben, ließ sich keinerlei Verbindung zwischen dem Entführer Viking und Dane Haugen herstellen.
Dummerweise hatte diese Verkleidung jetzt zur Folge, dass er die Leute im Sand nicht klar erkennen konnte. Mit einer Grimasse zog er die Hand weg. »In der nächsten Minute werden wir rausfinden, wer das ist. Erst mal gehen wir nach Plan vor, dann handeln wir je nach Situation. Halt dich einfach an mich.«
»Keine Schüsse.« Die schwarze Maske, die sich über seinen Basketballkopf spannte, verdeckte Vons Gesichtsausdruck. Aber der vorwurfsvolle Ton seiner Stimme war unverkennbar.
Haugen wandte sich zu ihm um. Das tote Blitzen seiner Augen war hinter den Gläsern verborgen, trotzdem zuckte Von verängstigt zurück. Gut.
Haugen griff nach dem Walkie-Talkie. »Ran, bitte kommen.«
Sabine meldete sich durch statisches Rauschen. »Wir sind auf Position. Abmarschbereit. Aber wir sind …«
»Überzähliger Mann. Wiederhole, überzähliger Mann. Mög licherweise ein Unbeteiligter.«
Sie zögerte. »Möglicherweise auch nicht?«
»Keine Ahnung«, antwortete Haugen.
Erneut Zögern. »Verstanden.«
Er presste den Gashebel nach unten. Der Motor fauchte. Das Bootsheck grub sich ins Wasser, der Bug ruckte nach oben, und sie hüpften über die weiß gekrönten Wellen Richtung Strand. Wieder hob er das Walkie-Talkie an den Mund. »Wir gehen in Stellung. Strikt nach Plan.«
A utumn sprintete hinter Dustin zum Strand. Weiß und schnittig raste das Schnellboot durch das glitzernde Wasser direkt auf sie zu. Vor ihnen stoppten Lark und
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