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Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live

Titel: Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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sich in dem verwüsteten Wohnzimmer um. Mr. Mullen hatte recht gehabt: Der Teppich hatte sich schwarz verfärbt, nachdem verrußter Schutt in ihn hineingetrampelt worden war. Eine fünf Zentimeter dicke, widerliche Matschschicht war mit Dutzenden von Schuhabdrücken übersät.
    Leider hatte der neue Wilton-Teppich die Unterkante der Tür zur Küche so gut abgedichtet, dass kein Lufthauch hindurchgelangen konnte. Nachdem das Sofa Feuer gefangen hatte, mussten binnen Minuten dicke Rauchschwaden im Zimmer gehangen haben, deren beißende Dämpfe in der Lunge gebrannt und in den Augen gestochen hatten. Wenn nur ein bisschen was davon unter der Tür hindurch in die Küche gezogen wäre, hätte es womöglich den Rauchmelder erreicht, und das Ergebnis wäre ein anderes gewesen. Im Gegensatz zu vielen anderen Haushalten hatte der Rauchmelder bei den Mullens sogar funktioniert, da seine Batterien vor kurzem ausgetauscht worden waren. Nur hatte er keinen Rauch entdeckt, bis es zu spät gewesen war. Viel zu spät.
    »Sie hatten nie auch nur den Hauch einer Chance, nicht wahr?«, sagte Murfin.
    Fry warf ihm einen Blick zu. Seine Schnoddrigkeit war verflogen, und er schwitzte sichtlich, obwohl sich die Vorhänge hinter ihm im Luftzug bewegten. Doch Gavin war ein Familienmensch und hatte selbst Kinder. Manche Dinge setzten
einem einfach zu, wie sehr man sich auch anstrengte, die Fassade zu wahren.
    »Wenigstens heißt es, dass es besser ist, an Rauchvergiftung zu sterben, als zu verbrennen«, sagte sie, wenngleich sie nicht damit rechnete, dass das ein Trost war. Bei dem Gedanken an die Flammen bekam sie noch immer Gänsehaut.
    Sie wandte den Blick von Murfin ab, ehe dieser sie in ihrer Konzentration stören konnte. Das Zimmer war voll mit Gegenständen aus Kunststoff: Fernseher, Videorekorder, Ständer mit CDs und DVDs, Schachteln voller Kinderspielzeug unter einem Regal in der Ecke. Die meisten Spielsachen waren jetzt nur noch ein geschmolzenes Durcheinander, bunte Pfützen aus flüssigem Kunststoff, der auf den Teppich geflossen und im Sprühregen der Feuerwehrschläuche erstarrt war. Hier und da waren erkennbare Formen zu sehen: die verunstaltete Konsole einer Playstation, die verbrannte Ecke eines Monopoly-Spielfelds. Aus einer hautfarbenen Pfütze ragten der Kopf und ein Arm einer Barbie-Puppe heraus, als sei jemand in einem Meer seines eigenen Fleisches ertrunken. Irgendetwas Verkohltes aus Holz starrte Fry mit schwarzen Augen vorwurfsvoll an.
    Dann erregte ein kleiner Farbfleck ihre Aufmerksamkeit. Ein leuchtend gelber Klecks, der einem Sonnenstrahl im Dunkeln glich. Sie kauerte sich hin und blies vorsichtig die Asche weg. Vor ihren Füßen lag ein Teil des Monopoly-Spielfelds: Piccadilly und das Wasserwerk.
    Das größte Problem war natürlich der unbehandelte Polyurethanschaum in den Sitzmöbeln gewesen. Brian Mullen hatte sicherlich recht gehabt: Lindsay hätte ihr Geld sinnvoller ausgeben können, wenn sie anstelle des Teppichs das billige Sofa ersetzt hätte. Dann wäre das Ganze womöglich anders ausgegangen. Vielleicht wären ihre Kinder noch am Leben gewesen.
    Als Fry in die Küche ging, fand sie diese, abgesehen von
ein paar schmutzigen Fußspuren auf dem Vinylboden, beinahe makellos und unberührt vor. Beim Anblick der Teakimitat-Fronten und der weiß gestrichenen Wände wäre sie nie auf die Idee gekommen, dass es überhaupt gebrannt hatte. Sie hatte das Gefühl, von einem Film-Set in ein anderes zu treten, wo sich eine völlig andere Geschichte abspielte. Hier deutete alles auf eine harmlose häusliche Komödie hin, auf eine Familie, die in ihrer blitzblanken Küche beim Frühstück saß – Mum, Dad und die Kinder, die miteinander plauderten, lachten und sich beeilten, um rechtzeitig zur Arbeit oder in die Schule zu kommen. Das andere Zimmer hinter ihr hätte als Schauplatz für einen billigen Horrorfilm dienen können, nur dass der Abspann bereits zu Ende war und die Filmcrew zusammengepackt hatte und nach Hause gegangen war.
    »Diane, möchtest du dich oben mal umsehen?«, rief Murfin ohne Begeisterung.
    »Ja, gleich.«
    Fry warf einen letzten Blick auf die Küche mit ihrem stummen Rauchmelder. Ihr fiel auf, dass der Herd ebenfalls neu war. Ein kombinierter Gas-Elektro-Herd mit Kühlgebläse, der ihrer Schätzung nach um die tausend Pfund gekostet haben musste. An Geld schien es im Haushalt der Mullens nicht gemangelt zu haben.
    Sie ging durchs Wohnzimmer zurück zu Gavin, der am Fuß der Treppe wartete, und

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