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Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live

Titel: Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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konnte.
    Die Fish und Chips konnte sie noch immer riechen. Ihr Geruch war so präsent, dass sie für einen Augenblick nicht mehr wusste, wo sie sich befand. Zeit und Ort begannen zu verschwimmen, eine Straße in einem Touristenort in Derbyshire verschmolz mit der Erinnerung an einen verlassenen Straßenrand und den Geruch von Schüssen in der Luft, dann schwenkte das Bild zurück in ihr Schlafzimmer, wo die beiden grünen Lichtpunkte sie aus der Dunkelheit bedrängten. Als Rose schwindelig wurde, stützte sie sich mit der Hand an der Wand ab und setzte sich auf einen Stuhl am Fenster.
    Nein, nein, sie hatte sich getäuscht. Sie hatte gestern einen schweren Fehler begangen. Einen Fehler, den sie unbedingt hatte vermeiden wollen, gegen den sie sich so sorgfältig gewappnet
hatte. Doch es war ihr nicht gelungen, ihn zu vermeiden. Sie hatte einfach keinen anderen Ausweg gesehen.
    Rose atmete tief durch und versuchte, gegen das Schwindelgefühl anzukämpfen. Einen Augenblick lang hatte es den Anschein gehabt, als seien die Motorradfahrer in ihr Schlafzimmer gekommen. Sie konnte ihre schwarze Lederkluft knarren und ihre schweren Stiefel dumpf gegen den Türrahmen schlagen hören. Ihre Papiertüten raschelten, und der säuerliche Geruch von Essig hing in der Luft. Irgendwo ertönte das Brummen eines Motors, das sich näherte.
    Die Motorradfahrer waren jedoch unwichtig gewesen. Als Rose in Matlock Bath gewartet hatte, waren ihr zunächst die steilen Hügel über ihr und die dicht stehenden Bäume aufgefallen, zwischen denen an scheinbar unmöglichen Stellen Hausdächer hervorlugten. Bald war sie von einem Gefühl der Verwundbarkeit überwältigt worden und hatte von der Straße gehen müssen, um sich einen Ort zu suchen, an dem sie sich sicherer fühlte.
    Deshalb hatte Rose das Eintrittsgeld für das Aquarium bezahlt und eine Zeit lang Kindern dabei zugesehen, wie sie Karpfen in einem beheizten Teich fütterten. Noch jetzt konnte sie sich daran erinnern, dass sie die Form des Gegenstands gespürt hatte, den sie in einer Plastiktüte bei sich trug, und ihr bewusst gewesen war, dass sie sich auf äußerst gefährliche Art und Weise lächerlich machte. Vielleicht war ihre Nervosität aber auch gar niemandem aufgefallen, da alle zu sehr mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt gewesen waren.
    Sie zog in Erwägung, noch mehr von ihren Kräutertabletten zu nehmen. Dazu hätte sie jedoch bis ins Badezimmer gehen müssen, um sich noch ein Glas Wasser zu holen, und genützt hätte es ohnehin nichts. Zumindest jetzt nicht.
    Ihr Hausarzt wusste Bescheid über ihre Angstzustände und ihre Schlaflosigkeit. Sie war aus Verzweiflung zu ihm gegangen und hatte in dem Wissen, dass es ein Fehler war, ihre eigenen
Regeln gebrochen. Er war ohnehin nicht in der Lage gewesen, ihr zu helfen. Außerdem verstand er nicht, warum sie die Schlaftabletten nicht mehr nehmen wollte, die er ihr verschrieb. Rose hatte beinahe Mitleid mit ihm gehabt, als sie sein verdutztes Stirnrunzeln sah, während seine Finger beim Tippen eines Rezepts für Nitrazepam über der Tastatur verharrten. Schließlich hatte sie ihm gesagt, sie bekäme von den Tabletten Sodbrennen, und er hatte diese Begründung akzeptiert.
    Als Arzt in der Provinz hatte er allerdings auch noch nie jemanden wie Rose Shepherd kennengelernt. Ihm war nicht bewusst, dass sie keine gewöhnliche neurotische Frau mittleren Alters war. Er konnte unmöglich wissen, dass sie mehr Angst davor hatte, gar nicht mehr aufzuwachen, als davor, nicht einschlafen zu können.
    Rose hatte schon immer gewusst, dass sie eines Tages getötet werden würde. Zumindest kam es ihr so vor, als habe sie es schon immer gewusst. Sie konnte sich nicht mehr an die Zeit erinnern, als sie sich darüber noch nicht im Klaren gewesen war. Die Art und Weise, wie sie ihr Leben geführt hatte, war der Grund dafür, dass sie damit rechnete, sterben zu müssen. Die Frage war lediglich, wann es geschehen würde und wie. Sie konnte nur hoffen, dass es unvermittelt sein würde und schmerzlos.
    Zwei Uhr fünfundvierzig. Im Haus war es völlig still. Selbst das Ticken ihres Weckers war so leise, dass sie angestrengt lauschen musste, um sicherzugehen, dass er nicht stehen geblieben war. Unten im Wohnzimmer befand sich eine Großvateruhr, doch die würde erst in einer Viertelstunde schlagen. Ihr Läuten hatte bereits viele von Roses Nächten heruntergezählt.
    In gewisser Weise machte die Tatsache, dass sie ihr Schicksal kannte, alles nur

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