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Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)

Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)

Titel: Todesnacht: Island-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ragnar Jónasson
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Immerhin waren die beiden offiziell noch ein Paar – was man von Ari und seiner Ex-Freundin Kristín nicht sagen konnte. Ihre Beziehung war in die Brüche gegangen, obwohl Ari immer noch nicht alle Hoffnungen aufgegeben hatte. Gut vier Jahre war es jetzt her, seit er und Kristín zusammengekommen waren, er hatte damals Theologie studiert und sie Medizin. Liebe auf den ersten Blick. Sie hatte ihn aus seiner Schale herausgelockt, wenn man das so sagen konnte. Ari hatte seine Eltern früh verloren, war bei seiner Großmutter aufgewachsen und die meiste Zeit auf sich selbst gestellt gewesen. Bei Kristín hatte er die langersehnte Wärme und Geborgenheit gefunden. Doch als er nach Siglufjörður zog, ging alles den Bach runter. Sie war von Anfang an mit seiner Entscheidung nicht einverstanden, blieb in Reykjavík und besuchte ihn noch nicht einmal an Weihnachten. Er ärgerte sich über sie, und allmählich wurde ihr Kontakt immer weniger, bis er einen Fehler machte. Von seiner Klavierlehrerin in Siglufjörður, einer jungen Frau aus den Westfjorden, hatte er sich sofort angezogen gefühlt. Sie hatte einen ähnlichen Einfluss auf ihn wie Kristín, hatte ihm in der Kälte und Einsamkeit in Siglufjörður ein Gefühl der Geborgenheit gegeben. Es begann mit einem Kuss und endete mit einem Besuch in ihrem Schlafzimmer, wo allerdings nicht viel passiert war. Doch das spielte keine Rolle – er war Kristín untreu gewesen, das musste er sich eingestehen. Der Schnee und die Dunkelheit hatten seine Sinne getrübt, und er hatte geglaubt, er sei verliebt. Jetzt wusste er, dass er eigentlich immer nur eine Frau geliebt hatte: Kristín.
    Im trügerischen Liebesrausch hatte er Kristín angerufen, um Schluss zu machen, ihr gesagt, er habe in Siglufjörður ein Mädchen kennengelernt. Das Gespräch dauerte nicht lange. Ari hörte nur noch Gepolter und Lärm und nahm an, dass sie das Handy auf den Boden geschleudert hatte. Erst später erfuhr er, dass sie ihren Sommerjob und die Doktorandenstelle in Reykjavík bereits aufgegeben und geplant hatte, nach Akureyri zu ziehen, um in seiner Nähe zu sein.
    Verdammte Scheiße – wie hatte er nur so blöd sein können?
    Die »Beziehung« mit dem Mädchen in Siglufjörður endete ziemlich abrupt, als er ihr schließlich erzählte, er habe die ganze Zeit eine Freundin gehabt. Von da an gab es keine Klavierstunden mehr.
    Ari vermisste Kristín. In dem Sommer nach der Trennung hatte er mehrmals versucht sie anzurufen, ohne Erfolg, und ihr auch ein paar E-Mails geschickt, ohne eine Antwort zu erhalten. Inzwischen war es schon ein paar Monate her, seit er das letzte Mal versucht hatte, Kontakt mit ihr aufzunehmen. Er wusste nur, dass sie nach Akureyri gezogen war und dort ihr praktisches Jahr abgeschlossen hatte. Zudem hatte er von einem gemeinsamen Freund aus Akureyri gehört, sie habe einen Job im Krankenhaus angenommen – schlimm zu wissen, dass sie so nah und doch so fern war.
    Danach hatte er sich in die Arbeit gestürzt, sich richtig reingehängt. Ansonsten passierte nicht viel in seinem Leben.
    Bevor Ari zur Wache ging, wollte er sich etwas Gesundes zum Frühstück kaufen. Er konnte unmöglich mit leerem Magen arbeiten, hatte sich keine Zeit genommen, zu Hause zu frühstücken.
    Im Ort waren an diesem Tag ungewöhnlich viele Touristen unterwegs. Ein kleines Kreuzfahrtschiff hatte am Morgen am Kai angelegt, und der Ort brummte vor Geschäftigkeit: Touristen machten eifrig Fotos, dazwischen Schüler, die Sommerjobs für die Gemeinde erledigten und mit Rechen und anderen Gartengeräten bewaffnet herumliefen. Aus der Bäckerei strömte der Duft von Zimt und Schokolade, verlockend, aber kein solides Frühstück. Hier backte man Zimtschnecken nach Siglufjörður-Art, und Ari musste zugeben, dass sie die alten Reykjavíker Zimtschnecken um Längen schlugen. Er warf einen Blick in die Bäckerei, die voller Touristen war, die ähnliche Absichten hatten wie er. Die Backwaren musste er sich jedoch für ein andermal aufsparen, ging stattdessen in das kleine Fischgeschäft am Rathausplatz und fragte nach Trockenfisch. Er aß zwar normalerweise keinen Trockenfisch zum Frühstück, aber der war immerhin gesund und lecker.
    »Wollen Sie Seewolf, wie immer?«, fragte der Fischverkäufer.
    »Ja, danke.«
    »Alles klar, Herr Pfarrer.«
    Ari reagierte gereizt, bezahlte den Fisch und verließ kurz angebunden den Laden. Er wurde ab und zu »Herr Pfarrer« genannt, ein Spitzname, der entstanden war, nachdem

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