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Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)

Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)

Titel: Todesnacht: Island-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ragnar Jónasson
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Wirklich köstlich«, sagte sie überschwänglich. »Aber natürlich ist das in Ordnung. Ich reiße mich zusammen und beantworte Ihre Fragen so gut ich kann.«
    Sie blieb stehen, als dürfe keine Knitterfalte in ihr gelbes Kleid kommen.
    »Wie Sie vielleicht schon vermutet haben, arbeite ich an einem Beitrag über den Mord.« Ísrún machte eine kurze Pause. »Aber nicht nur über den Mord. Ich will auch herausfinden, was für ein Mensch das Opfer war. Ich hatte gehofft, Sie könnten mir dabei helfen.« Sie versuchte zu lächeln.
    »Natürlich. Das ist mir eine Pflicht und Ehre. Wie stellen Sie sich das vor? Wollen Sie sich jetzt Notizen machen und später noch mal für ein Interview kommen?«, fragte sie geschmeichelt.
    »Genau. Man könnte meinen, Sie seien selbst Journalistin gewesen.«
    »Was Sie nicht sagen. Ich habe tatsächlich immer davon geträumt, es aber nie in die Tat umgesetzt. Ich bin Zahnärztin gewesen. Sie haben bestimmt schon mal ein Werk von mir gesehen.« Nóra lachte. »Schade, dass ich Ihnen nicht Elías’ Wohnung zeigen kann. Er wohnte im ersten Stock. Die Polizei hat die Wohnung versiegelt und die Schlüssel mitgenommen. Da oben wurde etwas gefunden. Der Polizist hat eine Sporttasche mitgenommen. Mehr weiß ich auch nicht.« Sie kniff die Augen zusammen und lächelte breit.
    »Das macht doch nichts«, sagte Ísrún.
    Begierig musterte sie die Torte und fragte schließlich: »Darf ich ein Stück davon haben? Haben Sie die selbst gebacken?«
    »Oui«,
sagte sie geschmeichelt. »Ein Rezept aus Frankreich. Da habe ich viel Zeit verbracht.« Nóra schnitt ein großes Stück Torte ab, legte es auf einen Teller und reichte ihn Ísrún. »Möchten Sie eine Tasse Kaffee dazu? Ich habe zufällig frischen da.«
    »Gerne, danke.«
    Nóra verließ den Raum und kam umgehend mit einer Tasse dampfendem Kaffee zurück.
    »Sie scheinen ja gut vorbereitet zu sein, nach dem Mord geben sich bei Ihnen bestimmt die Gäste die Türklinke in die Hand«, sagte Ísrún, bereute es jedoch sofort. Nóra wirkte peinlich berührt, fand aber ihre gute Laune wieder, als Ísrún sie aufforderte: »Erzählen Sie mir von der Familienhilfe.« Das war das Einzige, was ihr einfiel, um die Situation zu retten. Nóra war begeistert und erzählte ihr lang und breit von der Gründung des Vereins. Nur der Kuchen, der tatsächlich ein Traum war, machte das Zuhören erträglich. Am Ende erzählte ihr Nóra, dass Elías sofort die Leitung der Familienhilfe übernommen hätte »mit seiner beispiellosen Entschlossenheit und unvergleichlichen Empathie für all jene, die es schlechter getroffen hat als uns«.
    »Wie war Ihr Verhältnis zu ihm sonst? Hat er lange hier gewohnt? Hatten Sie nur beruflich Kontakt? Bitte verzeihen Sie, wenn ich zu persönlich werde.«
    »Um Gottes willen, machen Sie sich darüber mal keine Sorgen, ich bin einiges gewöhnt«, sagte sie mit schriller Stimme. »Elías ist Anfang des Jahres eingezogen. Vorher hatte er ein Zimmer bei seinem Kollegen Logi gemietet. Aber die Antwort auf Ihre andere Frage lautet nein, unsere Beziehung entwickelte sich nicht in die Richtung, die Sie angedeutet haben, wobei mich das nicht überrascht hätte. Er hat mir oft Blicke zugeworfen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Wir waren ja ungefähr im selben Alter.«
    Im selben Alter … Ísrún musterte Nóra. Sie würde diese Behauptung bei Gelegenheit überprüfen, rechnete allerdings eher damit, dass Nóra Elías’ Mutter hätte sein können.
    »Ich habe überlegt«, sagte Nóra aus heiterem Himmel, »ob wir das Interview vielleicht im Büro der Familienhilfe machen könnten. Mit unserem Logo im Hintergrund.«
    »Das können wir eventuell machen«, antwortete Ísrún und hoffte, dass Nóra ihre Lüge nicht durchschaute. »Hatte Elías keine näheren Kontakte zu Frauen hier im Ort?«
    »Das glaube ich nicht«, antwortete Nóra. »Vielleicht hatte er anderswo eine Freundin. Er wollte wohl keinen Klatsch in diesem kleinen Ort. So attraktive Männer wie er haben ja in jedem Hafen eine Frau.«
    »Ja, vielleicht.« Ísrún nahm den letzten Bissen von ihrem Kuchen. »Vielen Dank noch mal für den Kuchen.«
    »Wann möchten Sie denn das Interview aufnehmen?« Nóra hatte sich immer noch nicht hingesetzt und stand in ihrem gelben Kleid da wie eine Königin in ihrem Reich.
    »Ich muss erst alle Informationen auswerten und mich mit dem Redaktionsleiter beraten, wie wir den Beitrag aufbauen wollen. Wir versuchen dann, einen Kameramann aus Akureyri

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