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Todesnähe

Todesnähe

Titel: Todesnähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
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Abzug.
    «Nicht schießen!» In der Millisekunde, bevor Magozzi abgedrückt hätte, erklang Harleys Stimme.
    Magozzi ließ Kopf und Gewehr sinken und zitterte heftig am ganzen Körper. «Großer Gott, Harley! Großer Gott! Ich hätte dich fast erschossen!» Seine Stimme bebte wie Espenlaub im Wind.
    «Kommt runter. Es ist vorbei.»
    Mit immer noch zitternden Knien kletterte Magozzi als Erster die Leiter hinunter. Gino folgte ihm langsamer, er hatte erneut mit seiner Höhenangst zu kämpfen. «Wo sind Claude und der Chief?»
    «Alles in Ordnung. Sie suchen noch den Wald ab.» Harleys Stimme klang schwach und völlig erschöpft.
    Magozzi sprang das letzte Stück und bereute es sofort, als er den Aufprall in den Knien spürte. In der Dämmerung war Harleys Gesicht kaum zu erkennen, doch er hatte unverkennbar Blutspritzer auf den Wangen.
    «Um Gottes willen, Harley, was ist passiert? Bist du getroffen worden?»
    Langsam und hölzern schüttelte Harley den Kopf und griff sich ins Gesicht. «Das ist nicht mein Blut.»

[zur Inhaltsübersicht]
KAPITEL 51
    A n diesem Abend sah man um den Esstisch der Jagdhütte nur ernste Mienen. Eine Zeitlang erwähnte niemand die Ereignisse im Wald: weder den unfassbaren Tod von John Smith noch den schrecklichen Verlust von Eugene Thunderhawk, diesem tapferen Mann, der noch am Leben sein könnte, wenn sie nicht hier aufgetaucht wären. Grace fragte sich, wie viele Leichen im Lauf ihres Lebens wohl noch ihren Weg pflastern würden – lauter unschuldige Menschen, die ihr Leben lassen mussten, nur weil sie mit ihr in Verbindung standen.
    Das alles war einfach zu viel, zu groß und zu erdrückend, um es so ohne weiteres zu akzeptieren, und zumindest für den Augenblick schien es auch unangemessen und völlig sinnlos, es in Worte fassen zu wollen.
    Vielleicht, dachte Magozzi, während er aus dem Augenwinkel zu Grace hinübersah, die mit halb geschlossenen Augen ihren Tee trank, würden sie ja nie darüber sprechen. Manchmal musste man den eigenen Ängsten und Verletzungen auch erlauben, ungestört auf den Grund der Seele zu sinken, wie giftige Ablagerungen in einem verschmutzten Teich.
    Am späten Abend war Noya, die Frau des Chiefs, eingetroffen und hatte sie alle mit einer nahrhaften Suppe, einem Salat aus Wildreis und Unmengen indianischem Fladenbrot versorgt. Sie aßen schweigend, versuchten erschöpft und traurig, die Geschehnisse des Tages zu verarbeiten.
    «Danke für diese Mahlzeit, altes Mädchen.» In einer seltenen öffentlichen Zärtlichkeitsbekundung legte der Chief seiner Noya den Arm um die Taille, und alle anderen fühlten sich bei dem Anblick richtiggehend einsam. Er musterte die Übrigen, sah das Schuldbewusstsein in ihren Mienen. Offensichtlich glaubte keiner von ihnen daran, dass alles, was geschah, einen Grund hatte und dass es nach diesem Leben noch ein weiteres gab. Der Chief stellte es sich schrecklich vor, so zu leben.
    Noya stand auf und legte ihm die Hand auf die Schulter. «Wir müssen los», sagte sie.
    Der Chief stemmte sich aus seinem Stuhl hoch und sah in die ernsten Gesichter rund um den Tisch. «Wir müssen Eugene Thunderhawks Familie einen Beileidsbesuch abstatten», sagte er. «Morgen früh bin ich wieder da.» Einen Moment lang zögerte er, presste die Lippen zusammen und runzelte die Stirn. «Eines noch. Wir müssen wissen, wohin wir Johns Leiche überführen sollen. Wo ist seine Familie?»
    «Hier», sagte Grace leise, und die anderen nickten bestätigend. «Er hatte sonst niemanden. Wir nehmen ihn mit zurück nach Minneapolis und werden ihn dort beisetzen.»
    Bevor er ging, nahm der Chief den Stuhl, auf dem John Smith am Morgen noch gesessen hatte, und drehte ihn mit der Lehne zum Tisch.
    Er ist nicht mehr da
, dachte Grace. Ein Teil ihres eigenen Lebens war mit ihm gegangen.
     
    Im Morgengrauen wurden sie von Hubschraubern geweckt. Das laute Knattern der Rotoren drang bis ins Haus, als die Helikopter auf einer Lichtung in der Nähe des Hotels landeten. Eine Stunde später stand der Chief mit Agent Dahl vor der Tür der Jagdhütte, einen Kader von Agenten im Schlepptau und hinter ihnen, in gebührendem erzwungenem Abstand, Dutzende Reporter und Fotografen.
    Dahl begrüßte Gino und Magozzi, und sie stellten ihm die anderen vor. Entschuldigend deutete er mit dem Kopf auf die Medienmeute. «Die Sache beherrscht die Nachrichten weltweit. Unsere Vorgesetzten fanden, da lässt man sie besser von dem berichten, was hier passiert ist.» Dann musterte er das

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