Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesnähe

Todesnähe

Titel: Todesnähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
Vom Netzwerk:
weiter hinten im Alphabet. Heutzutage war praktisch jede Abteilung unterbesetzt. Jimmy wirkte ernstlich frustriert, und seine jugendlichen Untergebenen – Praktikanten vielleicht? – warfen immer wieder besorgte Blicke auf den Einsatzwagen des Sprengkommandos.
    Die Leute vom Sprengkommando gingen als Erste ins Haus – Gefahrengüter am Tatort waren der einzige Umstand, der die Spurensicherung auf den zweiten Platz verbannte. Magozzi hatte Mitleid mit den Jungs. Normalerweise hatten sie es nur mit verdächtigen Paketen oder Fahrzeugen zu tun; es kam nicht oft vor, dass sie auf dem Weg zur Arbeit an frischen Mordopfern vorbeimussten. Man konnte nur hoffen, dass sie alle einen stabilen Magen hatten. In so einem Schutzhelm zu kotzen war bestimmt kein Spaß.
    Plötzlich fuhren Magozzi, Gino und Dahl wie ein Mann herum. Sie waren alle drei schon an genügend Gefahrenschauplätzen gewesen, um zu wissen, dass es nichts Gutes bedeuten konnte, wenn jemand aus dem Kommandowagen der Sprengtruppe sprang und im Laufschritt auf die Polizisten zustürzte, die den Einsatz überwachten.
    «Kennen Sie den?», fragte Dahl.
    «Allerdings.» Magozzi nickte. «Das ist Barney Wollmeyer, einer unserer Besten. Wir machen alles, was er sagt.»
    Wollmeyer blieb vor Magozzi stehen. Er hatte die Kopfhörer noch auf, das Mikrophon aber zur Seite geklappt. «Die Jungs im Haus sagen, wir sollen so schnell wie möglich die vier umliegenden Straßen evakuieren. Sie wollen nichts von diesem Zeug dadrinnen abtransportieren, solange noch Leute in der Nähe sind. Anscheinend sind da ein paar hochgefährliche Chemikalien mit Sprengzündern versehen. Ob sie aktiviert sind, lässt sich nicht feststellen.»
    Magozzi hatte sich schon in Bewegung gesetzt, ehe Wollmeyer fertig war, und rannte auf den Sergeant zu. «Evakuieren, Sergeant. Vier Straßenzüge, so schnell wie möglich.»
    Der Sergeant runzelte die Stirn. «Was ist denn dadrinnen?»
    «Sprengstoff, unter anderem.»
    «Sie machen Witze.»
    «Keineswegs.»
    «Um vier Straßenzüge zu evakuieren, brauchen wir viel mehr Dolmetscher.»
    Nervös blies Magozzi die Backen auf. «Die arbeiten auf Abruf. Es wird ein Weilchen dauern, bis sie hier sind. Lassen Sie so lange die umliegenden Häuser räumen. Das Sprengkommando hat Angst.»
    Während Magozzi noch mit dem Sergeant redete, war Gino zu Jimmy Grimm getreten. «Pack deine Leichen ein, Jimmy, und bring sie hier weg, sonst hast du nachher nichts mehr abzutransportieren.»
    «Wir sind aber noch nicht mit der unmittelbaren Umgebung durch.»
    «Scheiß auf die unmittelbare Umgebung. Wir evakuieren. In der Hütte da befinden sich ein paar richtig böse Knallfrösche.»
    In der allgemeinen Aufregung, die der Abtransport der Leichen mit sich brachte, kehrten Magozzi und Gino zu Agent Dahl zurück. Sie sahen zu, wie die Toten in Leichensäcke gesteckt und mit vereinten Kräften zum Wagen getragen wurden. Für Bahren war keine Zeit. Es war für gar nichts mehr Zeit.
    Einen Moment lang beobachtete Gino, wie Joe Hardys traurige Überreste von panischen Jungtechnikern in einen Sack gestopft wurden, dann wandte er den Blick ab.
    Normalerweise gingen Evakuierungen rasch und geordnet vonstatten: Sobald man einem Einwohner von Minnesota erzählte, in seiner Nachbarschaft sei ein Gasleck oder ein bewaffneter Übeltäter entdeckt worden, verließ er umgehend sein Haus, die Kinder im Schlepptau, die Haustiere unter den Arm geklemmt, und befolgte brav sämtliche Anweisungen. Auch hier war es nicht viel anders, nachdem der Sergeant herausgefunden hatte, wie er sein Anliegen auch ohne Dolmetscher kommunizieren konnte. Er und seine Leute liefen von Haus zu Haus, wedelten mit den Armen und riefen: « BUMM !», und dann scheuchten sie die Anwohner zu einem als Rattenfänger fungierenden Polizisten, der alle miteinander zur fünf Querstraßen entfernten Franklin Avenue führen sollte.
    Magozzi sah dem Zug von Frauen nach. Manche trugen westliche Kleidung, andere waren traditionell muslimisch gekleidet, aber alle folgten sie rasch und doch ruhig dem Polizisten, der sie in Sicherheit brachte. Sie trieben ihre Kinder zur Eile an oder trugen sie auf dem Arm, so wie Mütter jeder Nationalität es taten, sosehr sie den Behörden auch sonst misstrauen mochten. Irgendetwas daran machte Magozzi traurig.
    Er lauschte dem fremdländischen Geschnatter, mit dem diejenigen, die vielleicht ein wenig Englisch verstanden, den anderen, die der Sprache nicht mächtig waren, die Situation

Weitere Kostenlose Bücher