Todesnetz: Tannenbergs zwölfter Fall (German Edition)
fuchtelte
hektisch mit den Armen herum. »Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren und Sie sind
nicht zu erreichen«, legte er in vorwurfsvollem Ton nach. »Sie können doch nicht
…«
»Was kann
ich nicht, du Pfeife?«, schnauzte der Kommissariatsleiter zurück. »Jetzt komm mal
ganz schnell wieder auf den Teppich, Mann. Ich glaube nicht, dass ich ausgerechnet
dir darüber Rechenschaft schuldig bin, wo ich mich gerade aufhalte.« Tannenberg
schnaubte vor Wut. »So weit käm’s noch!«
»Mir natürlich
nicht, aber dem Herrn Oberstaatsanwalt sehr wohl«, konterte Geiger keck. »Der sucht
Sie nämlich ganz dringend.«
Wolfram
Tannenberg kniff die Augenbrauen zusammen und warf seiner Sekretärin einen gequälten
Blick zu. Petra Flockerzie blies die Backen auf und rollte die Augen.
»Wieso bist
du überhaupt hier?«, blökte ihr Chef an Geiger adressiert weiter. »Ich dachte, du
bist krankgeschrieben.«
Sein Mitarbeiter
schob herausfordernd das Kinn vor. »Nicht mehr.«
»Und wo
warst du dann heute Morgen bei Dienstbeginn, wenn du wieder fit bist? Verschlafen,
oder wie?«
Trotzig
verschränkte Geiger die Arme vor der Brust. »Von wegen fit«, konterte er. »Ich leide
immer noch an einer starken Bronchitis und musste deshalb heute Morgen noch mal
zum Arzt.« Demonstrativ hustete er ein paarmal.
»Endstadium«,
grummelte Tannenberg an seine Sekretärin adressiert.
Geiger war
immer noch auf hundertachtzig. »Mein Arzt wollte mich eine weitere Woche krankschreiben«,
tönte er. »Aber das habe ich abgelehnt, schließlich brauchen wir für unseren neuen
Fall jeden verfügbaren Mann. Ich habe darauf bestanden, dass er mich diensttauglich
schreibt.« Er zog ein Blatt Papier aus der Jacke und wedelte damit herum. »Wollen
Sie die Bescheinigung sehen?«
Sein Vorgesetzter
winkte gelangweilt ab. »Also gut, dann will ich deinen dienstlichen Tatendrang nicht
weiter bremsen und erteile dir hiermit einen eminent wichtigen Ermittlungsauftrag.«
Geiger zückte
Notizbüchlein und Kugelschreiber. Sein Körper versteifte sich. »Ich höre, Chef«,
sagte er in Feldwebelmanier.
»Den Block
brauchst du nicht. Deinen Auftrag kannst du dir ganz einfach merken: Du gehst runter
ins Archiv und suchst mir alle Akten zu den Vermisstenfällen der letzten fünf Jahre
heraus. Und um 14 Uhr bist du wieder hier oben zur Dienstbesprechung. Kapiert?«
»Jawohl,
wird sofort erledigt«, verkündete der Kriminalhauptmeister.
»Wegtreten!«,
befahl Tannenberg.
Geiger machte
auf dem Absatz kehrt und marschierte los.
Sein Vorgesetzter
stöhnte auf. »So, Flocke, die alte Nervensäge wären wir erst mal los. Einen kleinen
Espresso gefällig?«, fragte er auf dem Weg zur Kaffeemaschine.
»Gerne,
Chef.«
Wolfram
Tannenberg servierte den Espresso mitsamt einem mit Mandelgebäck gefüllten Keramikschälchen.
»Danke,
für mich nicht«, wehrte der gute Geist des K 1 ab. Aber nur halbherzig, denn Petra
Flockerzies Augen konnten sich nicht von den Köstlichkeiten losreißen. Das Wasser
lief ihr im Munde zusammen und sie leckte sich schmatzend die Lippen.
»Greif zu,
Flocke«, forderte der Kommissariatsleiter. »Du hast heute schon so viele gesunde
Sachen gegessen, da kannst du dir ruhig mal einen kleinen Ausrutscher erlauben.
Außerdem sollte man es mit den Karotten nicht übertreiben, sonst kann man sich eine
Karottenvergiftung holen. Und mit der ist nun wirklich nicht zu spaßen.«
Der korpulenten
Sekretärin fiel die Kinnlade herunter. Sie presste die Hand an den Unterkiefer,
so als wollte sie ihn wieder nach oben schieben. »Eine Karottenvergiftung?«, keuchte
sie. »Welche Symptome hat die denn?«
»Es fallen
einem alle Haare aus.«
Reflexartig
fasste sich Petra Flockerzie mit beiden Händen an den Kopf, zupfte an ihrer Lockenpracht
und inspizierte anschließend das Ergebnis.
»Noch kein
Haarausfall, Flocke?«, setzte Tannenberg noch eins drauf.
»Nein, Gott
sei Dank nicht.«
»Da hast
du ja gerade noch mal Glück gehabt«, grinste er und zwinkerte ihr zu. »Späßle g’macht,
koiner g’lacht.« Dann stellte er einen Stuhl neben seine Sekretärin und ließ sich
darauf nieder.
»Ach, Chef,
warum müssen Sie mich immerzu veräppeln?«, beschwerte sie sich.
»Was sich
liebt, das neckt sich eben.«
Petra Flockerzie
griff in ihren Hüftspeck. »Ich hab doch wirklich genug an meinen überflüssigen Pfunden
herumzuknabbern.«
»Quatsch,
Flocke. Du musst doch gar nicht abnehmen. Wir lieben dich alle so, wie du bist.«
Tannenberg grinste
Weitere Kostenlose Bücher