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Todesnetz: Tannenbergs zwölfter Fall (German Edition)

Todesnetz: Tannenbergs zwölfter Fall (German Edition)

Titel: Todesnetz: Tannenbergs zwölfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Spinnenliebhabern auch als Goliath- oder Riesenvogelspinne
bekannt, stellte sich auf die Hinterbeine, richtete ihren Körper auf und bewegte
die freischwebenden Vorderbeinen so, als wolle sie ihrem Ernährer zuwinken.
    Der Spider
besaß ein wahres Prachtexemplar dieser größten lebenden Vogelspinnenart. Theos rostbrauner
Körper war fast 10 Zentimeter lang und die Spannlänge seiner stark behaarten, gleichfarbigen
Beine brachte es auf beeindruckende 26 Zentimeter.
    Theo war
ein ausgesprochen aggressives und unberechenbares Tier. Zu seinem Verhaltensrepertoire
gehörte neben dem sogenannten Stridulieren, dem Ausstoß eines hochtönigen Zischgeräuschs,
das Bombardieren des potenziellen Feindes oder Opfers mit Juckreiz auslösenden und
mit Widerhaken versehenen Beinhaaren.
    Und natürlich
der Giftbiss. Wobei ein Mensch weniger Probleme mit dem recht harmlosen Spinnengift
hatte als vielmehr mit der tiefen Fleischwunde, die Theos kräftige Beißklauen im
Körper des Opfers hinterlassen konnten.
    Bei denjenigen
Lebewesen, die normalerweise auf dem Speiseplan einer Goliath-Vogelspinne standen,
diente das eingespritzte Gift vor allem der Narkotisierung und Zersetzung des Beutetiers,
damit die Theraphosa blondi ihr Opfer anschließend problemlos aussaugen konnte.
    Der Spinnenexperte
setzte die hysterisch fiepende Maus vorsichtig im Terrarium ab und wartete auf die
Reaktion seiner Goliath-Vogelspinne. Doch Theo mimte den scheinbar Desinteressierten,
zog sich in seine Höhle zurück und beobachtete die quicklebendige Mahlzeit mit seinen
acht kleinen Augen.
    »Alter Spielverderber«,
grummelte der Spider und schlurfte hinüber zu seinem Schreibtisch, der von Spinnenpostern,
Bücherregalen und weiteren Terrarien umrahmt war. Während der Laptop surrend hochfuhr,
schaute er noch einmal zu seiner Riesenvogelspinne, doch die regte sich noch immer
nicht.
    »So, Theo,
jetzt wo du dein nächstes Spielzeug auf dem Präsentierteller liegen hast, werde
ich mir nun ebenfalls ein neues Spielzeug besorgen.« Es folgte ein diabolisches
Kichern.
    »Muss ich
ja schon alleine deshalb tun, damit die arme Jessica nicht so einsam ist. Im Gegensatz
zu dir Einzelgänger brauchen wir Menschen nämlich soziale Kontakte, sonst gehen
wir ein wie eine Primel ohne Wasser.«
    Er rief
eine mit dem Begriff ›Passwörter‹ bezeichnete Word-Datei auf.
    »Musikerviertel
– was für ein originelles Kennwort, Theo, oder?«, spottete er und hämmerte die Buchstabenkombination
in die Tastatur.
    »Na ja,
die Passwörter für die anderen sozialen Netzwerke sind auch nicht viel kreativer«,
setzte er den Dialog mit seinem achtbeinigen Gesprächspartner fort.
    Grunzend
zog der Spider die Nase hoch und leckte sich die Lippen. »Schauen wir doch erst
mal in die Gruppe ›Freunde des Kindergartens am Stadtpark‹ rein.«
    Auf dem
Desktop erschien eine schmucke Villa aus der Gründerzeit. Er klickte das nächste
Foto an, das mit der Überschrift ›Unsere kleinen Racker‹ betitelt war. Während der
Mauszeiger langsam über die Kinderköpfe hinwegstrich, tauchten über den fröhlichen
Gesichtern Sprechblasen mit den zugehörigen Namen auf.
    »Da haben
wir ja auch schon die süße, kleine Emma«, stieß er freudig aus. »Ach, hast du ein
putziges Bärchen in der Hand.«
    Wieder dieses
stakkatoartige, blecherne Kichern.
    »Vielleicht
sollte ich dir bei nächster Gelegenheit eine Vogelspinne als Kuscheltier schenken.«
    Sein Blick
hüpfte hinüber zu einem seiner Vogelspinnen-Terrarien. »Na, Theo, was hältst du
von meiner Idee?«
    Schmunzelnd
stützte der Spider das Kinn auf seine linke Hand. »Da ist ja auch Emmas Mama«, sagte
er mit Blick auf die Gruppe ›Aktuelle Mitglieder des Elternausschusses‹.«
    Wie bei
einem Torjubel riss er plötzlich die Arme empor und streckte den Oberkörper nach
vorn durch. Nach einem Blick zur Decke, die er routinemäßig nach Weberknechten absuchte,
rief er eine weitere FSN-Gruppe auf.
    Sie trug
den Namen ›Schulfreundinnen – Zutritt nur für Frauen‹. Voller Vorfreude knetete
er die Hände, während er die unzähligen kleinformatigen Porträtfotos betrachtete,
die ihn unweigerlich an ein Kaleidoskopbild erinnerten.
    »Einfach
herrlich, was diese dummen Weiber so alles über sich ins Netz stellen.«
    Er klickte
auf eines der Fotos. Ein fragebogenähnliches Dokument mit allen möglichen persönlichen
Daten der Frau erschien.
    »Theo, sie
heißt Conny Faulhaber, ist 24 Jahre alt und von Beruf Arzthelferin. Das süße

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