Todesnetz: Tannenbergs zwölfter Fall (German Edition)
Uni-Wohngebiet
mit dem Campus verband, warf sie einen kurzen Blick auf die Digitaluhr im Armaturenbrett.
Fünf Minuten
zu früh, stellte sie zufrieden fest, denn sie konnte Unpünktlichkeit nicht ausstehen.
Vor der
sogenannten Rothen Hohl schwenkte sie von der Landstraße in einen Waldparkplatz
ein, der aufgrund des dichten Buschwerks von der Straße her kaum einzusehen war.
Sie stellte den Motor ab und schaute sich um. Ein paar Meter vor ihr stand ein schwarzer
Kleintransporter, sonst sah sie weit und breit kein anderes Fahrzeug.
Welches
Auto fährt Marieke eigentlich?, fragte sie sich gerade, als der schwarze Fiat Sprinter
einen Satz nach hinten machte und erst kurz vor der Stoßstange ihres Twingos zum
Stillstand kam. Diese völlig unerwartete Attacke paralysierte sie förmlich. Wie
ein Kaninchen vor der Schlange war sie zur Salzsäule erstarrt und absolut handlungsunfähig.
Dann ging
alles blitzschnell. Noch bevor sie die Situation mental auch nur bruchstückhaft
erfasst hatte, riss ein kräftiger Mann die Fahrertür auf und packte sie mit einem
schraubstockartigen Griff. Sekundenbruchteile danach spürte sie einen heftigen Schmerz
im Genick. Sie tauchte in eine rabenschwarze Dunkelheit ein.
Bereits
fünf Minuten später kam Conny Faulhaber wieder langsam zu sich. Ihr Atem rasselte
und sie hatte fürchterliche Gliederschmerzen. Ihre Lider drückten schwer wie Blei
auf die Augäpfel. Den Kopf konnte sie kurz leicht anheben, aber gleich darauf sackte
er wieder auf ihren Brustkorb zurück.
Nur unter
größter Anstrengung gelang es ihr, die Augen einen schmalen Spalt weit zu öffnen.
Aber sie konnte nichts erkennen, trug offenbar eine lichtundurchlässige Maske oder
Brille. Sie war umgeben von totaler Finsternis. Conny versuchte sich zu strecken,
doch ihre Hände und Füße waren gefesselt und straff vom Körper weg nach außen gezogen.
Sie wollte die Lippen bewegen, aber auch das funktionierte nicht, denn ein dicker
Knebel verstopfte ihren Mund.
Das kann
alles nur ein böser Traum sein, hoffte sie. Einer dieser merkwürdigen Träume, in
denen man sich selbst als Schauspieler in einem Film sieht. Ich wache bestimmt gleich
auf und dann ist dieser Spuk vorüber.
Der Spider hatte den Innenraum des
Kleintransporters lichtdicht versiegelt und ihn zudem sehr gut schallisoliert. Außerdem
war sein neues Opfer so fest geknebelt, dass es sich unmöglich von dem Pfropf befreien
und schreien konnte. Trotzdem lauschte er angestrengt nach hinten. Schweren Herzens
verzichtete er auf seine geliebte klassische Musik, obgleich er so gerne in voller
Lautstärke seine Lieblings-Richard-Wagner-CD gehört hätte, die immer im CD-Player
seines Autos steckte.
Na ja, alles
zu seiner Zeit, tröstete er sich über diesen Verzicht hinweg. Heute Abend werde
ich noch genügend Gelegenheit zum erquickenden Musikgenuss finden. Aber zuerst muss
ich mein heutiges Tagwerk verrichten. Bis jetzt hat alles geklappt wie am Schnürchen.
Die Entführung eben war ja wohl das reinste Kinderspiel. Fast schon zu leicht.
Er gluckste
vor Vergnügen.
Schade,
dass ich diese blöden Bullen-Gesichter nicht sehen kann, wenn sie enttäuscht feststellen
müssen, dass an diesem Tatort ganz andere Reifenspuren vorhanden sind, als an dem
vorherigen. Was so ein kleiner Reifenwechsel alles bewirken kann.
Der Spider
klatschte in die Hände, knetete sie und umfasste dann schnell wieder das Lenkrad,
schließlich waren es nur noch wenige Meter bis zum Verkehrskreisel an der Löwenburg.
Lächelnd bedeutete er einer ältere Dame, dass sie gefahrlos passieren könne, dann
kehrte er in die Welt seiner klammheimlichen Freude zurück.
Außerdem
werden die Bullen gleichermaßen erstaunt wie frustriert entdecken, dass es sich
augenscheinlich um einen anderen Täter handelt, denn der zweite Entführer trug Lulatschlatschen
der Größe 48 und keine Schuhe der Größe 43 wie der andere!
Er hüstelte
amüsiert. Diese Riesenfüße lenken zwangsläufig den Tatverdacht auf alle Basketballspieler
der Stadt, freute er sich in Gedanken.
Das blecherne
Kichern wollte kein Ende mehr nehmen. Erst als in der scharfen Linkskurve beim Übergang
der Barbarossa- in die Donnersbergstraße ein rücksichtsloser Autofahrer direkt vor
ihm die Kurve schnitt und ihn zu einer Vollbremsung nötigte, erstarb sein affektiertes
Lachen.
Inzwischen
dämmerte es bereits. Um kein Aufsehen zu erregen, löschte er im Wald das Abblendlicht
und tuckerte in gemächlichem Tempo zu dem ehemaligen
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