Todesnetz: Tannenbergs zwölfter Fall (German Edition)
du
Scheiße«, zischte er. »Jetzt kapier ich’s endlich.«
»Wurde ja
langsam auch Zeit«, frotzelte der Leiter des K 1.
Michael
Schauß ignorierte den spöttischen Einwurf. »Dem Rüdiger Nehberg sitzt eine große
Spinne auf der Glatze.«
»Genau das
meine ich«, bestätigte sein Beifahrer.
»Aber du
glaubst doch nicht etwa, dass dieser Nehberg hinter den Entführungen steckt«, fragte
Schauß irritiert, »oder etwa doch?«
»Nein, natürlich
nicht er, sondern jemand anders.«
»Und wer?«
Tannenberg
fasste seinen jungen Kollegen scharf ins Auge und verkündete: »Werner Kollmenter.«
Ungläubig
wiederholte Michael Schauß den Namen. »Ist das nicht euer Briefträger, den du heute
Morgen in der Hauptpost aufgesucht hast? Wegen des Entführerbriefs mit dem Spinnennetz.«
»Doch, genau
der ist das«, erwiderte Tannenberg.
»Aber was
hat denn Kollmenter mit diesem Plakat zu tun?«
»Das ist
der springende Punkt.«
Kommissar
Schauß kniff die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. »Ich kann dir nicht folgen,
Wolf. Rede doch bitte endlich mal Klartext mit mir.«
»Kollmenter
hat mir gestern Abend von Rüdiger Nehberg vorgeschwärmt und anschließend in der
Fruchthalle dessen Vortragsveranstaltung besucht.« Tannenberg wies erneut auf das
Plakat. »Das hat er mir heute Morgen bestätigt.« Er leckte sich die Lippen. »Und
das, obwohl ich ihn gar nicht danach gefragt hatte. Das ist doch irgendwie komisch,
oder?«
Schauß war
noch immer nicht von diesem neuen Verdächtigen überzeugt. »Na ja, ich weiß nicht,
irgendwie erscheint mir deine Vermutung ziemlich an den Haaren herbeigezogen«, wandte
er ein.
»Der Meinung
bin ich ganz und gar nicht«, gab sein Chef trotzig zurück.
»Du meinst
also wirklich, dieser Briefträger könnte der irre Spinnenfreak sein, der mit uns
spielen und uns durch versteckte Hinweise an der Nase herumführen will?«
»Ich weiß,
dieser Verdacht hört sich irgendwie abstrus an«, gestand Tannenberg ein. »Ehrlich
gesagt kann auch ich mir nicht vorstellen, dass ausgerechnet Werner solch einen
Wahnsinn ausgeheckt haben sollte. Er ist so ein netter, höflicher Zeitgenosse, der
bestimmt keiner Fliege etwas zuleide tun kann.« Der Kommissariatsleiter schnalzte
mit den Fingern. »Lass uns trotzdem mal zum Spaß davon ausgehen, er steckt hinter
allem.«
»Also auch
hinter dem Einbruch in Mariekes Wohnung?«
»Ja, Michael,
auch das«, entgegnete Tannenberg. Er zog ein Leinentaschentuch hervor und schnäuzte
sich geräuschvoll die Nase. »Wenn ich mich richtig erinnere, hast du bei einer Dienstbesprechung
die Frage aufgeworfen, woher der Handtaschenräuber wissen konnte, dass sich während
unserer Exkursion zum Wurstmarkt niemand in Heiners Haus aufhielt, nicht wahr?«
Schauß nickte.
»Die Antwort
ist möglicherweise ganz einfach, Michael: Aufgrund der räumlichen Nähe der beiden
Häuser wäre es für Kollmenter ein Leichtes gewesen, von seinem Fenster aus die Parkstraße
zu beobachten. Und das völlig unauffällig. Er hätte sich einfach nur hinter die
Gardinen stellen müssen. Dann hätte er alles mitbekommen, was sich vor Heiners Haus
abgespielt hat.«
Schauß legte
den Kopf schief und knetete sein Kinn. »Also, ich weiß nicht.« Er atmete hörbar
ein. »Okay, Wolf, andererseits wäre es natürlich fatal, wenn wir diesen Tatverdacht
ignorieren würden.«
»Das sehe
ich ganz genauso.«
»Dann solltest
du diese Hypothese unseren Kollegen und der Staatsanwaltschaft mitteilen.«
»Nein, Mischa,
das werde ich garantiert nicht tun.«
»Warum denn?
So abstrus ist diese Idee nun auch wieder nicht.«
Wolfram
Tannenberg beobachtete eine Schar Tauben, die sich auf dem Bürgersteig über ein
trockenes Brötchen hermachte. »Nein, nein«, wiegelte er ab. »Wahrscheinlich handelt
es sich wieder einmal nur um eine meiner berühmt-berüchtigten Schnapsideen, mit
denen ich mich schon öfter bis auf die Knochen blamiert habe. Und solch einen neuerlichen
Triumph möchte ich vor allem meinem Spezi Hohl-Hohl-Hollerbach nicht gönnen.«
Der junge
Kommissar lachte. »Das kann ich nachvollziehen.«
Tannenberg
legte den Finger an die Lippen. »Also, Mischa: Kein Wort davon zu irgendjemandem,
okay?«
Schauß stimmte
mit einer Kopfbewegung zu.
»Ich kann
mich wirklich darauf verlassen?«, hakte sein Vorgesetzter nach.
»Jaaaa«,
kam es gedehnt zurück. »Das kannst du.«
»Sehr schön«,
freute sich Tannenberg. »Trotzdem muss ich natürlich dieser Sache nachgehen und
den ungeheuerlichen
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