Todesnetz: Tannenbergs zwölfter Fall (German Edition)
eklig«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme.
»Warum macht dieses perverse Schwein das nur mit uns?«
»Weil er
mit uns spielen und sich an unserem Leid aufgeilen will.«
Conny Faulhaber
verlor nun endgültig die Selbstbeherrschung. Sie warf den Kopf wild hin und her,
brüllte und strampelte.
Jessica
wartete, bis sich ihre Leidensgenossin wieder einigermaßen beruhigt hatte. »Wir
dürfen jetzt nicht verzweifeln oder uns apathisch mit unserem Schicksal abfinden,
sondern wir müssen sein Spiel mitspielen und versuchen, es in die Länge zu ziehen.«
»Aber das
nutzt uns leider auch nicht viel, denn aus dieser Gruft kommen wir alleine nicht
mehr raus.«
»Trotzdem
dürfen wir die Hoffnung nicht aufgeben«, betonte Jessica Hellmann, »sonst sind wir
wirklich verloren. Mitspielen ist unsere einzige Chance. Wir müssen unbedingt Zeit
gewinnen. Die Polizei sucht uns garantiert schon.«
»Glaubst
du?«
»Ja, ganz
bestimmt. Mein Freund hat inzwischen hundertprozentig eine Vermisstenmeldung aufgegeben.
Und dich sucht sicher auch schon jemand.«
»In meinem
Fall bin ich mir da nicht so sicher.«
»Wieso?«
»Ich lebe
zurzeit alleine, hab mich von meinem Freund getrennt. Und Kontakt zu meiner Familie
habe ich auch nur noch selten.«
»Und deine
anderen Freunde oder Arbeitskollegen?«
»Ja, sicher,
meine Kolleginnen werden mich bestimmt vermissen. Ich bin ja nicht zur Arbeit erschienen.«.
»Wo arbeitest
du denn?«
»In einer
Arztpraxis. Ich bin gelernte Arzthelferin. Und du?«
»Ich studiere
hier an der Uni.«
»Und was?«
»Informatik.«
»Computer
und so.«
»Genau.«
»Wenn du
studierst, hast du wahrscheinlich noch keine Kinder, oder?«, wollte Conny wissen.
»Nein.«
»Ich auch
nicht.«
»Bei mir
wird es aber nicht mehr allzu lange dauern. Mein Freund Lukas und ich werden gleich
nach unserem Examen heiraten. Und wenn dann einer von uns einen guten Job gefunden
hat, wollen wir so schnell wie möglich Kinder haben. Mindestens drei.«
»Eine schöne
Zukunft«, bemerkte Conny, wobei ein Anflug von Neid in ihrer Stimme mitschwang.
»Ich hab zurzeit ja nicht mal einen neuen Freund.« Sie seufzte tief und unterdrückte
mühevoll eine neue Tränenflut. »Es ist alles so schrecklich. Und jetzt auch noch
das.«
Jessica
Hellmann versuchte, ihre verzweifelte Leidensgenossin ein wenig zu trösten. »Also,
wenn du einen neuen Freund suchst, musst du nur zu den Unifeten kommen. Bei dem
Männerüberschuss an unserer Uni hat man als Frau die freie Auswahl.«
»Mache ich
doch glatt«, schniefte Conny.
»Pst«, zischte
Jessica. »Hast du das eben auch gehört?«
»Was?«,
flüsterte Conny.
»Ja, da,
ganz deutlich: Schritte.«
Conny Faulhabers
Magen krampfte sich zu einem schmerzenden Klumpen zusammen. »Oh Gott, wird er uns
jetzt quälen«, sie schluckte hart, »oder sogar töten?«
10
Die Ermittlungen traten nach wie
vor auf der Stelle. Und das, obwohl Kriminalrat Eberle inzwischen eine Sonderkommission
eingerichtet hatte und die Kaiserslauterer Mordkommission von gut einem Dutzend
Beamten aus anderen Dezernaten bei ihrer Arbeit unterstützt wurde.
Die Reaktionen
der Bevölkerung auf den Zeitungsaufruf beschränkten sich auf nur wenige, unergiebige
Hinweise. Der DNA-Abgleich lieferte exakt das Ergebnis, das alle erwartet hatten:
Die Haare, die der Entführer für das Spinnennetz verwendet hatte, stammten zweifelsfrei
vom Kopf der vermissten Informatikstudentin Jessica Hellmann.
Inzwischen
hatte Mertels Schwiegersohn in spe das Passwort von Jessicas Community-Zugang geknackt.
Aus den Chatprotokollen und den gespeicherten E-Mails ging hervor, dass allein in
den letzten vier Wochen über dreißig Männer versucht hatten, mit Jessica Kontakt
aufzunehmen. Die Identifikation dieser User gestaltete sich allerdings äußerst schwierig,
denn erfahrungsgemäß bewegten sich die meisten FSN-Mitglieder mit Pseudonymen in
dem sozialen Netzwerk.
Kurz nach
17 Uhr meldete sich eine Arzthelferin in der Notrufzentrale und behauptete, seit
mehreren Stunden ihre Arbeitskollegin nicht erreichen zu können. Die Zentrale leitete
das Gespräch sofort ins K 1 weiter. Die Frau erklärte, dass ihre Kollegin heute
Morgen nicht zur Arbeit erschienen sei, sich aber auch nicht krankgemeldet habe.
Dieses Verhalten
könne sie sich nicht erklären, denn ihre Kollegin sei ausgesprochen zuverlässig.
Zudem befinde sie sich noch in der Probezeit und wolle unbedingt ihren Job behalten.
Deshalb mache sie sich große Sorgen um
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