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Todespakt

Todespakt

Titel: Todespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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betrachte, bin ich mir ziemlich sicher, dass sie an ihrem Tod nicht ganz unschuldig waren. Ich gehe davon aus, dass alle Opfer vorbestraft sind?«
    Die beiden Kommissare warfen sich kurze Blicke zu.
    »Gesichert wissen wir das nur vom zweiten Opfer«, sagte Rokko und zeigte auf das Bild mit dem Grab.
    »Welche Straftat?«
    »Vergewaltigung.«
    »Hm«, meinte Klose nachdenklich und nickte. »Das passt.«
    »Könnten Sie uns bitte aufklären«, drängte nun auch Rokko.
    »Was Sie hier auf diesen Fotos sehen, meine Herren, sind Hinrichtungsrituale aus dem Mittelalter.« Klose hatte sich den Beamten zugewandt und machte nun den Eindruck eines Dozenten, der vor einer Tafel stand. »In dieser Zeit wurden jegliche Verbrechen, selbst noch so kleine Delikte, rigoros bestraft. Das Blenden oder Augenausbrennen, wie im ersten Fall, war eine eher milde Strafe. Da das Mittelalter stark vom christlichen Glauben geprägt war, waren Todesstrafen weitverbreitet. Sie wurden meist bei Verbrechen angewandt, die gegen die obersten Grundsätze des Christentums verstießen, wie Mord, Raub, Ketzerei und Unzucht, die sogenannten Kardinalsverbrechen. Das Begraben oder Einmauern bei lebendigem Leib waren gängige Strafen dieser Art. Bei besonders schweren Fällen wurde auch das Pfählen eingesetzt, wobei dem Verurteilten ein eingefetteter stumpfer Pfahl in den After eingeführt und anschließend aufgerichtet wurde, sodass die Spitze sich langsam durch den Körper trieb.« Klose deutete auf das Bild mit dem Grab. »Dies hier ist eine Kombination der beiden Methoden. Sie wurde im westeuropäischen Mittelalter angewandt, hauptsächlich bei Vergewaltigern und Ehebrechern. Einige Historiker gehen davon aus, dass in diesem Fall das Pfählen weniger der Hinrichtung diente, sondern es sollte den Hingerichteten dauerhaft unter der Erde halten, damit er nicht zurückkehren und sich an den Lebenden rächen konnte. Ähnlich wie das Pfählen bei einem vermeintlichen Vampir.«
    »Muss auf ewig begraben sein.«
    »Wie bitte?«
    »Das hat auf der zugehörigen Botschaft gestanden.« Chris wühlte in einem der Kartons und reichte Klose einen Ausdruck, auf dem sich sämtliche Texte der Mitteilungen befanden. »Sagt Ihnen das irgendetwas?«
    Klose schüttelte den Kopf. »Nein. Das stammt aus keinem mir bekannten Text.«
    »Wie ist das Rohr zu erklären«, fragte Rokko und deutete wieder auf das Foto mit dem Grab.
    »Es diente nicht dazu, dem Verurteilten das Atmen zu erleichtern, sondern wurde als Seelenloch bezeichnet«, erläuterte Klose. »Es sollte der Seele des Toten ermöglichen, nach oben zu fahren.«
    »Wie gütig«, zischte Chris. Allmählich dämmerte ihm, weshalb Klose so ein Kotzbrocken war. »Ist ja wahrlich eine reizende Epoche, mit der Sie sich da beschäftigen.«
    Kloses Mundwinkel krümmten sich nach unten. »Für unser modernes westliches Empfinden mag diese Ansicht zutreffen«, meinte er. »Sie sollten jedoch bedenken, dass in einigen arabischen Ländern das Abhacken der Hand oder das Steinigen als Bestrafung noch immer zulässig ist.«
    »Wie verhält es sich mit dem dritten Mord?«, fragte Rokko.
    Klose wandte sich den Tatortfotos vom Rittersturz zu. »Das Verbrennen als Todesstrafe dürfte den meisten Menschen durch die Hexenverfolgung bekannt sein. Es wurde aber durchaus auch als Bestrafung für besonders schwere Vergehen genutzt und diente dazu, den Verbrecher und seine Tat völlig vom Erdboden zu tilgen. Auf diese Weise wurde ihm eine christliche Bestattung verweigert. In Ihrem Fall haben wir es mit einer Abwandlung dieser Bestrafung zu tun, dem sogenannten Köhlern.« Er zeigte auf die schräg gerichteten, halbverkohlten Pfähle. »Hier wurde der Verurteilte dem Feuer in Schräglage ausgesetzt, sodass die Flammen sich langsam an ihm hocharbeiteten, was unvorstellbare Qualen zur Folge hatte.«
    »Aber warum ausgerechnet am Rittersturz?«, fragte Rokko.
    »Ihnen ist die geschichtliche Bedeutung des Ortes bekannt?«
    »Dort wurde 1948 das Grundgesetz unseres Landes beschlossen«, gab Rokko seine am Morgen aufgefrischten Kenntnisse zum Besten.
    »Richtig. Das ist aber nur die neuzeitliche Geschichte. Etwa vierhundert Jahre zuvor diente der Ort als Richtplatz. Dort wurden Todesurteile vollstreckt und es fanden Hexenverbrennungen statt.«
    »Natürlich«, sagte Chris in Gedanken versunken. »Das mit dem Richtplatz steht auch auf einer der Informationstafeln an der Gedenkstätte. Aber weshalb dann diese Lichtung, knapp einhundert Meter entfernt?

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