Todespakt
»Kann ich euch etwas zu trinken anbieten?«
Dragan lehnte ab. Seine Begleiter zeigten noch immer keine Regung. Scheinbar taten sie nur das, was er tat, wie Schatten seiner selbst. Kettenhunde , kam es Victor in den Sinn.
»Marius wird euch eure Zimmer zeigen. Morgen früh können wir dann alles Weitere besprechen.«
»Warum warten?« Dragan ging zu der ledernen Couchgarnitur und setzte sich. »Wir sollten keine Zeit verschwenden.«
»Was meinst du? Es ist nach Mitternacht. Ich finde, wir sollten alle mit klarem Kopf an die Sache herangehen.«
»Und ich finde, wir sollten nicht noch eine weitere Nacht und einen weiteren Anschlag auf uns abwarten. Oder siehst du das anders? In diesem Fall müsste ich davon ausgehen, dass du die Sache nicht ernst genug nimmst.«
Victor trat entschlossen auf ihn zu. »Zwei meiner Männer liegen tot in meinem Keller, nachdem ich sie mir vorgeknöpft habe. Man kann mir also nicht vorwerfen, die Angelegenheit nicht ernst zu nehmen.«
»Und ist dabei etwas Brauchbares herausgekommen?«
Victor hielt einen Moment inne. »Nein«, meinte er kleinlaut. »Aber das muss nicht heißen ...«
»Du hast also zwei unserer eigenen Leute grundlos eliminiert«, unterbrach ihn Dragan.
»Ich musste doch sichergehen ...«
»Und hast uns dadurch noch mehr geschwächt. Hältst du das für klug? Für mich klingt das ziemlich verzweifelt.«
Victor atmete tief durch. »Ich dachte ihr seid hier, um mir zu helfen, und nicht, um mir Vorwürfe zu machen.«
»Das eine schließt das andere nicht aus, mein Freund. Wie ich das sehe, hast du nicht den geringsten Anhaltspunkt, warum es jemand auf dich abgesehen hat. Daher können wir einen Konkurrenten ausschließen, denn wir tragen unsere Kriege in der Regel offen aus. Und das wiederum lässt den Verdacht aufkommen, dass es sich dabei um etwas Persönliches handelt. Bist du in letzter Zeit irgendjemand auf die Füße getreten?«
»Nein«, beteuerte Victor. »Ich habe keine Ahnung, warum das alles passiert.«
Dragan betrachtete die Wände des Raumes, die mit teuren Kunstwerken dekoriert waren. »Nun ja«, meinte er, »es scheint dir jedenfalls nicht schlecht zu gehen.«
»Ich denke, wir können uns alle nicht beklagen.«
»Du warst sehr fleißig in den letzten Jahren, hast dein Gebiet kontinuierlich ausgebaut. Da kann es schon vorkommen, dass man ein wenig übereifrig wird und sich Feinde schafft.«
»Das bleibt in unserem Gewerbe nicht aus«, konterte Victor. Langsam wurde ihm die Sache zu bunt. »Aber wenn ich dich so reden höre, könnte ich meinen, ihr seid nicht gekommen, um mir in dieser Angelegenheit zu helfen.«
Dragan zuckte mit den Schultern. »Ich versuche nur, mir einen Überblick zu verschaffen.«
Victor ging zum Barschrank und goss sich aus einer Karaffe Cognac in einen Schwenker. Anschließend leerte er das Glas in einem Zug. »Weshalb seid ihr wirklich hier?«
Dragan betrachtete ihn reglos. »Wir sprechen besser unter vier Augen.« Er gab seinen beiden Kettenhunden ein Zeichen, die daraufhin nach draußen auf die Veranda gingen.
Victor zögerte einige Sekunden. Dann nickte er Marius zu, der den beiden folgte. »Na schön«, sagte er an Dragan gerichtet, als sie allein waren. »Was willst du von mir?«
Dragan lächelte ihn an. »Ich denke, ich nehme jetzt doch etwas zu trinken.«
Marius stand im Garten des Grundstücks und spähte in die Dunkelheit. Er hatte Dragans Männer aus den Augen verloren. Auch die beiden anderen Schläger konnte er nirgends ausmachen. Nervös fingerte er eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie an, während er die Überwachungskamera an der Wand des Hauses betrachtete. Das rote Lämpchen, das normalerweise den Betrieb der Kamera anzeigte, war ausgeschaltet. Ebenso die Gartenbeleuchtung. Victor hatte vor Dragans Ankunft angeordnet, dass sich niemand nach Einbruch der Dunkelheit draußen aufhalten sollte. Irgendetwas stimmte nicht. Es war etwas im Busch, das konnte er spüren. Und es war nichts Gutes. Er musste seinen Arsch aus der Schusslinie bringen, bevor das Ganze eskalierte.
Nervös ging er einige Schritte um das Haus herum. Der Kies des Weges knirschte viel zu laut unter seinen Schuhen. Er hielt Ausschau nach den anderen, doch es war niemand zu sehen. Das alles gefiel ihm überhaupt nicht. Über die akkurat geschnittene Hecke, die das Grundstück auf der Vorderseite begrenzte, fiel sein Blick die Straße hinunter. Der dunkle Kleinwagen mit seinen beiden Insassen stand an seinem gewohnten
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