Todespakt
Meinung zu.
Sie warf einen kurzen Blick zu Rohde, der mit bleichem Gesicht stumm auf sein Handy starrte. »Nun sag endlich was!«
»Bitte?«, erwiderte Rohde, ohne sie anzusehen. Er schien völlig in Gedanken versunken.
»Seit wir in dieses Auto gestiegen sind, hast du kein einziges verdammtes Wort mit mir geredet«, sagte Rebecca. »Bist du etwa auch Pelzers Ansicht?«
»Ich denke, wir sind durch die ständig wechselnden Schichten und die Überstunden einfach alle ein wenig angepisst.«
Sie seufzte. »Ja, du hast recht. Und womöglich habe ich vorhin überreagiert, aber Pelzer bringt mich mit seinen antiquierten Ansichten einfach zur Weißglut.«
»Ich finde aber, er hat trotzdem nicht unrecht.«
Erneut wechselte Rebeccas Blick zu ihrem Kollegen. »Wie meinst du das?«
»Komm schon«, meinte Rohde. »Es ist ja nicht so, als hätten diese Leute Mutter Theresa auf dem Gewissen. Die Toten waren fast alle Mitglieder des organisierten Verbrechens. Das macht sie in meinen Augen nicht gerade zu Opfern.«
Rebecca hielt die Luft an. »Ist das wirklich dein Ernst?«, brachte sie schließlich hervor. »Du hast doch selbst gesehen, zu welchen Grausamkeiten diese Killer in der Lage sind. Was ist mit diesem Reporter?«, fragte sie. »Hältst du seine Entführung etwa auch für gerechtfertigt?«
Rhode sah angespannt von dem Handy auf. »Mag sein, dass diese Leute zu weit gehen«, meinte er, »aber immerhin sorgen sie dort für Gerechtigkeit, wo uns durch sture Bürokratie die Hände gebunden sind. Heutzutage muss nur jemand den Begriff Holocaust in den Mund nehmen, und alle gehen in Deckung, aus Angst, sich politisch die Finger zu verbrennen. Und solange das so ist, ziehen auch weiterhin ganze Roma-Banden plündernd durch unser Land. Und wir, die das eigentlich verhindern sollten, dürfen dies noch nicht einmal beim Namen nennen, ohne uns den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit gefallen lassen zu müssen.« Er steigerte sich jetzt in die Worte hinein, und in seinen Augen blitzte blanker Zorn auf. »Seit die Grenzen geöffnet wurden, ist die Kriminalitätsrate um über dreißig Prozent angestiegen. Als hätten wir hier nicht schon genug Probleme. Sieh dir doch nur diese ganzen Rockertypen an. Jeder weiß, dass es sich bei diesen Gruppierungen um organisierte Verbrecherbanden handelt, die ihre Finger unter anderem im Drogen- und Menschenhandel haben. Dennoch tragen sie öffentlich ihre Kutten zur Schau und niemanden interessiert es. Deren Uniformen wirken scheinbar abschreckender als unsere. Früher wurde man als Polizist respektiert. Mittlerweile sind wir für die meisten nur noch Witzfiguren. Vielleicht ist es daher ganz gut, dass jemand mal auf diese Weise für Ordnung sorgt.«
Rebecca starrte fassungslos auf die Straße. Dann fuhr sie an den rechten Rand und kam vor dem beleuchteten Schaufenster eines Elektronikhändlers zum Stehen. Mit einem kräftigen Ruck zog sie die Handbremse an. »Du sagst mir jetzt auf der Stelle, was mit dir los ist«, fuhr sie ihren Kollegen an.
»Komm schon«, stöhnte Rhode und verzog wieder schmerzhaft das Gesicht. »Fahr weiter.«
»Nicht bevor du mir erklärst, weshalb du dich in letzter Zeit so seltsam verhältst. Seit Tagen läufst du herum wie dein eigener Schatten, wirkst abwesend und bist kaum noch ansprechbar. Und nun spielst du anscheinend mit dem Gedanken, eine eigene Bananenrepublik zu gründen und jeden beseitigen zu lassen, der dir zu unbequem erscheint.«
»Du übertreibst mal wieder maßlos.«
»Tu ich das? Ich mache mir nur langsam Sorgen um dich.«
»Das musst du nicht, keine Angst«, beteuerte Rohde und hielt sich erneut den Bauch. »Es ist nur ...« Er stöhnte auf. »Mein verdammtes Magengeschwür macht mir zu schaffen. Seit diese Morde angefangen haben sind wir fast pausenlos im Dienst und ich ernähre mich nur noch von Abfall. Ich komme nicht Mal dazu, mir meine Medikamente zu besorgen.«
Sie musterte ihn streng. »Und das ist wirklich alles?«
»Anscheinend hast du keine Ahnung, was es heißt, ständig mit Schmerzen leben zu müssen, sonst würdest du das nicht so runterspielen. Aber ja, das ist alles!«
Ihre Augen ruhten eine Zeitlang prüfend auf ihm. Dann sah sie auf das Handy in seiner Hand. »Hast du im Netz irgendetwas zu dem Fall gefunden?«
»Sie vermuten einen Zusammenhang mit der Mittelalterszene.«
»Du besuchst doch selbst solche Veranstaltungen. Vielleicht sollte ich dich im Auge behalten«, meinte sie scherzhaft und zwinkerte ihm zu.
»Ja,
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