Todesqual: Thriller
Vertrag kündigen. Jedenfalls kam jemand vorbei, um den Schaden zu beheben.«
Endlich wandte sich Novak vom Gewächshaus ab und sah Lena an. Seine Augen funkelten. Teresa López war am 3. März ermordet worden.
»Wissen Sie möglicherweise noch den Namen des Handwerkers?«
»Leider nein. Global schickt immer unterschiedliche Leute.«
Bemüht ruhig wandte Lena sich wieder an Tomoca. Inzwischen herrschte ein elektrisches Knistern im Labor. Die Luft war so dünn wie im Hochgebirge.
»Wären Sie so nett, für uns eine Kopie auszudrucken?«, sagte sie.
Der Biologe nickte. Als der Drucker ansprang, beendete er das Programm, und ein neues Fenster öffnete sich. Tomoca war im Netz. Als sie hereingekommen waren, hatte er die Essenszeit genutzt, um seine E-Mails abzufragen.
»Verbringen Sie viel Zeit im Internet?«, erkundigte sich Lena.
»Nicht mehr als nötig.«
»Kennen Sie eine Frau namens Candy Bellringer?«
Die Frage hatte offenbar gesessen, denn Tomoca kämpfte errötend gegen ein verlegenes Grinsen an und wandte den Blick ab.
»Was ist Ihnen denn so peinlich?«, bohrte Lena nach.
»Dass Sie von Harry reden«, erwiderte er leise. »Von ihrem Geheimnis.«
»Sie wissen also von der Webseite?«
Er nickte. »Harry glaubt noch immer, alles wäre streng geheim. Nur weil sie eine Perücke trägt und sich schminkt, nimmt sie an, dass niemand sie erkennt.«
»Wer ist sonst noch im Bilde?«
»Alle.«
Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Nun wusste Lena, warum Bellringers Filme fast ausschließlich von Nutzern aus L. A. angeklickt wurden. Die ganze Firma sah ihr zu. Es war allgemein bekannt.
Lena wandte sich wieder an Tomoca. »Was ist mit Ihrem Vorgesetzten? Es hört sich an, als wäre er ein bisschen verklemmt.«
»Martin hat es als Letzter erfahren.«
»Wie hat er es aufgenommen?«
»Nicht sehr gut«, antwortete Tomoca. »Er hat sich schrecklich aufgeregt, und alle haben gelacht.«
Lena überlegte und beugte sich dann vor. »Also schwärmt Martin für Harry. Wer hat ihm denn geflüstert, dass sie ein Doppelleben führt?«
»Der Typ, der auch die Webseite entdeckt und es überall herumerzählt hat.«
»Und wie heißt er?«
Tomoca verzog das Gesicht. »James Brant.«
Lena brauchte eine Weile, um diese Nachricht zu verdauen. Es herrschte Stille im Raum. Endlich gab es ein Motiv für den Mord. Sie sah Novak an. Nun hatten sie ihre Antwort. Die Erklärung. Das gleißende Licht am Ende des Tunnels.
Als sie sich wieder an Tomoca wandte, klang ihre Stimme ganz entspannt und seelenruhig. »Sie sagten, Martin sei beim Mittagessen. Wissen Sie vielleicht, wo er hingegangen sein könnte? Möglicherweise kann er uns bei der Suche nach Harry helfen. Wir würden gerne so schnell wie möglich mit ihm sprechen.«
Anstelle einer Antwort stand Tomoca auf, ging zu Harrys Labortisch, öffnete die oberste Schublade und holte eine Speisekarte heraus, die er auf seinen Schreibtisch legte.
»Martin isst jeden Tag im selben Restaurant. Im Pink Canary. Das ist das italienische Lokal am Strand.«
»Zusammen mit Harry?«, fragte Lena.
»Nein, ich glaube, er trifft sich mit einem Freund.«
»Und wie heißt der?«
Tomoca zuckte die Achseln. »Keine Ahnung, ich weiß nur, dass es ein Typ ist.«
»Woran erkennen wir Martin?«, erkundigte sie sich. »Wie sieht er aus?«
Nach kurzer Überlegung klickte sich Tomoca durch einige Fenster auf seinem Computerbildschirm, bis er die Firmen-Webseite vor sich hatte, wo er die Zeile WER WIR SIND anklickte. Im nächsten Moment erschien ein Bild auf dem Monitor, eine Gruppenaufnahme aller Mitarbeiter vor dem Gebäude. Während Lena das Foto betrachtete, deutete der Biologe mit dem Finger.
»Der große Typ da hinten«, sagte er, »der mit dem rasierten Schädel.«
56
E r saß an einem für zwei Personen gedeckten Tisch unter einer Palme.
Allein.
Trotz der dunklen Brille spürte Lena seine Augen auf sich, als sie den Gehweg entlang auf das Lokal zuschlenderten. Sein Blick galt nicht Novak. Der Mann reckte den Hals und starrte sie wie gebannt an. Fast, als wären sie die letzten beiden Menschen auf einer Welt, die gerade aufgehört hatte sich zu drehen und in Flammen aufgegangen war.
Es war ein ausgesprochen unangenehmes Gefühl, das mit jedem Schritt stärker wurde, sich unter ihre Haut bohrte und Besitz von ihrer Seele ergriff.
Romeo. Drei Meter entfernt. Der sie fixierte wie ein Beutetier.
Sie betraten das Pink Canary und setzten sich an die Theke. Als Lena Martin Fellows im
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