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Todesqual

Titel: Todesqual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ellis Karin Dufner
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verabredet.«
    Novak stand auf. Lena griff nach ihrem Aktenkoffer, und sie gingen die Stufen hinunter zum Auto. Kristin war Novaks älteste Tochter, einundzwanzig und offenbar, trotz ihrer immer wiederkehrenden Probleme mit Drogen und Alkohol, sein Lieblingskind. Seit ihrem sechzehnten Lebensjahr hatte
sie die verschiedensten Entzugskliniken von innen gesehen. Novak machte sich Vorwürfe, weil er nicht für sie da gewesen war, und gab der Scheidung zum falschen Zeitpunkt die Schuld an der Labilität seiner Tochter. Soweit Lena in den vergangenen beiden Monaten hatte feststellen können, telefonierten Novak und seine Tochter kaum und sahen einander noch seltener. Allerdings hatte sich seit kurzem einiges geändert. Das Mädchen war drogenfrei und trocken und sprach davon, dem College noch eine Chance zu geben. Lena hatte sie einige Male getroffen und fand sie recht nett. Allerdings war sie ein Fan der Musik ihres Bruders, was Lena schmerzlich an ihren Verlust erinnerte. Doch das war ihr eigenes Problem, nicht das von Novaks Tochter.
    »Was soll ich für dich tun?«, erkundigte sich Lena.
    »Eigentlich sind wir ja im Dienst«, erwiderte er, »und ich könnte auch absagen. Aber nach dieser Geschichte will ich das nicht. Ich möchte meine Tochter sehen und mich vergewissern, dass es ihr gut geht.«
    »Das würde ich an deiner Stelle auch tun. Außerdem haben wir ja zwei Teams. Triff dich nur mit ihr.«
    Als Novak die Hand hob, warf sie ihm den Autoschlüssel zu.
    »Ich bin nur ein oder zwei Stunden weg«, fuhr er fort. »In der Innenstadt gibt es ein neues Steakhaus. Ich wollte mit ihr dort essen. Soll ich dir etwas mitbringen?«
    Lena stieg ein. Ihr knurrte der Magen. Inzwischen war es sieben Uhr, und sie hatten keine Mittagspause gemacht. Sie brauchte dringend einen kleinen Imbiss, denn zwei Stunden waren sehr lang, und sie hatte noch viel zu tun. Am meisten jedoch sehnte sie sich nach einer Tasse Kaffee, und zwar nach einem stärkeren Gebräu, als es die Kaffeemaschinen im Parker Center hergaben.
    Novak verließ den Parkplatz und bog an der Ampel links ab. Fünf Minuten später wurde das Elendsviertel im Rückspiegel
immer kleiner, und sie fuhren durch die Stadt der Hoffnungen und Träume. Drei Straßen vom Glashaus - dem Spitznamen für das Polizeipräsidium - entfernt, lag das Blackbird Café. Lena streckte die Hand nach dem Türgriff aus.
    »Lass mich hier raus«, sagte sie.
    »Es ist dunkel. Ich wollte dich eigentlich vor dem Büro absetzen.«
    »Ich muss erst etwas besorgen. Mein Auto steht noch an der Westside.«
    Novak hielt am Straßenrand. Lena stieg aus und schulterte ihren Aktenkoffer. Dass der Laptop darin immer schwerer zu werden schien, störte sie nicht. Im Blackbird Café gab es den besten Kaffee in der Stadt. Sie beschloss, eine Tasse dort zu trinken und dann noch einen Becher mit ins Büro zu nehmen.
    »Wie willst du dein Steak?«, fragte Novak.
    Die Entscheidung fiel Lena nicht schwer. »Blau«, erwiderte sie, knallte die Tür zu und hastete davon.

11
    F reitagabend in der Tretmühle. Das Parker Center, Glashaus oder wie man das Gebäude auch sonst nennen mochte, war und blieb ein Dinosaurier, ein Symbol der Vergangenheit in einer Stadt, die sich schon seit über vier Jahrzehnten nach der Zukunft ausrichtete. Die Wasserrohre leckten, die papierdünnen Wände hatten Risse, und wenn Lena den Stecker eines elektrischen Geräts in die Steckdose schob, rechnete sie jedes Mal damit, dass die Lichter ausgingen.
    Sie mochte das Gebäude nicht - ganz abgesehen davon, dass es nicht den Sicherheitsvorschriften entsprach.
    Ihrer Ansicht nach hatte das Glashaus das Northridge-Erdbeben von 1994 lediglich auf dem Papier überstanden, eine
reine Formsache auf der Grundlage der Kalkulation, was die Stadt der Abriss und ein Neubau gekostet hätten. Anstatt das sechsstöckige Gebäude wegen Baufälligkeit zu sperren, hatten die städtischen Kontrolleure es nur unter Kategorie gelb, also teilbeschädigt mit leichten Sicherheitsmängeln, eingestuft. Die Stadträtin, die dem Sicherheitsausschuss vorsaß, schien diese Einschätzung zu teilen und sagte, man werde das Gebäude mittelfristig abreißen oder instand setzen. Allerdings waren seit dem Erdbeben von Northridge inzwischen mehr als zehn Jahre vergangen. Die Menschen, die hier arbeiteten - einschließlich des neuen Polizeipräsidenten -, brauchten weder ein Team von Gutachtern noch die Hilfe der Politik, um zu wissen, in welche Kategorie das Gebäude wirklich

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