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Todesqual

Titel: Todesqual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ellis Karin Dufner
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wie sie ihn heute im Labor gestreift hatte.
    Sein Herz fing an zu klopfen. Als er seinen Wagen erreicht hatte, glaubte er, die Brust würde ihm zerspringen. Ohne auf einen laut hupenden BMW zu achten, fädelte er sich in den Verkehr ein und stoppte an der nächsten Ampel. Er wohnte etwa anderthalb Kilometer weiter links die Straße hinauf. Aber bis er Schlaf finden konnte, würden noch einige Stunden vergehen. Als die Ampel grün wurde, bog er rechts ab in Richtung Hügel. Nachdem er einen Nachrichtensender im Radio gefunden hatte, kurbelte er das Fenster hinunter. Die Nachtluft umwehte seinen rasierten Schädel und prickelte auf der Haut.
    Ein Mann hat Bedürfnisse, sagte er sich. Insbesondere ein Mann, der einen gefallenen Engel liebt. Vielleicht würde eine Spazierfahrt den Schmerz ja lindern. Vielleicht wirkte der Wind ja beruhigend auf ihn. Wenn nicht heute Abend, dann eben morgen.

30
    L ena hatte vier Stunden gebraucht, um ihren Anteil an Fallzusammenfassungen durchzuarbeiten. Insgesamt waren es einhunderteinundvierzig sexuelle Übergriffe auf Frauen im Alter zwischen sechzehn und vierundachtzig Jahren, die im Umkreis von Los Angeles wohnten. Es war anstrengend gewesen. Wieder einmal eine lange Nacht.
    Sie holte die Weinflasche aus dem Kühlschrank und schenkte sich ein Glas ein. Nach einem raschen Schluck warf sie einen Blick auf den Anrufbeantworter. Beim Nachhausekommen hatte sie eine Nachricht von Staatsanwalt Roy Wemer vorgefunden, die sie noch immer bestürzte. Es war eine Hasstirade, wirres Gerede, Worte, die er im Büro niemals geäußert hätte. Anfangs hatte es noch wie eine Standpauke geklungen, weil Lena ihn nicht sofort über die DNA-Ergebnisse informiert hatte. Dann jedoch hatte er sich immer mehr in seine Wut hineingesteigert. Als er zu schreien angefangen hatte, war Lena klar geworden, dass er ihr die Schuld am Irrtum im Fall López gab. Er ging sogar so weit zu behaupten, er könne López ungeachtet der Laborergebnisse wieder ins Gefängnis bringen. Danach hatte er Lena als blöde Fotze bezeichnet, worauf sie es sich erspart hatte, den Rest der Nachricht abzuhören.
    Leider ging man bei der Staatsanwaltschaft von Los Angeles nach einer Gewinn-Verlust-Rechnung vor, einer Auflistung, die dann gerne im Wahlkampf zu Felde geführt wurde. Allerdings barg eine derartige Statistik die Gefahr, dass Leute wie Wemer nur noch die gewonnenen Prozesse im Blick hatten. Da sie außerdem wenig über die korrekte Aufklärung einer Straftat aussagte, war man in vielen Städten wieder von dieser Methode abgerückt. Für Lena war dieses buchhalterische Denken eine der schlimmsten Schattenseiten ihres Berufs, und
sie hatte mit ihren Freunden bei der Abteilung für ungelöste Fälle schon mehr als einmal darüber gesprochen.
    Eine nachträgliche DNA-Analyse in Fällen, die noch vor Einführung dieser neuen Technik abgeschlossen worden waren, hatte eine Fehlurteilquote von fünfundzwanzig Prozent ergeben. Ob es an den ermittelnden Detectives, der Staatsanwaltschaft, der Verteidigung, einem Informanten, einem Augenzeugen, der log oder sich einfach nur geirrt hatte, oder gar an unwilligen Geschworenen oder einem unfähigen Richter lag - jedenfalls war der Fehler im System begründet. Zwar hatte noch jeder Angeklagte, dem Lena je begegnet war, seine Unschuld beteuert, doch es konnte durchaus sein, dass einer von vier Zelleninsassen tatsächlich die Wahrheit sagte.
    Bei Wemer war offenbar eine Sicherung durchgebrannt, weshalb es ratsam war, diese Nachricht aufzubewahren, um später etwas gegen ihn in der Hand zu haben.
    Lena nahm die Kassette aus dem Gerät, drehte sie um, legte sie wieder ein und spulte Seite zwei zum Anfang zurück. Als sie den Deckel schloss, sah sie die Nummer auf dem Block neben dem Telefon. Sie hatte vergessen, warum sie sie notiert hatte, und es dauerte eine Weile, bis ihr die Nachricht vom Samstagabend wieder einfiel. Tim Holt, das ehemalige Bandmitglied ihres Bruders, der sich mit ihr treffen wollte.
    Lena sah auf die Uhr. Kurz nach Mitternacht. Vermutlich war Holt unterwegs, machte entweder eine Kneipentour oder trat irgendwo auf. Ein ausgezeichneter Zeitpunkt also, um ihm eine Nachricht zu hinterlassen. Dann würden sie nicht miteinander reden müssen, und Lena würde nicht gezwungen sein, nein zu sagen, wenn Holt sie bat, das Tonstudio ihres Bruders wieder zu eröffnen. Sie wählte die Nummer. Nach viermal läuten sprang der Anrufbeantworter an. Holt klang so frisch wie vor zwei Tagen. Er

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