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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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eine Schießerei ausbrach, dann hörte sie womöglich nicht auf, bis jeder Schütze selbst erschossen war.
    Molly blickte hinüber in die hintere Ecke, wo die Kinder beisammensaßen. Sie sahen verängstigt aus. Schon beim ersten Blick waren sie ihr entsetzlich schutzlos vorgekommen, und dieser Eindruck hatte sich noch verstärkt.
    »Husch«, sagte sie zu den Hunden, »husch, trollt euch!«
    Die Reaktion der Tiere war genauso eigenartig wie die Tatsache, dass sie so einmütig herbeigekommen waren. Alle neun gehorchten sofort, als wären sie von Molly
höchstpersönlich abgerichtet worden, und kehrten an den Ort zurück, an dem sie vorher gelegen hatten.
    Dieser bemerkenswerte Gehorsam vermehrte den Argwohn der sechzig Anwesenden nur noch. Bis auf das Grollen des Regens war es totenstill im Raum. Alle Blicke vollführten dieselbe Bewegung: von Molly zu den davontrottenden Hunden und wieder zurück zu Molly.
    Neil brach den Bann, indem er sich an den Wirt wandte. »Das ist ’ne verflucht merkwürdige Nacht, wo allerhand komische Dinge geschehen«, sagte er. »Ich brauch jetzt erst mal was zu trinken. Verkaufst du mir ein Bier? Und wie steht’s mit ’ner Tüte Erdnüsse?«
    Russell blinzelte und schüttelte den Kopf, als wäre sein Argwohn eine Art Trance gewesen. »Heute Nacht verkaufe ich nichts. Geht alles aufs Haus. Was darf’s denn sein?«
    »Hast du Coors in der Flasche?«
    »Bei mir gibt’s nur Bier vom Fass und in Flaschen, nicht diese verdammten Dosen. Aluminium verursacht Alzheimer. «
    »Was willst du trinken, Molly? «, fragte Neil.
    Eigentlich wollte sie überhaupt nichts zu sich nehmen, was womöglich ihre Wahrnehmung beeinträchtigte und ihr Urteilsvermögen trübte. Wer jetzt überleben wollte, musste nüchtern sein.
    Aber in Neils Augen sah sie die Aufforderung, etwas zu trinken, nicht weil sie es brauchte, sondern weil die meisten Leute in der Kneipe wahrscheinlich dachten, unter diesen Umständen müsste sie einen Schluck Bier brauchen – falls sie auch nur ein Mensch war wie sie.
    Wer überleben wollte, musste auch flexibel sein.
    »Reich ein Corona rüber«, sagte sie.
    Während Molly ihre Mitmenschen, wenn sie sie verstehen wollte, beobachten und so bewusst analysieren musste, wie sie die Gestalten in ihren Romanen entwarf, konnte
sich Neil instinktiv in jeden Menschen einfühlen, den er kennenlernte, und zwar innerhalb weniger Sekunden. Dabei war sein Instinkt mindestens so zuverlässig wie ihre intellektuelle Charakteranalyse.
    Sie nahm das Bier entgegen und setzte es mit dem Bewusstsein an die Lippen, dass sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand. Eigentlich hatte sie nur einen kleinen Schluck nehmen wollen, aber zu ihrem eigenen Erstaunen leerte sie in einem Zug die Flasche zu einem Drittel.
    Als sie wieder absetzte, nahm die Spannung im Raum sichtlich ab.
    Angeregt von Mollys Durst, hob die Hälfte der Anwesenden ebenfalls Flasche oder Glas. Eine Reihe von Abstinenzlern betrachtete die Trinker mit Missbilligung, Besorgnis oder beidem.
    Nachdem Molly sich durch einen derart bedeutungslosen, wenn nicht gar rundweg absurden Beweis ihrer menschlichen Natur Akzeptanz verschafft hatte, zweifelte sie daran, dass die Menschheit selbst im entferntesten Bunker und hinter den eindrucksvollsten Befestigungsanlagen überleben konnte, falls die Invasoren tatsächlich in der Lage waren, überzeugend die menschliche Gestalt anzunehmen.
    Mehr als genug Leuten fiel es schwer, die Existenz eines reinen, unverfälschten Bösen anzuerkennen; sie hofften, man könne es durch positives Denken wegwünschen, durch Psychotherapie zur Reue bringen oder mit Mitgefühl bändigen. Wenn sie das unversöhnliche Böse jedoch schon in den Herzen ihrer Artgenossen nicht erkannten und nicht begriffen, wie dauerhaft es war, dann waren sie bestimmt nicht in der Lage, die perfekte biologische Tarnung einer außerirdischen Spezies zu durchschauen.
    Von ihren verschiedenen Posten im Raum aus beobachteten die Hunde Molly noch immer, einige offen, andere verstohlen.

    Diese ungebrochene Aufmerksamkeit entfesselte mit einem Mal die Paranoia, die eine Hauptrolle auf der Bühne des menschlichen Gemüts spielt. Molly fragte sich, ob die Hunde wohl aus Dankbarkeit für einen menschlichen Kontakt auf sie zugelaufen waren, weil alle anderen in der Kneipe, selbst die Kinder, außerirdische Wesen waren, die sich als Freunde und Nachbarn tarnten.
    Nein. Auf Neil hatten die Hunde nicht so reagiert wie auf Molly, obwohl Neil unbestreitbar

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