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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Ecken des Raumes kamen die Hunde auf unterschiedlichen Wegen zu Molly. Sie taten das weder überschwänglich, als wollten sie spielen, noch mit eingeklemmtem Schwanz und misstrauischem Blick, der typischen Reaktion auf unbekannte und beunruhigende Gerüche.
    Die Ohren hatten sie aufgestellt. Ihre Schwänze peitschten mit langsamen, vorsichtigen Bewegungen die Luft. Was sie zu Molly lockte, war eindeutig Neugier, so als wäre diese Frau etwas ganz Neues in ihrer Erfahrung – neu, aber nicht bedrohlich.
    Beim ersten Mal hatte Molly sich knapp verzählt. Es waren neun Hunde im Raum, nicht acht, und alle waren fasziniert von ihr. Sie umkreisten sie, drängten sich an sie, schnüffelten eifrig an ihren Stiefeln, ihren Jeans, ihrem Regenmantel.
    Am Anfang dachte Molly, die Tiere würden den Geruch der Kojoten wittern. Dann fiel ihr ein, dass sie in Schlafanzug und Bademantel auf die Veranda getreten war, nicht in den Kleidern, die sie augenblicklich trug.
    Außerdem verspürten die meisten Haushunde keine verwandschaftlichen Gefühle für ihre wilden Vettern. Auf den Geruch – und erst recht auf den nächtlichen Schrei – eines Kojoten reagierten sie mit gesträubtem Fell und Knurren.
    Als Molly sich hinunterbückte, rieben die Hunde die Nasen an ihren Händen, leckten ihr die Finger und begrüßten sie so zutraulich, als würden sie sie schon lange kennen.

    »Na, was hast du denn in deinen Taschen, Molly – Wiener Würstchen?«, fragte eine vertraute Stimme. Es war Russell Tewkes, der Wirt, der hinter dem Tresen stand.
    Sein Tonfall passte nicht recht zu der scherzhaften Natur der Frage; ein Argwohn schwang darin mit, den Molly nicht verstand.
    Mit seinem Körperbau, der entfernt einem Bierfass ähnelte, seinem Haarkranz und der jovialen Miene eines beschwipsten Mönchs war Russell der ideale Kneipenwirt. Wer Kummer hatte, dem lieh er verständnisvoll und geduldig wie eine gute Mutter sein Ohr. Als unerschütterlicher Gemütsmensch war er gelegentlich sogar in Gefahr, zur Witzfigur zu werden.
    Nun kniff er die Augen misstrauisch zusammen, und sein Mund war eine grimmige gerade Linie. Er betrachtete Molly, als stünde ein muskelbepackter Hells Angel vor ihm, der das Wort HASS auf beide Fäuste tätowiert hatte.
    Während die Hunde weiterhin um sie herumstrichen und sie beschnüffelten, merkte Molly, dass Russell mit seinem Misstrauen nicht allein war. Auch die anderen, selbst Leute, die sie kannte und von denen sie gerade eben noch mit einem Zuruf oder einem Winken begrüßt worden war, beäugten sie nun nicht mehr mit berechnender Zurückhaltung, sondern mit offenem Argwohn.
    Plötzlich begriff sie das veränderte Verhalten. Die Leute da waren mit Filmen über außerirdische Invasoren ebenso vertraut wie Molly und Neil, und die Horrorshow, die sich gerade in ihren Hirnen abspielte, folgte dem Motiv, das unter anderem in Die Körperfresser kommen und in John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt zum Tragen kam: »Sie« sind schon unter uns, getarnt mit einer menschlichen Gestalt.
    Das außergewöhnliche Verhalten der Hunde ließ vermuten, dass irgendetwas an Molly anders war. Obwohl die neun Mitglieder ihres haarigen Gefolges mit dem Schwanz
wedelten, ihr die Hände leckten und offenkundig ganz bezaubert von ihr waren, überlegten die meisten, wenn nicht gar alle Leute in der Kneipe zweifellos, ob das, was sie da beobachteten, womöglich als Hinweis darauf interpretiert werden sollte, dass ein geschickt getarnter Alien unter ihnen weilte.
    Molly konnte sich nur zu leicht vorstellen, was geschehen wäre, wenn alle Hunde – oder auch nur ein schlecht aufgelegtes Exemplar – sie mit Knurren, gesträubtem Fell und angelegten Ohren begrüßt hätten. Eine solche Feindseligkeit hätte sicher nur eine Interpretation zugelassen, und Molly wäre in derselben Zwangslage gewesen wie jene unglücklichen Frauen, die man in einem anderen Zeitalter der Hexerei bezichtigt hatte.
    An mindestens zwei Stellen des großen Raums lehnten Jagdgewehre und Schrotflinten an der Wand. Das Arsenal war jederzeit in Reichweite.
    Zudem waren viele dieser angehenden Verteidiger der Erde bestimmt ebenso mit einer Pistole bewaffnet wie Molly. Wahrscheinlich befanden sich unter ihnen auch einige, die, nervös durch die Bedrohung und frustriert von ihrer Machtlosigkeit, erleichtert, ja begeistert sein würden, wenn sich die Chance bot, auf etwas oder irgendjemanden zu ballern, ganz gleich, wer das war.
    Wenn in diesem Fiebersumpf aus Paranoia

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