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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Hölle heißmacht.«
    Ken betrachtete seinen Sohn mit der Zuneigung, die er von Natur aus offen und oft zur Schau stellte, aber nun auch mit einem Kummer, den er gewiss nie in Worte fassen würde. Wahrscheinlich hatte er Angst, dass die Traurigkeit sich sonst rasch in blanke Verzweiflung verwandeln könnte und den letzten Stunden oder Tagen die kleinen Freuden rauben würde, die sie vielleicht noch gemeinsam erlebten.
    »Der Präsident sitzt in irgendeinem Berg im Bunker«, fuhr Bobby fort. »Außerdem haben wir bestimmt geheime Atomwaffen im Weltraum, deshalb sind diese Bastarde da oben in ihren Raumschiffen nicht so sicher, wie sie meinen. Ist doch so, oder, Mr. Sloan?«
    »Auf die Marines ist jedenfalls Verlass«, sagte Neil zum Sohn und legte dem Vater tröstend die Hand auf die Schulter.
    »Was ist hier los?«, fragte Molly und deutete auf die Kneipe.
    »Im Prinzip geht es darum, sich gemeinsam zu verteidigen«, sagte Ken. »In Wirklichkeit … also, ich weiß nicht recht. Die Leute haben unterschiedliche Vorstellungen. «
    »Bezüglich der Frage, ob sie leben oder sterben wollen?«
    »Wahrscheinlich schätzen nicht alle die Lage so krass ein«, sagte Ken, und als Molly ihn ungläubig ansah, fuhr er fort: »Weißt du, Molly, die Leute in diesem Ort haben schon immer hier gelebt, aber … na ja, irgendwie sind sie nicht mehr so, wie sie früher waren. Manchmal denke ich, wir wären besser dran, wenn das Fernsehen schon vor fünfzig Jahren ausgefallen wäre und nie wieder funktioniert hätte.«

    Die kalte graue Steinfassade des Lokals versprach weniger Wärme, als das Innere tatsächlich bot: abgetretene Mahagonidielen, poliertes Mahagoni an Wänden und Decke, Fotografien von Einwohnern aus der Zeit vor hundert Jahren, als sich auf den Straßen noch Automobile und Pferdewagen begegneten.
    In der Luft lag der Geruch von frisch gezapftem und von im Lauf der Jahre verschüttetem Bier, von Zwiebeln, Paprika und dem Tortillamais der Nachos, von feuchten Kleidungsstücken aus Wolle und Baumwolle, die langsam von Körperwärme getrocknet wurden – und ein schwaches, säuerliches Aroma, vielleicht die Ausdünstung allgemeiner Angst.
    Molly war bestürzt darüber, dass sie nur etwa sechzig Menschen vorfanden, von denen sie vielleicht zwanzig kannte. Am Samstagabend kamen normalerweise doppelt so viele Gäste in die Kneipe, und in einer Notlage wie dieser hätte die vierfache Menge hineingepasst.
    Nur sechs Kinder waren da, was Molly noch mehr beunruhigte. Sie hatte gedacht, dass Familien mit Kindern zu den Ersten gehören würden, die eine gemeinsame Verteidigung auf die Beine stellten.
    Die Puppe hatte sie mitgebracht, weil sie hoffte, das Mädchen aus dem verlassenen Wagen auf der Straße könnte hier Schutz gefunden haben. Da keines der Kinder auf den Anblick der Puppe reagierte, legte Molly sie auf den Tresen.
    Es bestand immer noch eine Chance, dass die Besitzerin aus dem Unwetter hierherfand. Immer noch Hoffnung.
    Alle sechs Kinder waren in einer großen Ecknische versammelt, doch die Erwachsenen hatten sich zu vier getrennten Gruppen zusammengesetzt. Molly hatte sofort den Eindruck, dass hier vier unterschiedliche Vorstellungen herrschten, wie man am besten auf die Krise reagieren sollte.

    Von Leuten, die Molly und Neil kannten, wurden sie begrüßt, von den anderen mit einem abschätzenden, fast argwöhnischen Blick taxiert. Offenbar sah man sie nicht automatisch als Verbündete, weil sie Nachbarn waren, sondern als Außenseiter, die erst dann mit einer wärmeren Begrüßung rechnen konnten, wenn man wusste, was sie dachten und welche Fraktion sie unterstützten.
    Am meisten aber wunderte sie sich über die Hunde. Auf einer Reise durch Frankreich hatte Molly zwar gesehen, dass Hunde dort nicht nur in Kneipen, sondern auch in die feinsten Restaurants mitgenommen werden konnten, aber hierzulande waren sie nur auf Terrassen und in Straßencafés zugelassen, und die meisten Gastwirte duldeten sie nicht einmal dort.
    Nun zählte Molly schon beim ersten Blick vier, sechs, acht Hunde, verteilt auf alle Winkel des Raumes. Es waren Mischlinge und reinrassige Exemplare, mittelgroße und große Tiere, allerdings keine Schoßhündchen. Mehr Hunde als Kinder.
    Gleichzeitig, wie auf ein Kommando, erhoben sich die Hunde und wandten Molly und Neil den Kopf zu. Komische Gesichter gab es darunter und auch edle, aber alle blickten ernst und wachsam. Und dann taten sie, nach einem kurzen Zögern, etwas Merkwürdiges.

18
    Aus allen

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