TodesReich/Todesengel (German Edition)
zu einem schlüssigen Ende kam.
Als er
am nächsten Morgen um zehn Uhr im Kommissariat eintrudelte, war Steffen
Weitzeger bereits da.
„Ich
hab ihnen doch gesagt, sie sollen nicht so früh kommen.“
„Bin vor
fünf Minuten erst reingekommen“, sagte Weitzeger von seinem Schreibtisch aus“
Und als Kowalski sich gesetzt hatte: „Ich habe eine Idee, wie wir die
Klobombersache umgehen können.“
„Indem
wir die Akte verbrennen?“
„Nein,
wir müssen versuchen Querverbindungen zwischen den Großvätern der
verschwundenen Kinder herzustellen - eventuelle Missgunst in den eigenen
Reihen, oder aber…“, er zögerte einen Moment. „…wir sollten nicht ausschließen,
dass es sich um einen Racheakt handeln könnte…wir sollten die Datenbank nach
einem Fahrzeughalter jüdischen Ursprungs untersuchen.
Kowalski
sah ihn einen Moment lang entgeistert an.
„Na,
wenn es sich um einen KZ-Überlebenden oder dessen nachfahren handelt, habe wir
da doch die größten Chancen“, fügte er an als er Kowalskis Blick bemerkte.
„Sind
sie wahnsinnig? Wissen sie was die Presse mit uns macht, wenn die Wind davon
bekommt, dass wir nach einem Täter innerhalb der Reihen jüdischer Minderheiten
suchen? Da haben wir gleich den Stempel „Diskriminierung von Minderheiten“ am
Hals.“
„Ach
und Mehrheiten dürfen diskriminiert werden“, fragte Weitzeger zynisch.
„Der
Zentralrat der Juden sitzt uns wie das kollektive schlechte Gewissen der
Deutschen im Nacken. Wenn wir da ohne eindeutige Verdachtsmomente gegen
Immigranten ermitteln, sind wir nicht nur unseren Fall sondern auch unseren Job
los.“
„Wie
sollen wir denn zu Erkenntnissen kommen, wenn wir nicht uneingeschränkt
ermitteln dürfen?“
„Seit
wann dürfen deutsche Ermittler den Uneingeschränkt ermitteln? Wenn ich einen
Durchsuchungsbefehl will, brauch ich zwei Tage im Eilverfahren. Ansonsten eine
Woche. Bis dahin hab ich eine Leiche sachgemäß zerlegt und entsorgt.“
„Eben:
Es gibt schon genug gesetzliche Einschränkungen, deswegen sollten wir uns nicht
auch noch durch moralische Einschränkungen von unserer Arbeit abhalten lassen.“
„So
läuft das nicht.“
Weitzeger
lehnte sich enttäuscht zurück.
„Ich
habe sie überschätzt, Kommissar. Sie kamen mir von Anfang an wie jemand vor,
der niemandem mehr Rechenschaft schuldigt, als er muss und jetzt machen sie
einen Rückzieher?...Wollen sie nicht wissen, was mit Nadja Stegner passiert
ist?“
Jetzt
hatte er ihn. Verdammt, sie mussten fortfahren. Mussten es probieren. Mussten
es riskieren.
„Also
gut. Wie sollen wir vorgehen?“
Er tat
es schon wieder! Er fragte seinen jungen Kollegen, wie sie vorgehen sollten.
„Gibt
es die Möglichkeit, im System bei den Fahrzeughaltern nach jüdischen
Immigranten zu suchen.“
„Gibt
es, aber das bringt uns nicht weiter. Es kann genauso gut ein Deutscher mit
jüdischem Hintergrund sein. Nicht alle deutschen Immigranten haben eine
doppelte Staatsbürgerschaft.“
„Dann
lassen sie uns nach jüdischen Nachnamen suchen.“
„Weitzeger“,
sagte Kowalski, weniger bösartig, denn leicht genervt. „Wie soll das denn aussehen?
Glauben sie es gibt eine Patentformel für Nachnamen? Sie überschätzen die
intuitive Intelligenz eines Computersystems. Sie können in die Suchmaske nicht
eingeben: Bitte Namen anzeigen, die irgendwie jüdisch klingen.“
„Dann
lassen sie uns Namen ausfiltern, die irgendwie nicht jüdisch klingen.“
„Mir
gefällt dass alles nicht, Weitzeger. Es kann doch auch ein Deutscher sein, der
als Regimegegner in Haft genommen wurde.“
„Also
brauchen wir eine Liste mit allen KZ-Insassen und gleichen sie mit den
Fahrzeughaltern ab.“
„Es
gibt keine vollständige Liste aller KZ-Insassen. Solche Informationen wurden in
den letzten Tagen des 3. Reiches zerstört.“
„Dann
eine Liste der Überlebenden. Die Alliierten haben doch sicherlich eine
Erfassung gemacht.“
„Vielleicht.
Vielleicht nicht. Ich weiß es nicht.“
„Wir
können doch beim Zentralrat der Juden nachfragen, ob...“
„Sind
sie wahnsinnig?“, brüllte ihn Kowalski an. „Sie gehen doch auch nicht in den
Bioladen und fragen, ob sie ein Produkt haben, das die EU-Grenzwerte für
biologische Güter überschreitet.“
„Ok
ok, also was machen wir dann?“
Wie
Kowalski befürchtet hatte, gab es keine nachweisbaren Verbindungen zwischen den
Großeltern der verschwundenen Kinder. Unabhängig davon stellte sich heraus,
dass ihre Suche einfacher war
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