TodesReich/Todesengel (German Edition)
würden sie sich auch auf mich
verlassen können wollen.“
„Hören
sie, ich bin zu Müde und zu betrunken, um ihren verschachtelten Satzbauwerken
folgen zu können.
„Das waren
nur zwei aufeinanderfolgende Verben, kein Grund zur Panik“, sagte Weitzeger und
musterte seinen Vorgesetzten kurz.
„Sind
sie verheiratet?“ fragte er schließlich.
„Wieso?
Wollen sie mir einen Antrag machen?“ entgegnete Kowalski schnoddrig bevor er
mit einem Zug sein restliches Bier leerte. „Ich muss jetzt los“, sagte er.
„Zuhause wartet mein Harem auf mich. Zehn Frauen zu beglücken, ist keine
einfache Sache.“
Zu
seinem Glück, blieb Weitzeger noch einen Moment sitzen. Nicht, dass der auch
noch herausfand, wo er wohnte. Wenn er es nicht schon längst wusste.
Am
nächsten Morgen bemühte er sich nicht, vor Weitzeger auf der Arbeit zu sein. Er
hatte wohl keine Chance. Außerdem war sein Chef auf Tagung, also niemand da,
der ihm auf die Finger blickte.
Als er
das Büro betrat, war er überrascht, dass Weitzeger nicht an seinem Schreibtisch
saß. Offensichtlich war Mister Perfekt doch nicht so makellos. Doch als er sich
gesetzt hatte, lehnte sich von hinten jemand über seinen Schreibtisch und
stellte ihn einen Becher auf die Tischplatte. Nur das machte den Anblick und
die Stimme von Steffen Weitzeger erträglich.
„Schauen
sie mal, Inspektor.“
Er
hasste es, wenn dieser Bursche ihn so nannte. Er war kein Inspektor, sondern
ein Kommissar. Hauptkommissar um genau zu sein. Und dieser Junge täte gut
daran, ihn so zu nennen. Hätte er in seiner Ausbildung seinen Vorgesetzten so
genannt, man hätte ihn erschossen oder als Verkehrspolizist eingesetzt, was
noch schlimmer war.
„Der
Großvater von Nadja Stegner war SS-Offizier. Von 1943 bis 45 Aufseher in
Buchenwald. Der Großvater von Sven Janson, das ist der Junge, der in Moers
vermisst wird.“ Was für eine Anmaßung, zu glauben, er wüsste nicht den Namen
des Jungen, auch wenn sein Verschwinden wahrscheinlich gar nichts mit ihrem
Fall zu tun hatte.
„Sein
Großvater war ein Schreibtischtäter“, fuhr Weitzeger fort. „Galt als Architekt
für den Aufbau des Konzentrationslagers Ravensbrück. Und der Großvater der
beiden vermissten Jungen in Dachau war Lagerkommandant...im KZ Dachau.“
„Das
kann Zufall sein“, sagte Kowalski barsch, um Weitzeger den Wind aus den Segeln
zu nehmen, dessen Stimme einen leicht süffisanten Klang angenommen hatte.
„ Kann Zufall sein.“
Ja.
Der Junge hatte ja Recht. Wenn es drei Parallelen bei drei Fällen gab, nahm man
es ernst. Ohnehin war jedes Indiz von Bedeutung.
„Also
gut“, lenkte Kowalski ein. „Wir fahren noch mal nach Moers.“
„Was
sollen wir in Moers?“ fragte Weitzeger erstaunt.
„Mehr
Licht in die Sache bringen...Den Fall Sven Janson aufklären.“
„Da
kommen wir doch nicht weiter. Wir müssen nach Dachau!“
„Nach
Dachau!!? Sind sie irre?!“ fuhr ihn Kowalski an. „Das sind 600 Kilometer.
Denken sie, die fahren wir mal so einfach ab und am Abend wieder zurück.“
„Die
andere Spur, die wir verfolgen können, sind die 2500 schwarzen Lieferwagen.“
Ja
verdammt. Der Junge hatte Recht. Sie hatten nur diese zwei Möglichkeiten und
für die Fahrzeuge müssten sie zuerst quer durch Deutschland und dann quer durch
das europäische Ausland. Dagegen war Dachau ein Spaziergang.
Sie
müssten zunächst mit der Polizei vor Ort abklären, was diese bereits herausgefunden
hatten und sich eine prophylaktische Erlaubnis einholen, in ihrem Hoheitsgebiet
Vernehmungen vorzunehmen. Vielleicht konnten sie sich die Fahrt ja auch sparen.
Kowalski
blickte auf seine Chronometerarmbanduhr, die ihm seine Frau zum 25.
Hochzeitstag geschenkt hatte. Neun Uhr. Bis 13 Uhr konnten sie in Dachau sein.
Er
rief bei den Kollegen vor Ort an.
„Kowalski.
Kripo Bochum. Wir haben den Fall eines vermissten Mädchens und sehen einen
möglichen Zusammenhang mit den beiden verschwundenen Jungen Peter und Michael
Keiler. Würden sie uns ihre Ermittlungsergebnisse zur Verfügung stellen?
„Gerne“,
sagte der Sprecher am anderen Ende der Leitung, der sich als Kommissar Ullrich
vorgestellt hatte. „Wenn sie uns ihren Ermittlungsstand offenbaren.“
„Ehrlich
gesagt“, sagte Kowalski ehrlich. „Haben wir nichts. Ein verschwundenes Mädchen.
Keinerlei Zeugen.“
„Viel
mehr haben wir ihnen auch nicht zu bieten. Ein schwarzer Van. Die eigentliche
Entführung wurde nicht beobachtet. Ein Zeuge hat die beiden
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