Todesreigen
allem.«
»Ich weiß es nicht genau. Ungefähr elf Millionen.«
Harry nickte. »Und das ganze Geld gehört ihr, stimmt’s?«
Peter runzelte die Stirn. »Worauf wollen Sie hinaus?«
»Ich will darauf hinaus, ob Sie das gesamte Geld bekommen, wenn Patsy den Verstand verliert oder sich umbringt?«
»Scheren Sie sich zum Teufel!«, brüllte Randolph und sprang auf. Einen Moment lang glaubte Harry, der Mann würde ihn schlagen. Stattdessen zog er seine Geldbörse aus der Hosentasche, nahm eine Karte heraus und warf sie auf Harrys Schreibtisch. »Das ist unser Anwalt. Rufen Sie ihn an, und fragen Sie ihn nach unserem Ehevertrag. Wenn Patricia für unzurechnungsfähig erklärt wird oder stirbt, fließt das Geld in eine Stiftung. Ich bekomme keinen Penny.«
Harry schob die Karte zu ihm zurück.
»Das wird nicht nötig sein… Es tut mir Leid, wenn ich Ihre Gefühle verletzt habe«, sagte er. »Die Sorge um meine Patientin steht über allem anderen. Ich musste mich vergewissern, dass Sie kein Motiv haben, Ihr etwas anzutun.«
Randolph zog seine Manschetten zurecht und knöpfte das Jackett zu. »Akzeptiert.«
Harry nickte und musterte Peter Randolph aufmerksam. Eine Grundvoraussetzung für die Arbeit als Therapeut besteht in der Fähigkeit, den Charakter eines Menschen schnell einschätzen zu können. Er versuchte nun, aus diesem Mann schlau zu werden, und kam zu einem Entschluss. »Ich möchte mit Patsy etwas Radikales versuchen, für das ich Ihre Hilfe brauche.«
»Radikal? Wollen Sie sie etwa in eine Anstalt einweisen?«
»Nein, das wäre das Schlimmste für sie. Wenn Patienten solche Phasen durchmachen, darf man sie nicht allzu sehr umsorgen. Man muss hart sein. Und
sie
zwingen, hart zu sein.«
»Was heißt das im Klartext?«
»Verhalten Sie sich ihr gegenüber nicht feindselig, aber zwingen Sie sie dazu, ihr Leben weiterzuführen. Sie wird sich zurückziehen und verhätschelt werden wollen. Aber Sie dürfen sie nicht verwöhnen. Wenn sie sagt, sie ist zu durcheinander, um Einkäufe zu machen oder zum Essen auszugehen, dann lassen Sie sie nicht damit durchkommen. Bestehen Sie darauf, dass sie ihre Verabredungen einhält.«
»Sind Sie sicher, dass das der beste Weg ist?«
Sicher?, fragte Harry sich. Nein, er war überhaupt nicht sicher. Aber er hatte eine Entscheidung getroffen. Er musste Patsy kräftig anschieben. »Wir haben keine andere Wahl«, erklärte er Peter.
Doch nachdem der Mann seine Praxis verlassen hatte, erinnerte Harry sich an einen Ausspruch, den einer seiner Medizinprofessoren häufig verwendet hatte. Er hatte gesagt, man müsse die Krankheit frontal angehen. »
Sie müssen töten oder heilen.«
Harry hatte jahrelang nicht mehr an diesen Ausspruch gedacht. Und er wünschte, er hätte es auch heute nicht getan.
Am nächsten Tag erschien Patsy ohne Termin in seiner Praxis.
In Brooklyn, in der Klinik, war dies der Normalfall, bei dem sich niemand etwas dachte. Aber in der Praxis eines Park-Avenue-Seelenklempners waren Spontansitzungen tabu. Trotzdem konnte Harry ihr vom Gesicht ablesen, dass sie ziemlich durcheinander war. Also machte er kein großes Thema aus ihrem unerwarteten Auftauchen.
Als er aufstand, um die Tür zu schließen, ließ sie sich auf die Couch sinken und schlang die Arme um ihren Körper.
»Patsy, was ist los?«, fragte er.
Er registrierte, dass er ihr Äußeres noch nie so ramponiert gesehen hatte. Ihre Kleider waren verschmutzt und zerrissen, ihr Haar ungepflegt, ihre Fingernägel schmutzig.
»Alles lief so gut«, schluchzte sie. »Bis ich heute Morgen im Arbeitszimmer saß und wieder den Geist meines Vaters hörte. Er sagte: ›Sie sind bald hier. Du hast nicht mehr viel Zeit…‹ Und ich fragte: ›Was meinst du überhaupt?‹ Und er: ›Schau ins Wohnzimmer.‹ Das habe ich getan, und da lag wieder einer von meinen Vögeln! Er war zerbrochen!« Sie öffnete ihre Handtasche und zeigte Harry die einzelnen Scherben.
»Jetzt ist nur noch einer übrig! Ich werde sterben, wenn er kaputtgeht. Das weiß ich. Peter wird ihn heute Nacht zerstören! Und dann wird er mich umbringen.«
»Er wird Sie nicht umbringen, Patsy«, erklärte Harry ruhig und ignorierte geduldig ihre Hysterie.
»Ich glaube, ich sollte für eine Weile ins Krankenhaus gehen, Doktor.«
Harry stand auf, setzte sich neben sie auf die Couch und ergriff ihre Hand. »Nein.«
»Was?«
»Das wäre ein Fehler«, sagte Harry.
»Warum?«, fragte sie weinend.
»Weil Sie sich vor diesen Themen nicht
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