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Todesreigen

Titel: Todesreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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unterwegs, um Zigaretten zu holen. Aber ich habe herausgefunden, wie er es gemacht hat. Er muss irgendwo einen Lautsprecher und einen Kassettenrecorder installiert haben. Oder vielleicht sogar ein Walkie-Talkie…« Ihre Stimme wurde dünner. »Peter ist ein guter Imitator, verstehen Sie. Er macht andere Leute nach. Er könnte problemlos
alle
Stimmen imitiert haben.«
    »
Alle
Stimmen?«
    Sie räusperte sich. »Diesmal sind noch andere Geister aufgetaucht.«
    Ihre Stimme bekam etwas Manisches. »Mein Großvater. Meine Mutter. Und noch andere. Ich weiß nicht mal, wer.« Patsy starrte ihn einen Moment lang an, dann schlug sie die Augen nieder und spielte mit dem Verschluss ihrer Handtasche. Schließlich warf sie einen Blick in die Tasche und nahm Puderdose und Lippenstift heraus. Sie starrte beides kurz an, dann steckte sie es wieder ein. Ihre Hände zitterten.
    Harry wartete eine Weile. »Patsy… ich möchte Sie etwas fragen.«
    »Sie können mich alles fragen, Doktor.«
    »Nehmen Sie nur einmal an – bloß theoretisch –, dass Peter nicht versucht hat, Ihnen diese Geister vorzuspielen. Wo könnten sie sonst noch herkommen?«
    »Sie glauben mir kein einziges Wort, stimmt’s?«, fuhr sie ihn an.
    Die schwierigste Aufgabe eines Therapeuten besteht darin, den Patienten klar zu vermitteln, dass man auf ihrer Seite steht, während man gleichzeitig versucht, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Mit ruhiger Stimme erklärte er: »Es ist auf jeden Fall möglich… das, was Sie über Ihren Mann sagen. Aber lassen Sie es uns einen Moment zur Seite schieben und einfach einmal annehmen, dass es einen anderen Grund für die Stimmen gibt.«
    »Nämlich?«
    »Dass Sie etwas gehört haben… vielleicht Ihren Mann, der gerade telefoniert hat, vielleicht den Fernseher oder das Radio. Jedenfalls nichts, das mit Geistern zu tun hat. Sie könnten Ihre eigenen Gedanken in das hineinprojiziert haben, was Sie gehört haben.«
    »Sie sagen, es spielt sich alles bloß in meinem Kopf ab?«
    »Ich sage, dass die Worte sich möglicherweise in Ihrem eigenen Unterbewussten geformt haben. Was halten Sie davon?«
    Sie dachte einen Moment nach. »Ich weiß nicht… Es könnte sein. Ich glaube, es klingt plausibel.«
    Harry lächelte. »Gut, Patsy. Das zuzugeben, ist ein guter erster Schritt.«
    Sie wirkte zufrieden wie eine Schülerin, die vom Lehrer eine Auszeichnung erhalten hat.
    Dann wurde der Ton des Psychiaters ernst: »Nun, eines ist wichtig: Wenn die Stimmen sagen, Sie sollten sich etwas antun… dann dürfen Sie auf keinen Fall darauf hören. Ist das klar?«
    »Sicher.« Sie lächelte ihn tapfer an. »Das würde ich niemals tun.«
    »Gut.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Ich sehe, dass unsere Zeit beinahe um ist, Patsy. Ich möchte, dass Sie etwas tun. Ich möchte, dass Sie ein Tagebuch darüber führen, was die Stimmen zu Ihnen sagen.«
    »Ein Tagebuch? In Ordnung.«
    »Schreiben Sie alles auf, was die Stimmen sagen. Dann können wir es gemeinsam besprechen.«
    Sie stand auf und wandte sich ihm direkt zu. »Vielleicht sollte ich einen der Geister bitten, zu einer Sitzung mitzukommen… Aber dann würden Sie das doppelte Honorar berechnen, oder?«
    Er lachte. »Bis nächste Woche.«
    Um drei Uhr früh am nächsten Tag wurde Harry von einem Anruf geweckt.
    »Dr. Bernstein?«
    »Ja.«
    »Hier Officer Kavanaugh von der Polizei.«
    Er setzte sich auf und versuchte, seine Schläfrigkeit abzuschütteln. Unwillkürlich dachte er an Herb, einen Patienten aus der Klinik in Brooklyn. Der arme Mann, ein völlig harmloser Kerl mit leichter Schizophrenie, wurde wegen seines schroffen, bedrohlich wirkenden Auftretens ständig verprügelt.
    Aber das war nicht der Grund für den Anruf.
    »Sie sind der Psychiater von Mrs. Patricia Randolph. Ist das richtig?«
    Sein Herz schlug heftig. »Ja, der bin ich. Ist alles in Ordnung mit ihr?«
    »Wir haben einen Anruf erhalten… Wir haben sie auf der Straße vor ihrer Wohnung gefunden. Niemand ist verletzt, aber sie reagiert ein bisschen hysterisch.«
    »Ich bin gleich da.«
    Als er am zehn Blocks entfernten Apartmenthaus der Randolphs eintraf, fand Harry Patsy und ihren Mann in der Eingangshalle. Ein uniformierter Polizist stand bei ihnen.
    Harry wusste, dass die Randolphs wohlhabend waren. Trotzdem entpuppte sich das Gebäude als deutlich geschmackvoller, als er es sich vorgestellt hatte. Es war eines der luxuriösen Hochhäuser, die Donald Trump in den Achtzigern gebaut hatte. In der
Times
hatte Harry

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