Todesriff
Michelangelo‘: ganz in seiner einzigen Lebensaufgabe aufzugehen, seinem eigenen Schaffen. Die so genannte fixe Idee, Leidenschaft, große Liebe oder auch abgründiger Hass, Rache. Sowohl das eine als auch das andere führt zum Tod einer ‚normalen‘ Existenz ...” Er lachte. “Aber was ist schon normal? Nennen wir es lieber durchschnittlich.”
„
Larry
?” Seine Nachbarin stieß ihm mit dem Ellbogen sanft in die Seite. “Wie findest du dieses Kleid?” Sie zeigte auf eine Abbildung in der Zeitschrift. „ Genau so was habe ich mir vorgestellt.”
Larry
beugte sich lächelnd zu ihr. Shane atmete auf. Er war sicher, dass Larry noch immer das Riff mit den bunten Fischen und Korallen vor sich sah.
9
Pünktlich um achtzehn Uhr fünfundzwanzig landete die Maschine. Die Stewardess schenkte ihm ein letztes Lächeln. Als er sein Handgepäck aus dem oberen Fach nahm,
sagte
sein Nachbar leise zu ihm :
„ Da unten inmitten der schillernden Unterwasserwelt tobt ein erbarmungsloser Kampf ums Überleben - jeder Jäger ist auch ein Gejagter ...”
„Larry, nicht nur da unten, glauben Sie mir“, sagte Shane und sah zu, dass er sich beim Hinausgehen rasch von
Larry
entfernte. Er war sicher, Larry hätte ihn in eine stundenlange Diskussion verwickelt.
Die feuchte Luft in den Ausgangsröhren nahm ihm den Atem. Innerhalb von Sekunden hatte sich auf seiner Haut ein Schweißfilm gebildet. Die Kleidung klebte ihm am Körper
und
sein Kopf begann zu dröhnen
.
Verbotsschilder, Androhungen von Geldstrafen: Wegen der Verbreitung der Papayafliege durfte
kein Obst und Gemüse ein
ge
führ
t werd
en.
Wie ein Schwarm hungriger Fische drängten sich die Wartenden an der Absperrung. Mitten unter ihnen erkannte er Ki m in einem zitronengelben, ärmellosen Kleid. Dass sie lächelte, erleichterte ihn.
“Dad!” Die junge Frau neben Kim, sogar ein wenig größer als sie, schlüpfte unter dem Geländer durch und schlang ihm die Arme um den Hals. Sie roch nach Meer und Salz. Die Sonne hatte ihre Haut golden getönt. Sie trug Shorts , und ihr dunkles, glattes Haar wehte n ihr die Ventilatoren in die Stirn. Pam strahlte.
„ Ich dachte , du hast aufgehört zu trinken“, bemerkte Kim nachdem er sie dummerweise auf die Wange geküsst hatte.
„He, Kim, fangen wir nicht damit an, ja?“
Sie zuckte die Schultern. War sie schon immer so mager gewesen? Sie ging dreimal die Woche ins Fitnessstudio, hatte sie ihm einmal erzählt. Daran erinnerte er sich jetzt.
„Dad!” Pamela strahlte ihn an. „ Du musst unbedingt zum Tauchen mitkommen! Es ist gigantisch!” Sie hatte sich bei ihm eingehängt und folgte ihrer Mutter, die mit
schnellen
Schritten voraus durch die Halle zum Parkplatz
ging
.
„
Ich glaube,
Tauchen ist nichts für mich”,
meint
e er
.
„ Sie hat sich mehr auf dich gefreut als auf den Urlaub”, sagte Kim zu ihm und öffnete die Ladeklappe des gemieteten Civics.
„
Stört dich das
?”, knurrte er und stellte seine Tasche hinein.
„ Nein. Ich will nur nicht, dass du sie enttäuschst.”
Mit einem Knall warf sie die Heckklappe zu.
Auf der Fahrt plauderte Pam vom Tauchen und von ihren Tenniserfolgen, während Kim sich schweigend auf die Straße konzentrierte, was ihm ganz recht war, denn Kim war schon immer eine miserable Fahrerin gewesen. Er betrachtete die dicht bewaldete Bergkette, die gelblich grün en Zuckerrohrfelder, die im Wind wogten. Das Blauorange des Abendhimmels war p ostkartengleich.
I
m neunzehnten Jahrhundert , hatte er im Flugzeug-Magazin gelesen,
baute man
eine Eisenbahnlinie von Cairns in den Westen, zu den Goldfeldern am Palmer - und Hodgkinson River
.
Jetzt gab es hier überall flache Gebäude, Firmenhallen und Motels. Je näher sie der City kamen, desto enger drängten sich Internet-Cafés, Reisebüros, Autovermietungen, C
offeeshops
, Motels und Restaurants. Vor allem junge Touristen mit Rucksäcken und Shorts sah man hier und Pamela redete von Ozonlöchern, Korallenbleiche und davon, dass sie sie beide heute zum Shrimpsessen ins Big Crab einladen würde.
Kim bog in e ine Seitenstraße der Esplanade ein. Hier reihte sich e in Motel an das andere. Manche warben mit special rates , mit besonderen Preisen für Gäste, die länger bleiben wollten, oder mit Family Rooms oder wandten sich gleich an preisbewusste Rucksacktouristen. Sie parkte vor einem Motel, auf dessen flackerndem Neonschild neben einer gebogenen Palme der Name “Pacific Inn” mit vier Sternen prangte.
„Eine
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