Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesriff

Todesriff

Titel: Todesriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
Vom Netzwerk:
immer dieser Tote ist - eines ist klar: Es ist nicht mein Bruder Andrew.”

33
    In fünf Kilometern eine Tankstelle. Auf der Tankuhr sah er, dass er noch Benzin für
ungefähr
achtzig Kilometer hatte. Besser, er tankte. Außerdem
hatte
er Hunger. Am Morgen hatte er sich im Motel nur einen Tee aufgebrüht. Er trat auf die Bremse und steuerte den Wagen in die Einfahrt der Tankstelle.
    Als er den Motor ausschaltete und die Tür öffnete, fühlte er sich von der Stille regelrecht überfallen. Genauso still wie dort. Nein, die Stille hatte sich dort anders angefühlt, hatte etwas Heimtückisches gehabt, sie flirrte und vibrierte, zwang zur Wachsamkeit, drohte mit der Katastrophe.
    „ Voll, Sir ?” Die Stimme des Tankwarts ließ ihn herumfahren.
    Er nickte.
    „ Wohin soll es denn gehen?” Der unrasierte junge Mann mit den hellen, unbekümmerten Augen schraubte den Tankverschluss ab.
    „ Weiter nach Norden.”
    „ Tourist?”, fragte der junge Mann weiter.
    „ Ja.” Er hatte die Fragen satt. Konnte sie nicht mehr ertragen, die Sorglosigkeit und Ziellosigkeit der anderen. Wie würde dieser freundliche Junge wohl reagieren, wenn er ihm die Wahrheit sagen würde?
    „ Woher kommen Sie?”, erkundigte sich der Tankwart nun.
    Warum konnte der Typ nicht einfach seine Arbeit verrichten und die Klappe halten? Si e waren schrecklich neugierig , die Australier.
    „Niederlande.“
    „ Ah
a
.” Der Tankwart hängte den Schlauch wieder an die Säule, kassierte und wünschte ihm mit einem Griff an die Baseballkappe eine gute Fahrt und eine schöne Zeit in Australien.
    Er atmete auf, als er zurück auf die Straße rollte.
    Never touch the Green, hieß die oberste Regel, wenn sie mit dem Jeep unterwegs waren: Lauf nicht ins Gelände, auch nicht, wenn du pinkeln musst. Dreißigtausend nicht explodierter Splitter-Bomben liegen dort rum . Die Streubombe CBU 87/B enthält allein bis zu zweihundert Bombletts in einer Metallhülle. Dazu Blindgänger, Sprengfallen und mehr als achthundert Minenfelder. Er hatte Angst bekommen vor der Landschaft, dem Gras, der Erde, vor Steinen, Geröll. Nachts träumte er, auf einer Eisfläche zu stehen, die auseinander brach, und er sich auf immer kleiner werdende Eisschollen retten musste, während ein eiskalter Strom die Schollen auseinander riss.

34
    Sally
Barber schwitzte als sie berichtete, dass ihr Bruder, Andrew Barber, vor Jahren nach Longreach gegangen sei und dort auf einer Farm gearbeitet habe. Sie sprach langsam und schwer atmend
.
Er hätte ihr statt Kaffee Tamaras Grünen Tee anbieten sollen, dachte
Shane
.
    „ Er kam noch nicht mal zur Beerdigung unserer Eltern letztes Jahr. Hat sich sein Erbe einfach aufs Konto überweisen lassen.” Sie schnüffelte und wischte sich über die Augen. „Naja, e s waren ja auch nur fünftausend Dollar für jeden von uns.”
    „ Aber wo lebt er
denn
jetzt?” Shane lehnte am Schreibtisch und sah sie ungeduldig an.
    Ihr Doppelkinn zitterte.
    „I ch weiß es nicht, ich hab ihn danach nicht mehr gesprochen. Erst heute hab ich wieder auf der Farm angerufen. Aber da hat er wohl gleich, nachdem er das Erbe auf seinem Konto hatte, gekündigt.” Sie brach
in Tränen aus. Der Ausbruch kam unerwartet und wirkte übertrieben. „ Ich hätte mich mehr kümmern sollen, ich war doch die Ältere von uns beiden!
“ sagte sie schluchzend.
„ Wer weiß, vielleicht ist er schon längst nicht mehr am L eben und liegt woanders begraben ... Jetzt hab ich niemanden mehr
...

Alles weitere ging
in
jammervollem Schluchzen unter
.
Tamara
gab ihr ein Taschentuch
und versuchte, sie zu trösten. Shane wandte sich ab. Dieser Gefühlsausbruch kam ihm unecht vor.

    Beim anschließenden Besuch in der Gerichtsmedizin bestätigte
Sally
Barber ihre Aussage. Als Howard die Leiche aufdeckte, schüttelte sie
energisch
den Kopf und wiederholte mehrmals, dass es sich bei dem Toten ganz sicher nicht um ihren Bruder Andrew handele, obwohl vom Gesicht her eine gewisse Ähnlichkeit vorhanden sei.
    „ Was macht Sie so sicher? Sie haben ihn doch jahrelang nicht gesehen”, wollte Shane wissen.
    Sally
Barber
warf ih
m
einen
verächtlichen Blick
zu
, holte Luft und begann,
im
schleppenden Tonfall zu erzählen:
    „ Als Kinder waren wir oben bei unserem Onkel in Darwin. Er arbeitete dort in einer der Zinnminen. Mein Gott, was für ein harter Job!” Für einen Moment schien sie sich in Erinnerungen zu verlieren. „ Immer die Arbeit mit den dröhnenden Maschinen,

Weitere Kostenlose Bücher