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Todesriff

Todesriff

Titel: Todesriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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die ihm zu laut erschienen waren, an Bottleshops, an Läden für Fischerei- und Campingausrüstung, an Cafés, Restaurants, Bäckereien, Lebensmitt elläden. Als er den Schriftzug Coles las, fiel ihm ein, dass er noch ein paar Kleinigkeiten einkaufen musste: Kopfschmerztabletten, Obst, etwas zu trinken und ein paar Kekse für die weitere Fahrt. In der festen Überzeugung, in spätestens einer halben Stunde wieder am Auto zu sein, bog er auf den großen Parkplatz ein und stellte den Wagen ab.
    Er betrat die Mall, in der nicht nur Coles , sondern auch Woolworth sowie Blumen-, Schuh-, Geschirr-, Sport- und Zeitungsläden untergebracht waren, schlenderte ein wenig herum und warf einen Blick auf die Titelseiten der Zeitungen, die nichts Neues über die Morde berichteten, zog am Automaten der National Bank vierhundert Australische Dollar, trank im Stehen einen Kaffee und ging dann in Richtung Coles .
    Gerade hatte er den Einkaufswagen durch die Eingangssperre geschoben, als er zwischen Kartoffel- und Karottenstand ein Gesicht entdeckte. Im Grunde war es nur ein Profil - ein Profil mit einer Hakennase, vorgeschobenem, kantigem Kinn, brauner Haut und dunkelbraunem, auffallend dichtem Haar
.
Der Mann suchte Tomaten aus, ließ die, die er ausgewählt hatte, in eine Tüte fallen, drehte sich um und schob den Wagen weiter.
    Sein Hals war plötzlich trocken, sein Kopf glühte und pochte, und seine Hände waren kalt und schwe ißnass. Er hatte rufen wollen: „ Halt, bleiben Sie stehen! Halt, Po lizei !” Aber er brachte kein Wort heraus, noch nicht einmal eine Floskel der Entschuldigung, als er einer Frau den Weg zum Kräuterregal verstellte.
    Jetzt fing alles wieder von vorne an! Der Schuss un d das warme Blut in seinem Mund ... Vor ihm lösten sich die anderen Menschen, die Regale, die Kassen, die Berge von Gemüse, die Fleisch- und Fischtheke auf, er sah nur noch diesen Hinterkopf, der sich körperlos im leeren, gleißend hellen Raum zu bewegen schien. Seine Schritte hallten, obwohl er den Boden nicht berührte. Welchen Boden? Es gab keinen Boden, keine Decke, keine Wände, alles war hell und weiß ... Er folgte dem Mann. Er musste es sein, er hatte dieselben O-Beine.
    Das Messer - er hatte es im Auto liegen gelassen! Aber wenn er es jetzt holen ginge, dann ... Doch was war das da drüben? Da! Messer, Küchenmesser, Küchenmesser ... Er griff sich ein langes, großes, folgte dem Mann, der mit seinem Wagen gerade in einen anderen Gang einbog.
    Der Mann fuhr an Tee und Kaffee vorbei, ohne etwas aus den Regalen zu nehmen; er betrachtete nur die Schachteln, Tüten und Gläser.

    Ich halte es nicht mehr aus, denkt er. Er will den Mann an der Schulter herumreißen, ihm ins Gesicht sehen, ihn packen, ihm das Messer in den Hals stoßen, doch stattdessen bleibt er am Anfang des Ganges stehen und wartet . Der Mann verschwindet in der nächsten Regalstraße.
    Er beschließt, ihm den Weg abzuschneiden, ihm am anderen Ende des nächsten Ganges zu erwarten. Er stellt sich neben die durchsichtige Plastikschwingtür zum Kühlraum für Milchprodukte. Von hier aus kann e r ihn beobachten .
    Schieß, schieß, schieß!, hört er noch, dann der Knall, der Schuss, der Sturz, das Schwarz, das Ende. Der Boden unter seinen Füßen gibt nach ...

    „ Haben Sie sich verletzt?”
    „ Mein Gott, lassen Sie doch mal das Messer los!”
    „ Um Himmels willen, er hätte sich
verletzen
können!”
    „Was ist denn hier los ?”
    „ Der Mann da ist zusammengeklappt. Vielleicht der Kreislauf. Haben Sie Kreislaufprobleme?”
    „ Ein Hirnschlag vielleicht! Wann kommen denn endlich die Sanitäter?”
    „Sir , können Sie aufstehen?”
    Stimmen schwirrten um ihn herum. Er starrte auf seine Beine, die da lagen, als gehörten sie nicht zu ihm. Er konnte sich gar nicht vorstellen, was er mit diesen leblosen Dingern anfangen sollte. Jemand packte ihn fest am Oberarm, hievte ihn hoch, legte ihn auf eine Trage. Er schloss die Augen, das Licht aus den hellen Lampen an der Decke schmerzte. Ein Mann im weißen Kittel beugte sich über ihn.
    „ Sie sind zusammengebrochen. War Ihnen schlecht?”
    Er nickte und versuchte zu lächeln.
    „ Ihr Kreislauf ist wieder stabil. Trotzdem sollten Sie jetzt nicht Auto fahren. Kann Sie jemand abholen?”
    „ Nein, aber ich laufe.”
    „ Woher kommen Sie?”, fragte der Arzt.
    „ Niederlande.”
    „ Machen Sie Urlaub in Australien? Wie lange bleiben Sie?”
    „ Eine Woche . Vielleicht.” Er setzte sich auf, griff nach

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