Todesriff
nicht gesehen und sie hat eine Scheißwut auf mich, weil ich sie schon wieder verlassen habe.“
„ Verständlich. Dann siehst du deine Exfrau auch nicht öfter?“
„Aber nein! Warum fragst du mich das alles?“
„Ich will was über meinen Partner wissen, ist doch normal! Warum hast du mich noch nie was Privates gefragt? Mit deinen anderen Kollegen redest du doch auch.“
„Ich weiß überhaupt nicht, was du willst. Wir kennen uns doch kaum!“
„Eben, deswegen reden wir ja miteinander, damit wir uns kennenlernen.“
Shane schnaufte. Warum konnte sie nicht einfach dasitzen und schweigen?
„ Gehörst du zu der Sorte, die sich nicht auf Menschen einlassen will?”, bohrte sie weiter.
Shane sah sie an. Nein, sie meinte es nicht ironisch.
„ Was sollte ich denn fragen?”
„O b ich verheiratet war oder bin, warum ich bei der Po lizei arbeite, ob ich Kinder habe oder Geschwister, wo ich wohne , was ich gern am Wochenende mache .. .” Sie verdrehte die Augen. „ All das, was man eben so fragt, wenn man zehn Stunden am Tag zusammen ist.”
Er wusste nicht, was er ihr darauf antworten sollte. Etwa, dass er sich vorgenommen hatte, nichts Näheres von ihr wissen zu wollen?
„ Bieg hier schon ab, da sparen wir uns zwei Am peln”, brummte er stattdessen. „ Al erwartet uns.”
31
Wasser leckte an Annabels Fuß. Als sie die Augen aufschlug, schien die Yacht doppelt so weit weg zu sein.
„ Die Flut ist schon da! Wir müssen weg! ” Sie löste sich aus Steves Umarmung. Ihr Blick fiel auf die rote Stelle an seinem Oberarm und als sie in seine Augen sah entdeckte sie dort etwas, das sie irritierte. Sie konnte es nicht benennen, aber sie hatte wieder dieses unbehagliche Gefühl sein wahres Gesicht nicht zu kennen.
Sie wollten gerade zum Boot zurückschwimmen, als Annabel rechts von sich an einer versteinerten Koralle etwas aufblitzen sah. Sie griff hinunter, bekam es zu fassen und zog es heraus. Es war eine Tauchkonsole, die zum Equipment der Explorer gehörte. Stammte sie von Pete de Vries? Hatten ihn hier in der Nähe die Haie zerfleischt?
Annabel nahm die Tauchkonsole mit. Sie fühlte sich erleichtert, als die Anemone wenig später an Fahrt gewann und die kleine Koralleninsel im Blau des Meeres verschwand, als hätte es sie nie gegeben.
Steves Augen wanderten über die Wasseroberfläche, die vom Wind leicht aufgeraut war.
„ Wir sollten fischen. Das scheint eine gute Gegend dafür zu sein.”
Obwohl sie selbst keine Lust zum Fischen hatte, stellte sie den Motor ab.
„Warum sagst du mir nicht, woher du die Verletzung hast?“, fing sie wieder an während er die Angelruten zusammensteckte. „Lass mich raten ... du warst im Gefängnis und hast dir eine peinliche Tätowierung wegmachen lassen, stimmt’s?“ Sie strich seinen Arm entlang. Da packte er plötzlich ihr Handgelenk, so fest, dass es weh tat, und sah ihr hart in die Augen. „Hör auf, mich mit Fragen zu löchern! Hast du verstanden?“
„Lass mich los“, sagte sie leise, „und fass mich nie wieder so an!“
Langsam ließ er ihr Handgelenk los .
Weit und breit konnte Annabel kein anderes Boot ausmachen, und die Insel hatten sie seit einer halben Stunde hinter sich gelassen. Auf einmal hatte die Stille etwas Bedrohliches.
Sie legte sich auf eine Liege unter dem Sonnensegel und versuchte sich über ihre Gefühle klar zu werden. Warum machte Steve ihr immer wieder Angst? Oder andersherum: warum ließ sie sich auf ihn ein, wenn sie immer wieder Angst vor ihm hatte? Sie sah zu ihm hinüber wie er nur mit den Bermudas bekleidet an der Reling stand.
Auf einmal drehte er schnell an der Kurbel, die Nylonleine straffte sich, wurde aufs Meer hinaus gezogen. Er kurbelte weiter, bis ein Fisch über der Wasseroberfläche zappelte. „Annabel!“ , rief er gutgelaunt und
löste
den Fisch vom Haken . „ Eine Brasse! Wiegt sicher ein Pfund!” Er lachte zu ihr herüber als wäre das vorhin gar nicht passiert.
Steve fing noch zwei weitere Fische und machte sich daran, sie zu schuppen und auszunehmen. Sie sah ihm dabei zu.
„ Manche behaupten, die Schuppen ließen sich leichter entfernen, wenn die Fische noch leben.” Steve griff in den Sack, in den er die Fische geworfen hatte, zog einen heraus und schlug ihn mit dem Kopf auf ein Kunststoffbrett. „ Aber ich finde, das ist Tierquälerei.” Er nahm ein Fischermesse r aus der Bordküche und begann, es mit der stumpfen Seite der langen, glatten Klinge entgegen der Schuppenrichtung zu
Weitere Kostenlose Bücher