Todesritual: Thriller (German Edition)
zurück zur Theke. Sie hatten hübsche Gesichter mit harter Miene und erotische, ebenso angespannte Körper und trugen Uniformen aus PVC-Stetsons in Pink, Grün oder Orange mit blinkenden Neon-Hutbändern, passende BHs und Stringtangas, dazu Stiefel und Chaps aus PVC mit Fransen und goldenem Glitter. Die Gäste schoben ihnen das Trinkgeld in die Tangas und BHs. Wagte sich eine Hand weiter vor, erntete sie einen bedrohlichen Blick von einem der zahlreichen Rausschmeißer, die im Laden unterwegs waren – breite Kerle in engen T-Shirts und Stiefeln mit Stahlkappe, die Pfefferspray und Messingtotschläger am Gürtel trugen.
Max und Benny durchquerten den Saal. Mehrere Frauen versuchten, mit Max Blickkontakt aufzunehmen. Manche tippten ihm auf die Schulter und fragten nach der Uhrzeit, baten um Feuer oder sagten einfach hola . Um Benny machten sie alle einen Bogen. Ein paar hielten sich die Nase zu, als er vorüberging.
Max schnappte sich eine Kellnerin und fragte sie, wo Señor Dallas zu finden sei. Ein Versuch ins Blaue. Einer der Texas-Playboys nannte sich Dallas. Die Kellnerin zuckte mit den Schultern und zeigte mit dem Finger nach oben. Als sie sah, dass er sie nicht verstand, führte sie Benny und ihn zu einem Durchgang zwischen zwei Tischen und zeigte auf die Treppe am Ende des Flurs. Max bedankte sich und hielt ihr einen Zwanzig-Peso-Schein hin. Sie warf einen verächtlichen Blick darauf und ging davon.
Oben sah es völlig anders aus. Die Titelmelodie von Rocky dröhnte aus den Lautsprechern, begleitet von einer Menschenmenge, die sich in der Mitte des Raumes um einen von drei grellweißen Scheinwerfern beleuchteten Boxring versammelt hatte.
Dort standen sich in Angriffsposition zwei Frauen gegenüber, oben ohne und in Stringtangas statt Shorts. Sie trugen knallrote Witz-Boxhandschuhe, die mehrere Nummern zu groß und weich wie Daunenkissen waren, und standen auf Rollerskates, sodass sie, unter den Augen einer Ringrichterin in glänzend schwarzem Catsuit, versuchen mussten, sich beim Boxen und Parieren auf den Beinen zu halten. Die Ringrichterin schob die beiden auseinander, wenn sie klammerten, und trieb sie zu mehr Angriffslust an, wenn sie zu weit auseinandergingen. Das Ganze war nicht sexy, sondern idiotisch, aber die drei nahmen ihre Sache ernst. Die Boxerinnen schwangen mit ernster Miene ihre Jabs, die Ringrichterin kniff konzentriert die Augen zusammen.
Keine von beiden landete einen richtigen Schlag. Sie umkreisten einander außer Reichweite, dann rollte eine mit einem Täuschungsmanöver vor. Max beobachtete voller Bewunderung, wie sie ausholen und gleichzeitig das Gleichgewicht halten konnten, ohne hinzufallen. Ihre perfekte Auge-Hand-Koordination, ihre Haltung und die Art, wie sie mit Hilfe der Rollerskates mehr Kraft in ihre Schläge legten, ließen Max vermuten, dass es sich um ausgebildete Tänzerinnen oder Turnerinnen handelte. Dem ausschließlich männlichen Publikum war das herzlich gleichgültig. Die Menge jubelte und grölte, wann immer eine Brust schwang oder Pobacken wackelten. Sie ließen Bier und Dollarscheine in den Ring regnen.
Max vermutete, dass er den Mann, den er suchte, hier nicht finden würde.
Benny und er stiegen die nächste Treppe hinauf.
Sie stießen eine schwere Doppeltür auf, die den Lärm von unten weitgehend dämpfte.
Sie fanden sich in einem überraschend eleganten, sogar geschmackvollen Raum mit roten Teppichen, Topfpflanzen, Holztischen und -stühlen, zwei brennenden Kerzenleuchtern und fast ohne Menschen wieder. Ganz hinten an der Wand saß, in ein leises Gespräch versunken, händchenhaltend ein Pärchen. An der Theke am anderen Ende des Raumes hockten drei Rausschmeißer und unterhielten sich mit dem Barmann.
Max ging zu ihnen.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte der Barmann. Er war stämmig und kahl rasiert. Um seinen Mund herum wuchs in Hufeisenform ein dicker schwarzer Schnauzbart, auf seinen Hals war in Schnörkelschrift ein Name tätowiert.
»Ist Señor Dallas hier?«
»Nein.«
»Und Señor Houston?«
»Nein.«
»Señor Austin?«
»Der kommt tagsüber nicht raus. Im Moment sind nur Arlington, Crawford und Plano da.«
»Crawford?« Max lächelte. In Crawford lag die Ranch von Präsident Bush. »Mit dem würde ich gern sprechen.«
»Worüber?«
»Geschäfte.«
»Was für Geschäfte?«
»Welche zum Geldverdienen.«
Der Barmann sah ihm eine Sekunde lang in die Augen, warf den Rausschmeißern einen Blick zu und schaute dann wieder zu Max.
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