Todesritual: Thriller (German Edition)
mögen Kuba nicht«, sagte Max.
Crawford stieß lachend eine Rauchwolke aus und drückte seine Zigarette aus. »Sie sind hier nicht in Kuba, ese . Falls es Ihnen entgangen sein sollte. Das hier, genau hier, ist Amerika. Amerikanisches Territorium. Genau wie Gitmo. Wie jede US-Botschaft. Hoheitliches Gebiet und so. Ein Zuhause fern von zu Hause und so weiter.«
»Versteh ich nicht.«
»Der Bärtige hat uns die Straße verkauft, schon vor Jahren. Sie gehört uns.«
»Blödsinn.«
»Die reine Wahrheit. In diesem Scheißland steht alles zum Verkauf. Die Kommunisten sahnen noch mal richtig ab, bevor sie das Zeitliche segnen.« Crawford zuckte mit den Achseln.
»Wann war das?«
»Keine Ahnung. Vor meiner Zeit. Und wen interessiert’s? Wollen Sie jetzt die Karte oder nicht?«
Max stand auf und ging durch den Raum, vorbei am Ausgang, vorbei an dem Pärchen. Zu seiner Linken sah er zwei Telefonzellen, schalldichte Holzkabinen mit Glasfenster und einem gepolsterten Stuhl für die Bequemlichkeit. Zwischen den beiden ein Geldautomat der Bank of America.
Als Max zurückkam, hatte Crawford sich einen Drink eingeschenkt und kippte soeben das Glas.
»Sie haben sich ganz schön Zeit gelassen, Kumpel.«
»Hab noch meine Mama angerufen.« Er zeigte Crawford das Geld. Crawford streckte die Hand aus. Max schüttelte den Kopf. »Erst die Ware, dann das Geld.«
Crawford lachte. »Okay. Bin in zehn Minuten wieder da.« Er stand auf, schob sich die Jeans runter und strich sich übers Hemd. »Sagen Sie mal, Ihr Freund da«, er zeigte auf Benny. »Sieht ziemlich fertig aus. Und stinken tut der auch. Für fünfhundert kann ich ihm Antibiotika besorgen.«
»Wenn Sie zum CVS rüberlaufen und ihm aus reiner Herzensgüte ein paar Medikamente besorgen wollen, gebe ich Ihnen gern ein Trinkgeld«, sagte Max.
»Im CVS gibt’s nur Gleitmittel und Kondome, Bruder. Ich kann ihm echten Armeestoff besorgen, den wir auch im Einsatz verwenden.«
»No.« Benny schüttelte den Kopf und starrte Crawford feindselig an.
»Auch noch auf Krawall gebürstet, der Kleine, wie?«
»Lassen Sie ihn in Ruhe«, sagte Max.
»Was ist mit seinem Gesicht passiert?«
»Hat sich beim Rasieren geschnitten.«
»Ja, klar. « Crawford drehte sich um und ging.
Max sah ihm nach, bis er in der Tür verschwand.
»Den mag ich nicht«, sagte Benny.
»Ich auch nicht.«
»Ich mag auch den Laden nicht.«
»Ich auch nicht.«
»Ist es so, Amerika, Meeyami?«
»Ich habe noch nie vorher Oben-ohne-Boxen gesehen, aber ich gehe auch nicht mehr so oft aus«, sagte Max. »Das hier ist nicht Amerika, Benny. Das hier ist ein Ort, an dem Arschlöcher landen, um zu sterben.«
Benny musste lachen und zuckte zusammen.
»Ich muss dir was sagen …«, fing Max an. »Ich habe Nacho angerufen. Gerade eben. Als ich das Geld geholt habe. Ich habe alles arrangiert. Du wirst Kuba morgen verlassen.«
Blinzelnd setzte Benny sich auf. Seine Augen wurden nicht klarer. Sie waren blutunterlaufen und glasig und hatten die Farbe von Kupfermünzen in flachem Rosenwasser. »Verstehe ich nicht.«
»Sobald wir hier fertig sind, fahren wir nach Cajobabo. Das ist zwei, drei Stunden von hier. Dort steigst du ins Boot. In 48 Stunden bist du in Amerika.«
»Du kommst nicht mit?«
»Nein.«
Benny schaute verwirrt drein.
»Aber Max … du musst mit mir kommen.«
»Ich habe Nacho versprochen, dafür zu sorgen, dass du auch wirklich gen Sonnenuntergang davonsegelst.« Ganz so war das Gespräch nicht verlaufen, aber das Letzte, was er Benny schuldig war, war die Wahrheit.
Benny zitterte und zog das T-Shirt enger um sich. Die Rückenlehne seines Stuhls glänzte vor Schweiß. Er fing an zu weinen. Am Anfang hielt Max die Schluchzer für noch heftigeres Zittern, aber dann liefen ihm die Tränen über die Wangen und klatschten auf den Tisch.
»Was ist los?«
Benny packte Max’ Arm, seine Finger waren eiskalt und stark.
»Ich danke dir, Max, für was du für mich tust. Seit ich dir begegnet bin, ist mein Leben gut. Alles ist gut geworden. Du bringst mir Glück.«
»Du musst echt ein beschissenes Leben hinter dir haben, wenn du das hier unter Glück verstehst«, sagte Max und befreite seinen Arm. »Außerdem habe ich überhaupt nichts für dich getan, Benny. Du bist einfach nur auf den rollenden Zug aufgesprungen. Und der nächste Halt ist für dich Endstation.«
Max suchte sein Taschentuch, konnte es aber nicht finden. Er schaute sich nach Servietten um, auf den Tischen und der Theke, sah aber
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