Todesritual: Thriller (German Edition)
seiner eigenen Medizin und noch ein bisschen mehr. Als er noch Polizist gewesen war, hatten sie regelmäßig Verdächtige zusammengeschlagen. Diese Praxis war erst eingestellt worden, nachdem er den Dienst quittiert hatte. Heutzutage waren sämtliche Verhörzimmer in Miami klimatisiert und wurden mit Kameras und Mikrofonen überwacht – alles offiziell und fürs Protokoll. Ein Verhör unterschied sich in Ton und Thema nur noch unwesentlich von einem etwas intensiveren Bewerbungsgespräch.
So viel Glück hatte er hier nicht.
Dies hier war noch ganz die alte Schule aus prähistorischen Zeiten, hier wurde die Wahrheit noch aus dir herausgeprügelt, bis du mit abgebrochenen Zähnen dein Geständnis stammelst und unten auf der Linie mit Blut unterschreibst. Dann schmeißen sie dich in den Kerker und werfen den Schlüssel weg. Adiós, Arschloch.
Sein rechtes Handgelenk war mit einer Handschelle an dem quadratischen Tisch aus Gusseisen festgemacht, der linke Fußknöchel an einen Ring im Fußboden gekettet. Auch der Stuhl bestand aus Gusseisen. Max konnte sich kaum bewegen, ohne dass ihm die Fesseln in die Haut schnitten und sich in Richtung Knochen vorarbeiteten. Sie hatten ihm die Schuhe und die Socken ausgezogen. Seine Füße stanken, aber wen kümmerte es? Der ganze Raum stank. Er hatte keine Fenster, dafür aber dicke Wände. Es stank nach altem Blut, Pisse und Schweiß, und es war so brütend heiß, dass er glaubte, den Geruch seines kochenden Fleisches wahrzunehmen. Sein Mund war trocken, seine Blase kurz vorm Platzen, und der Schweiß rann ihm vom Kopf den Rücken hinunter. Es kitzelte
Er wurde von einem jungen Mann bewacht, der neben der massiven Metalltür in der Ecke saß. Er hatte die kräftigen, behaarten Arme vor der Brust verschränkt, die Beine weit gespreizt und kaute Kaugummi, unter seinen Achseln wuchsen dunkle Halbmonde. Wann immer Max zu ihm sah, starrte er ihn an, distanziert und ausdruckslos. Die einzigen Geräusche, die zu hören waren, waren das Rumpeln im Magen dieses Mannes, sein flacher Atem, seine Schuhsohlen, die auf dem Fußboden quietschten, und manchmal, wenn er einen tieferen Atemzug nahm, das Klonkern seiner Waffe, die gegen den Stuhl schlug.
Max fragte sich, wie es Benny gehen mochte.
Als Rosa Cruz Max die Handschellen anlegte, unternahm Benny einen Fluchtversuch, aber er war so schwach, dass er lang hinschlug und nicht wieder hochkam. Cruz packte ihn beim Kragen und zerrte ihn zu ihrem Wagen, Max stieß sie mit der Pistole voran. Sie hatte auf der anderen Straßenseite geparkt und auf sie gewartet. Woher wusste sie, dass sie den Firedome fuhren? Er hatte sie nicht danach gefragt. Sie hatte sie beide auf die Rückbank verfrachtet, die von der Fahrerkabine durch ein Drahtgitter getrennt war.
Sie hatte über Funk Meldung gemacht und war dann mit Vollgas losgefahren. Hinter den Scheiben raste das Stadtzentrum vorüber. Dann waren sie in einem heruntergekommenen, langweiligen Vorort angelangt und hielten vor einer Reihe gesichtsloser Bürogebäude aus Beton. Nirgendwo gab es Schilder, nur an den Wänden festgeschraubte Nummern aus Metall und eine akkurate, rechteckige Rasenfläche vor jedem Gebäude.
Mehrere Personen verließen das Gebäude, als sie hineinmarschierten. Männer in Hemdsärmeln und mit Gürtelholster. Sie blieben stehen, um Cruz und ihren Fang zu inspizieren, insbesondere Benny, der den ganzen Weg taumelte und über seine Füße stolperte.
In einem klimatisierten Büro voller Schreibtische und Topfpflanzen und Männer und Frauen an Computern und Telefonen, die ausnahmslos eine Waffe trugen, hatte Cruz zuerst mit einem Mann und dann mit einer Frau geredet.
Dann waren sie fünf Treppen nach unten gestiegen, und mit jeder Stufe war es heißer geworden. Irgendwann erreichten sie ihr Ziel, einen Gang mit Zellen auf der einen und Verhörzimmern auf der anderen Seite. Cruz schubste sie an den Zellen vorbei, in denen abwechselnd Männer und Frauen zusammengepfercht waren, elende Gestalten, halbnackt und schmutzig, deren verängstigte Augen aus dem Dunkel herausspähten. Keiner gab einen Mucks von sich, praktisch alle hatten Prellungen und blutende Wunden. Eimer dienten als Toilette, es gab kein Licht und keine Betten.
Dann hatte sie Benny in einen und Max in den nächsten Raum geschubst.
Max’ Tür ließ sie offen stehen, während sie Benny an dem Metallmobiliar ankettete. Auf der anderen Seite des Ganges bemerkte Max einen Mann, der an die Gitterstäbe geklammert dastand
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