Todesritual: Thriller (German Edition)
Am Ende gründeten sie die Agentur gemeinsam. Max steuerte das Kapital für ein Büro bei. Sie nannten sich »Pétion-Mingus Ermittlungen«.
Mit der Detektei hatte Max Haiti etwas zurückgeben wollen, dem Land und den Menschen, die ihn reich gemacht hatten – und aus schmutzigem Geld sauberes machen. Das Geschäft lief nur langsam an, aber irgendwann kam die Kundschaft. Sie übernahmen jeden Auftrag, lösten Versicherungsfälle und suchten Vermisste. Jeden Fall brachten sie zu einem erfolgreichen Abschluss. Dann, im August 1999, überraschte Yolande Einbrecher in ihrer Wohnung und wurde erschossen. Sie erbeuteten Schmuck, Kreditkarten und Bargeld.
Max schloss die Detektei.
Im März des folgenden Jahres wurde er fünfzig. Joe schmiss eine Überraschungsparty für ihn. Sie gingen in einen Stripclub. Er fühlte sich ausgesprochen unwohl dort, bei so viel nackter Haut. Ihm wurde bewusst, dass er nun schon seit fünf Jahren trauerte. Er fing an, den überteuerten billigen Sekt zu trinken, der ihm direkt in den Kopf stieg. Er wurde gleich viel lockerer und lächelte sogar. Am Ende des Abends war er stockbesoffen und rauchte, ein Mädchen ließ ihren nackten Po über seinen Genitalien kreisen, und er wurde scharf wie ein Rasiermesser, sie fragte ihn, was willst du, und er sagte, ich will nur dich, Baby, nur dich. Sie einigten sich auf einen Preis.
Die Fünfzig machte ihm schwer zu schaffen. Er begriff, dass er nie wieder jung sein würde und dass ihm nur noch wenige Jahre blieben, das Leben zu genießen, bevor sein Körper nicht mehr mitmachte. Der Winter stand vor der Tür. Er wollte nicht noch mehr Grund zur Reue haben und die potenziell guten Zeiten ungenutzt verstreichen lassen. Er hatte viel Geld, er war noch immer gesund und halbwegs gutaussehend.
Und so tat er all das, was er eigentlich nicht mehr tun sollte, nun so viel wie möglich. Er rauchte weiter, in Maßen am Anfang, höchstens fünf bis sechs am Tag. Aber schon bald hatte er den Trost, den das Nikotin ihm schon früher gespendet hatte, und die Routine der Abhängigkeit neu für sich entdeckt: Da war etwas, das seinem ziellosen Leben Struktur gab. Und er fing wieder an zu trinken. Und den Frauen nachzujagen.
Dann verliebte er sich.
In Tameka Barber.
Oder »Hurrikan Tameka«, wie Joe sie später nennen sollte.
Sie lernten sich im Mai 2000 kennen. Sie arbeitete in seinem Fitnessstudio als Trainerin. Einen Meter achtzig groß, eine Göttin aus Ebenholz, sportlich, muskulös, schlank und schön. Er belegte ihre Bauchtraining-Kurse, um einen Vorwand zu haben, sie anzusprechen, er bemerkte das Tattoo auf ihrem Fußknöchel, eine rote Rose, und noch eine auf ihrer rechten Brust, wenn sie sich vorbeugte. Er mochte ihr anzügliches Lächeln und das Lachen, das damit einherging, ein wissendes, erdiges Lachen: drei Teile Sex, ein Teil Gefahr. Irgendwann lud er sie auf einen Drink ein, und sie kamen zusammen. Auf dem Papier sah es ganz gut aus: Sie war siebenunddreißig (auch wenn sie, dank ihres gesunden Lebenswandels, zehn Jahre jünger aussah). Auf der Straße aber gaben sie das typische Miami-Beach-Pärchen ab: der reiche weiße Glatzkopf und sein junges, statuengleiches, dunkelhäutiges Betthäschen. Was tun? So war es nun einmal.
Sie hatten viel Spaß zusammen. Wilden Sex – heftig, gymnastisch und kreativ. Er fand heraus, dass es mit Koks – das er zuvor erst ein einziges Mal probiert hatte – noch besser lief. Er verliebte sich in sie und sagte ihr das. Sie sagte, sie liebe ihn auch. Er spielte mit dem Gedanken, sie zu heiraten. Sie sagte, er würde einen guten Vater abgeben.
In den folgenden zwölf Monaten brachten Tameka und er den Großteil der Haiti-Millionen durch. Sie zogen in das Penthouse. Sie ließ es neu ausstatten. Er gab ihr eine halbe Million Dollar, damit sie ein eigenes Fitnessstudio aufmachen konnte. Er flog mit ihr auf die Bahamas. Erste Klasse, fünf Sterne, wo immer sie hingingen. Er fuhr mit ihr nach Vegas, wo er ein Vermögen am Spieltisch verlor, nach Mexiko und nach Rio. Er kaufte ihr einen Mercedes und sich selbst einen Porsche. Nachdem er den Porsche zu Schrott gefahren hatte, holte er sich einen Mercedes, passend zu ihrem.
Joe beobachtete das alles und sah, wo es enden würde. Er mochte Tameka nicht, er hatte das Gefühl, dass irgendetwas an ihr nicht stimmte. Er ließ ihre Fingerabdrücke durchs System laufen. Keine Vorstrafen, nicht einmal ein Strafzettel auf ihren Namen. Aber er vertraute seinem Instinkt und grub
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