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Todesritual: Thriller (German Edition)

Todesritual: Thriller (German Edition)

Titel: Todesritual: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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Ausländer sein.«
    »Erzähl mir mehr.«
    »Kann ich nicht«, sagte Joe. »Ich hätte nicht mal das sagen dürfen.«
    »Warum nicht?«
    »Geht einfach nicht. Ich würd ja gern. Es gibt so vieles, das ich dir gern erzählen würde.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel Sachen, über die ich nicht sprechen darf.«
    Max erkannte seinen Freund kaum wieder. Er hatte ihn schon ganz unten und fast am Ende gesehen, er hatte ihn wütend gesehen und bereit, einen Mord zu begehen, er hatte ihn tieftraurig und mit Tränen in den Augen gesehen, er hatte ihn schon oft am Abgrund gesehen, aber gestürzt war er nie. Joes angeborene Selbstbeherrschung und seine Sturheit hatten ihn immer davor bewahrt und ihm geholfen, alle Widrigkeiten zu meistern, ohne den Kopf zu verlieren. Das Leben mochte ihn manchmal verwirrt haben, aber überwältigt hatte es ihn nie, hatte ihn nie in die Knie gezwungen. Bis jetzt.
    »Was ist los, Joe? Du steckst in Schwierigkeiten.«
    »Ich weiß es noch nicht«, sagte Liston.
    »Kann ich was tun?«
    »Nein.«
    »Sicher?«
    »Ja.«
    Aber Max spürte, dass Joe mit ihm reden wollte. Er war noch nicht so weit, suchte noch nach dem besten Weg, die Fakten zu präsentieren, sie auf eine Art und Weise herauszugeben, mit der er leben konnte.
    Gib ihm Zeit. Wechsle das Thema.
    Max schaute hinaus auf die Lincoln Road. Eine schicke und geschäftige Straße, mit Restaurants, Cafés und Bars, Zigarrengeschäften, Kunstgalerien und Boutiquen, die unter dem Baldachin aus angestrahlten Bäumen, in denen haufenweise Papageien lebten, ordentlich Umsatz machten. Vor nicht allzu langer Zeit war das hier eine zwei Meilen lange, vertrocknete Kloake zwischen der Collins Avenue und den heruntergekommenen Häusern am Jachthafen gewesen. Überall stinkende Müllhaufen, die Gebäude zu beiden Seiten entweder verrammelt oder von Obdachlosen bewohnt. Keiner hatte diese Straße je benutzt, außer vielleicht ein paar verirrte Touristen und verrückte Alte, die ihre Medikamente nicht genommen hatten, und die Polizisten und Sanitäter, die sie wieder einsammeln mussten. Kaum zu glauben, dass das dieselbe Straße sein sollte. Sogar das Theater war renoviert worden. Max musste daran denken, wie er einmal einem Taschendieb in dieses Theater gefolgt war, nur um dort unter der Bühne eine ganze Bootsladung verängstigter Haitianer anzutreffen, die kurz vorm Verhungern gewesen waren.
    Abends war immer viel los auf der Lincoln Road, trotzdem war es nicht ungewöhnlich, denselben Menschen drei- oder viermal zu begegnen. Am frühen Abend waren hauptsächlich Pärchen und Familien unterwegs, oft mit Kindern und Hunden, die die großen Speisekarten vor den Restaurants und die ausgestellten Teller mit kunstvoll arrangierten Meeresfrüchten unter Frischhaltefolie in Augenschein nahmen. Später kamen die Beutelschneider und Exhibitionisten – der mittelmäßige Gitarrenspieler, der einem ein Lied aufdrängen wollte, die Freaks mit ihren Sittichen und Schlangen, der hässliche Transvestit, der Arien schmetterte, die gescheiterten Zirkusartisten. Und noch später, wenn die Clubs aufmachten, gaben sich die wahren Freaks von Miami ihr Stelldichein: die schönen, aber komplett hohlen, prominenzverliebten Partygänger, die wahrscheinlich in irgendwelchen Reality-Shows enden würden – eine schier endlose Parade der Tätowierten, Aufgepumpten, Gepiercten, Enthaarten, Fettabgesaugten, Collagen- und Botoxgespritzten, Brustvergrößerten und Gezupften. Ordinäre Selbstverliebtheit auf dem langen Laufsteg ins Nirgendwo.
    In dieser Nacht bekamen sie Konkurrenz von den Halloween-Fans. Die meisten davon Erwachsene, verkleidet als Hexen, Zauberer, Vampire, Monster und Kobolde. Es gab einen Michael Myers mit einem Schlachtermesser aus Plastik, ein paar Jasons mit Hockey-Maske, eine Reihe von Leatherfaces, Pinheads und Freddy Kruegers. Max sah einen Robocop, einen Boris Karloff, einen Löwen und einen Blechmann, der Hand in Hand mit einer männlichen Dorothy die Straße entlanglief. Dort kam ein Pinball Wizard mit turmhohen Plateauschuhen und Wollmütze, danach ein Siebzigerjahre-Zuhälter, der mehrere Frauen in Glitzerkostümen mit goldenen Stringtangas und Bin-Laden-Masken an einer Kette hinter sich herzog. Auch zahlreiche Präsidenten gaben sich die Ehre: ein Washington mit gepuderter Perücke, Lippenstift und Rouge, eine schwangere Frau als Benjamin Franklin, mehrere Lincolns, einer davon auf Stelzen, ein paar Reagans und reichlich Nixons und Dubyas, mehr Dubyas als

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