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Todesrosen

Todesrosen

Titel: Todesrosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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war im Hinterzimmer in die Hocke gegangen und lauschte auf die Schreie, die aus einem der Öfen zu hören waren. Sie drangen durch eine der Vertiefungen für die Schiebekästen halb erstickt bis zu ihm vor, doch mit der Zeit wurden sie schwächer und unregelmäßiger, bis sie schließlich ganz erstarben.

Sechzehn
    Einfamilienhaus zum Verkauf, 250 m 2 , Preis 5,5 Millionen. Neuwertig und in gutem Zustand. Ab sofort frei. Zur Besichtigung Schlüssel bei der Sparkasse erhältlich.
     
    Die Anzeige war auf ein kariertes Blatt geschrieben und mit einer Heftzwecke an einer Pinnwand befestigt; sie hing in der Esso-Tankstelle eines kleinen Orts, der ein paar hundert Einwohner hatte und an einem tiefen, schönen Fjord lag. So einfach war das also. Es gab noch mehrere solcher Zettel, von denen man sich erhoffte, dass sie die Aufmerksamkeit von Durchreisenden wecken würden. Als Sigurður Óli und Erlendur durch den Ort fuhren, fiel ihnen auf, dass zahlreiche Häuser leer standen.
    Nach der Überquerung des Passes hatten sie in dem Ort getankt. Oben auf der Passhöhe mussten sie beide lange suchen, bis sie Erlendurs Telefon endlich in einer moosbewachsenen Mulde fanden. Sigurður Óli hatte nie zuvor einen derartigen Wutanfall seines Vorgesetzten erlebt. Erst hatte er befürchtet, Erlendur würde auf ihn losgehen, nachdem er das Handy weit von sich geschleudert hatte. Auf alles gefasst sprang Sigurður Óli aus dem Auto und hielt sich in angemessener Entfernung. Erlendur hielt ihm eine mit Flüchen gespickte Standpauke, wie Sigurður Óli es noch nie erlebt hatte. Einige der Verwünschungen, die Erlendur verwendete, hörte er zum ersten Mal in seinem Leben.
    Erlendurs Zorn verebbte nach einer Weile, aber er gab ihm in aller Deutlichkeit zu verstehen, dass er, falls Sigurður Óli jemals wieder solche Worte über ihn fallen ließe, nie wieder mit ihm zusammenarbeiten und dafür sorgen würde, dass seine Karriere bei der Kriminalpolizei ein abruptes Ende fände. Sigurður Óli entschuldigte sich zwar, wies aber darauf hin, dass Freunde dazu da seien, um auf Fehler hinzuweisen, woraufhin Erlendur ihm erklärte, er könne sich seine Weisheiten in die Haare schmieren.
    Sie hatten ursprünglich vorgehabt, direkt nach Ísafjörður zu fahren und von dort aus Nachforschungen anzustellen, doch weil Erlendur die ganze Zeit nicht von dem Gedanken loskam, dass es irgendeine Verbindung zu Jón Sigurðsson geben musste, hatte er sich dazu entschlossen, sich auf dem Weg dorthin bereits in den kleinen Fischerdörfern umzutun und mit den Einheimischen zu reden. Nachdem sie getankt hatten, fuhren sie zum örtlichen Polizeirevier und unterhielten sich mit dem Wachtmeister, einem Mann um die dreißig, der in einem kleinen Zimmer hinter den Büros der Kreisverwaltung residierte. Er hatte das Foto von Birta erhalten und versucht, Erkundigungen einzuziehen, aber bislang war dabei nichts herausgekommen, wie er ihnen berichtete. Erlendur fragte, ob der alte Amtmann Kjartan immer noch im Ort wohne. Der Polizist teilte ihm die Adresse mit.
    »Tragt ihr jetzt schon die Leichen mit euch herum?«, sagte Kjartan zu Erlendur und Sigurður Óli, als sie bei ihm in der Küche Platz genommen hatten. Er war Mitte siebzig und Witwer, wirkte aber sehr vital und strahlte immer noch Autorität aus. Er hatte sich seine alte Uniformmütze aufgesetzt, als er erfuhr, wer da zu Besuch gekommen war und in welcher Angelegenheit. Erlendur kannte ihn schon seit vielen Jahren.
    »Ein hübsches Mädchen«, fügte er hinzu, als er ihnen das Foto zurückreichte. »Wollt ihr das in all den Dörfern hier herumzeigen? Da habt ihr euch ja was vorgenommen.«
    »Es ist uns ein absolutes Rätsel, wer dieses Mädchen ist«, sagte Sigurður Óli.
    »Ihr glaubt, dass sie von hier stammt, wegen Jón Sigurðsson. Ist das nicht bloß einfach ein Zufall, dass sie auf ihn gelegt wurde?«, sagte Kjartan und schmunzelte über diese Ausdrucksweise. »Ich habe da eine bestimmte Theorie, weshalb die Leiche bei Jón gefunden wurde.«
    Damit stand Kjartan nicht allein da. Viele zerbrachen sich den Kopf darüber, und es kursierten die verschiedensten Spekulationen. Der Leichenfund hatte dazu geführt, dass Jón Sigurðssons Name in aller Munde war, und jeden Tag kamen zahlreiche Menschen zu seiner Grabstätte, um sich anzusehen, wo das Mädchen gelegen hatte.
    »Also«, begann Kjartan mit gewichtiger Miene, »Jón stammt natürlich hier aus dem Westen, und er ist als Kämpfer für die Unabhängigkeit

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