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Todesrosen

Todesrosen

Titel: Todesrosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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jedoch wieder so weit gefasst hatte, dass er seine Wut an Sigurður Óli auslassen konnte, klingelte das Handy in seiner Jackentasche. Der Zorn kochte derartig in ihm, dass er es erst hörte, als Sigurður Óli ihn darauf aufmerksam machte. Erlendur kramte in der Tasche nach dem Handy, zog es hektisch heraus und nahm den Ruf an. Es war Elínborg.
    »Herbert ist verschwunden«, sagte sie.
    »Was meinst du damit, ›verschwunden‹?«, stieß Erlendur wutschnaubend hervor.
    »Er hat sich in Luft aufgelöst«, sagte Elínborg, die sich in ihrem Büro in Reykjavík befand, auf nichts Böses gefasst war und sich genüsslich ein Hühnchensandwich mit selbstgemachter Tandoori-Sauce einverleibte.
    »Wieso ist er verschwunden?«
    »Er ist einfach verschwunden. Weg.«
    »Was meinst du damit?«
    »Einfach nur das, was ich sage.«
    »Haben denn alle den Verstand verloren? Spuck es endlich aus!«
    »Was? Das Hühnchen?«
    Als das Fahrzeug plötzlich oben auf dem Pass anhielt, war Kaldbakur, der höchste Berg in den Westfjorden, schweigender Zeuge, wie ein kräftig gebauter Mann mit leicht angegrauten Schläfen aus einem Auto sprang. Er hielt ein kleines Mobiltelefon in der Hand, das er in hohem Bogen in das grüne Moos der Hochmoorlandschaft schleuderte.

Vierzehn
    Am Morgen nach der Nacht, in der Erlendur und Sigurður Óli Herbert in die Innenstadt zu der Telefonzelle hatten rasen und von dort aus ein Gespräch führen sehen, verließ Herbert sein Haus. Þorkell und Einar, ein korpulenter Mann über fünfzig, hatten die Wache übernommen. Herbert fuhr in seinem Cherokee-Jeep zu einer Autolackierwerkstatt, wo er sich einen Termin für die Reparatur des Dachs hatte geben lassen. Anschließend aß er im Hotel Holt zu Mittag, schaute dann im »Boulevard« und in seiner Autohandlung herein, besuchte seine alte Mutter, die in einem Häuserblock in Álfheimar lebte, und machte sich schließlich wieder auf den Weg nach Hause. Abends verließ er das Haus noch einmal, um zu einem Steakhouse in der Innenstadt zu fahren. Þorkell und Einar waren sich sicher, dass er sie nicht bemerkt hatte. Das teilten sie den beiden Polizisten mit, die sie vor dem Steakhouse ablösten. Nichts von dem, was er heute den ganzen Tag unternommen hatte, war in irgendeiner Weise verdächtig gewesen und ließ einen anderen Schluss zu als den, dass Herbert ein angenehmes, luxuriöses Leben führte. »Herbert macht auf Dolcefarniente«, erklärten Þorkell und Einar. Sie waren in Eile, denn sie wollten noch vor Ladenschluss zum Bonus-Billigmarkt.
    Kurz vor Mitternacht wurde Herbert beobachtet, wie er in sein Haus in Breiðholt zurückkehrte. Morgens um acht war Schichtwechsel, und bis dahin hatte er sich nicht gerührt. Zwei Stunden später, etwa um die Zeit, als Erlendur und Sigurður Óli von Hrafnseyri aufbrachen, bemerkten die Polizisten eine Frau asiatischer Herkunft am Hauseingang, die, wie sich herausstellte, die Putzfrau war. Sie kramte eine Weile in ihrer Handtasche, betätigte dann aber die Türklingel und hämmerte schließlich gegen die Tür. Als niemand reagierte, drehte sie sich um und schickte sich an zu gehen, aber die Polizisten hielten sie an, um ihr ein paar Fragen zu stellen. Sie erklärte, dass sie zweimal pro Woche käme, um bei Herbert zu putzen. Es sei schon hin und wieder vorgekommen, dass sie den Schlüssel vergessen hatte, dann habe Herbert ihr immer aufgemacht, wenn er zu Hause war. Im Übrigen sei es auch möglich, durch den Hintereingang ins Haus zu gelangen, der selten verschlossen war. Sie folgten ihr um das Haus herum zum Hintereingang. Die Tür dort war tatsächlich nicht verschlossen. An einen Hintereingang hatten die beiden Polizisten nicht gedacht. Wieso hatte ihnen keiner etwas davon erzählt? Es war niemand zu Hause. Herbert hatte es wahrscheinlich in der Nacht verlassen. Möglicherweise war er auch dazu gezwungen worden, denn in der Küche sah es so aus, als habe dort ein Kampf stattgefunden. Ein Kochtopf lag auf dem Boden, und eine nicht identifizierbare Fleischsoße war die Wände hochgespritzt.
    In diesem Augenblick klingelte das Diensttelefon, der Anruf kam vom Hauptdezernat. Ein Zeuge in der Straße oberhalb von Herberts Haus hatte beobachtet, wie jemand einen offenbar bewusstlosen Mann hinausgetragen hatte. Er sei in einen weinroten Dodge gelegt worden, der dann eilends davongefahren war. Herbert war demnach entführt worden, während sie beide im Auto eingenickt waren.
    Unverzüglich wurde eine umfangreiche Suche nach

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