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Todesrosen

Todesrosen

Titel: Todesrosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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Häuser gebaut. Wo ist das Verbrechen?«
    »Ihr habt die Landflucht inszeniert. Es drehte sich um eine vorprogrammierte Flucht, organisiert von Finanzhaien in Reykjavík, die ihren Vorteil darin sahen, die Stadt zu vergrößern. Die Leute wurden im Grunde genommen dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Und diese Entwicklung ist keineswegs abgeschlossen. Jetzt ist der Rest des Landes dran. Ich weiß, dass du angefangen hast, im östlichen Landesteil Quoten aufzukaufen. Ich habe Verwandte in Eskifjörður, die mir sagten, dass dein Name immer wieder im Zusammenhang mit Quotenaufkäufen auftaucht.«
    »Bringst du da nicht etwas durcheinander, mein Guter«, sagte Kalmann und lachte trocken. »Seit wann ist es kriminell, sich als Reeder und Geschäftsmann zu betätigen?«
    »Jetzt kommt Variante eins«, fuhr Erlendur unbeirrt fort. »Einer von euch begann, sich mit diesen fantastischen Plänen zu brüsten, wie optimal dieses Konzept gewesen sei, und zwar einem Mädchen gegenüber, von dem er wusste, dass es aus den Westfjorden stammte. Vielleicht hat sie es selbst einmal demjenigen gegenüber erwähnt. Er kaufte sich nämlich manchmal die Dienstleistungen von Prostituierten oder besser gesagt von jungen Mädchen. Jung mussten sie sein und möglichst aus der Gosse, möglichst ungeschliffen und bemitleidenswert. Die hat ihm immer ein Kumpel aus guten, alten Zeiten besorgt, als die beiden noch im großen Stil Schmuggel betrieben. Aus irgendwelchen Gründen fand der Mann besonderen Gefallen an diesem Mädchen und bat seinen Freund immer wieder, sie zu ihm zu schicken. Er bezahlte gut, und das Mädchen war drogenabhängig. Sie brauchte Geld. Sie arbeitete auch für den Kumpel als Kurierin und dergleichen. Da hatte dieser Mann ein lebendiges Beispiel für diese Landflucht vor sich, die er selber in die Wege geleitet hatte, da hatte er die ganzen Westfjorde personifiziert vor sich. Dieser Mann hat keine Familie und lebt ein bemitleidenswertes Leben ganz allein mit sich selbst und seinem Reichtum. Ihn langweilt das Angebot von schönen Frauen, denen er von Berufs und seiner einflussreichen Position wegen begegnet. Er wollte etwas anderes, etwas Jüngeres, Unkultivierteres und vielleicht auch Schwächeres. Das Ganze hat etwas durch und durch Perverses.«
    Kalmann sagte keinen Ton.
    »Der Mann hatte ausgefallene sexuelle Bedürfnisse. Brutalität animierte ihn. Irgendetwas an diesem Mädchen forderte ihn heraus. Er machte sich über sie her, schlug zu, verletzte sie. Er war auch bereit, mit der Gefahr zu spielen und Risiken einzugehen. Manchmal prügelte er das Mädchen regelrecht durch. Da er verdammt gut bezahlte, wusste er, dass sie immer wieder zu ihm zurückkehren würde, egal, wie er sie behandelte. Dabei konnte es vorkommen, dass er sich mit diesem Wohnungsbaukonzept brüstete, wie genial es war, was für eine exorbitante Idee, die sofort einschlug, nachdem er begonnen hatte, sie zu realisieren. Wie seine Reichtümer sich von Tag zu Tag mehrten, weil er ein so begnadeter Geschäftsmann war. In der Art hat er dem Mädchen etwas vorgefaselt, geil vor lauter Machtgier. Sie hörte zwar nicht so genau auf das Gerede des Mannes, da ihr andere Dinge durch den Kopf gingen, aber trotzdem wurde ihr langsam klar, was dieser Mann ihr da sagte, was seine Worte bedeuteten. Vielleicht fing sie an, mit ihm zu diskutieren. Vielleicht drohte sie ihm, das Ganze publik zu machen, aber der Mann lachte sie aus und fragte, ob sie tatsächlich so blöd sei zu glauben, dass man sie ernst nehmen würde mit irgendwelchem Gefasel über eine Verschwörung von Spekulanten in Reykjavík. Nichtsdestotrotz nervte ihn das, und bei ihrem letzten Zusammentreffen ging er zu weit. Er schlug zu fest zu. Vielleicht hatte ihn etwas, was sie sagte, aber nicht hätte sagen sollen, in Wut gebracht. Er brachte sie um. Vielleicht unabsichtlich. Vielleicht absichtlich.«
    »Blödsinn«, sagte Kalmann, dessen Blicke zwischen Erlendur und Sigurður Óli hin und her wanderten. »Totaler Blödsinn. Ihr habt keine Ahnung, wovon ihr redet.«
    »Du darfst uns gern korrigieren«, sagte Erlendur.
    »Du hast gesagt, Variante eins«, sagte Kalmann. »Wie lautet Variante zwei?«
    »Der Mann hat sie umgebracht, um sich daran aufzugeilen. Es hatte gar nichts mit den Quotenspekulationen zu tun, es ging schlicht und ergreifend um seine perversen Neigungen.«
    Sie blickten einander eine Weile in die Augen.
    »Er hat sie nicht umgebracht«, erklärte Kalmann schließlich und strich

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