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TODESSAAT

TODESSAAT

Titel: TODESSAAT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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recht habe! Er wollte sie mit Gewalt dazu bringen, dass sie ... ihn anbeteten!
    Harry glaubte zu verstehen. An sich hätte ihm das genügen müssen. Doch er war ein Mensch, zumindest war er einer gewesen – und er merkte, dass er von seinem ins Leere stürzenden Leichnam abgetrieben wurde. Deshalb wollte er mehr wissen. »Und jetzt?«, fragte er.
    Du stehst auf den untersten Sprossen der Leiter. Du hast dich entschieden, hast deinen Weg gewählt und bist dir treu geblieben. Wir halten nichts davon, unsere Zeit zu verschwenden. Jemanden, der uns so gute Dienste leistet wie du, lassen wir nicht einfach umkommen! Zwar wirst du dich, genau wie Shaitan, an nichts erinnern, aber du wirst die Fähigkeit zur Erkenntnis haben. Während es für ihn nichts als eine große Dunkelheit gab, wirst du das Licht kennenlernen. In all deinen Welten.
    »All meinen ...?«
    Wo auch immer du dich manifestierst. Denn Seine Welten sind gleich Seinen Gedanken unermesslich.
    »Und ... was ist damit?« Harry deutete auf den verbrannten Körper, der immer kleiner wurde, während er seinem unbekannten Ziel entgegentrudelte.
    Ursachen haben Wirkungen, und Wirkungen Ursachen. Nichts geschieht, was nicht bereits geschehen ist. Die Welt von Sunside und Starside war ein Misserfolg, bei dem das Böse siegte. Vielleicht bekommt sie eine zweite Chance. Außerdem wird sie ja Shaitan beherbergen. Er hat sich in einer ganzen Reihe von Welten gegen das Licht gestellt. Hier ... beginnt er ganz von vorn, am Fuß der Leiter. Denn wie du wohl weißt, Harry Keogh, was sein wird, ist gewesen. Die Zeit ist relativ.
    Jetzt war es an Harry, die Achseln zu zucken. Nun, da er seinen Vampir losgeworden war, war er wieder vollkommen unbedarft, unschuldig im wahrsten Sinne des Wortes. »Das ist alles sehr schwer nachzuvollziehen«, sagte er. »Aber ich denke, ich werde es begreifen, während ich unterwegs bin.«
    Oh, das wirst du!, versprach die Stimme. Sie fuhr fort: Bist du bereit?
    Mittlerweile war Harrys Leichnam in den in allen Farben schillernden Nebeln der Vergangenheit verschwunden. Da Harry nur noch aus bloßen Gedanken bestand, verfügte er weder über einen Körper noch über einen Kopf, um zu nicken. Trotzdem verstand der andere ihn auch so. Harrys körperloses Bewusstsein loderte strahlend hell auf und zerbarst in tausend goldene Splitter, die auseinander brachen und in ebenso viele Welten geschleudert wurden. Seine Gedanken erstarben, und mit ihnen seine Gabe, mit den Toten zu reden.
    Jedes einzelne dieser gleißenden Bruchstücke jedoch barg Harry in sich ... und all seine Fähigkeiten.
    Als Shaitan wieder zu sich kam, schrie er auf.
    Er schrie auf, als er merkte, dass ihm alles Wissen genommen worden war, dass sein Bewusstsein einen Willen ohne Erkenntnis beherbergte, sein Geist eine blank gewischte Tafel war.
    Er fand sich am Ufer eines Tümpels kniend und betrachtete sein Spiegelbild in den trüben Tiefen. Und als er erkannte, dass er nackt war, schämte er sich. Doch als er sah, dass er schön war, wurde er hochmütig. Denn Scham und Hochmut sind vom Geist, nicht von der Erkenntnis.
    Shaitan stand auf und sah, dass er gehen konnte. Und während ein gedämpftes, trübes Zwielicht den Tag ankündigte, ging er an den trüben, stinkenden Wassern entlang, die einen Sumpf bildeten. Und er sah, wie finster und verlassen dieser Ort war, an den er gefallen war. Vielleicht hatte ihn auch jemand an diesen Ort geworfen! Er erkannte, dass er gesündigt hatte und dass dies seine Strafe war!
    Dieses Wissen machte sein Wesen aus: Begriffe wie Sünde und Strafe erfasste er instinktiv. Und er glaubte, dass man ihm seine Schönheit als Verbrechen anlastete, eine Vorstellung, die natürlich seiner Hochmut entsprang. Sie war sein eigentliches Vergehen! Denn Shaitan hielt Schönheit für Macht und Macht für Recht, und Recht war, was seinem Willen entsprach.
    Und diesen Willen würde er allem aufzwingen.
    Unter solchen Gedanken kehrte er dem fauligen Wasser den Rücken, um diese fremde Welt seinem Willen zu unterwerfen. Doch in dem Augenblick, als er sich abwandte, begann der Schlamm hinter ihm zu brodeln, und er hielt inne, um zu den schwarzen Blasen zurückzublicken, die dort aufstiegen und an der Oberfläche zerplatzten.
    Das Schilf teilte sich, und Shaitan sah eine Gestalt nach oben in sein Blickfeld treiben. Der Körper war aufgedunsen und von schweren Verbrennungen gezeichnet, doch das Gesicht war unversehrt. Er wusste, dass es ein Zeichen war, jedoch nicht, wofür.

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