Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesschach

Todesschach

Titel: Todesschach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Darlton
Vom Netzwerk:
waren es auch gerade diese Zuschauer, die ihre Sensationsgier mit dem Leben bezahlten.
    Kofoltow vertrat die Ansicht, daß Todesschach humaner als Autorennen war, denn beim Spiel konnte nur der getötet werden, der sich freiwillig dazu meldete. Und jede der Figuren war ein Freiwilliger. Das Gesetz verbot, daß jemand zur Teilnahme am Spiel gezwungen wurde.
    Die beiden Spieler selbst, die in ihren Luftjachten hoch über dem Gelände standen und das Geschehen leiteten, riskierten zwar nicht ihr Leben, wohl aber ihren Ruf und ihr Vermögen. Denn obwohl die Fernsehgesellschaften enorme Summen zahlten, genügte das nicht allein, die Kosten des Spiels zu tragen. Dem Sieger winkten Popularität und Reichtum, dem Verlierer oft der finanzielle Ruin. Auch das gehörte zum Nervenkitzel für die Massen, die sich vor ihren Bildschirmen fast zu Tode gelangweilt hatten – bis Professor Kofoltow das Spiel erfand.
    Grams verschmolz mit dem Laub, als er den Springer sah. Die schwarze Figur setzte über den Graben und blieb unter einem Baum reglos liegen. Für eine Sekunde blitzte der Lauf der Waffe im Schein der silbernen Mondsichel.
    Grams war fünfzig Jahre alt geworden, ehe er sich zum ersten Mal zu einem Spiel meldete. Er wußte nicht mehr, wieviel Gegner er im Verlauf der letzten beiden Jahre getötet hatte, aber er wußte, daß auf seinem Bankkonto bald genug Geld lag, das ihn selbst zum Spieler machen konnte. Noch drei oder vier Spiele, und er hatte es geschafft.
    Oder er war tot.
    Der Springer mußte klein und schmächtig sein, vielleicht noch sehr jung. Soviel hatte er noch sehen können, ehe er in der Deckung verschwand. Aber was machte das schon? Wer sich meldete, mußte den Tod einkalkulieren. Immerhin handelte es sich nicht um ein dummes Glücksspiel, sondern Mut, List und Intelligenz entschieden über den Ausgang eines Duells. Kofoltow hatte erklärt, daß der Selbstmord eines Verzweifelten nach einem verlorenen Roulettespiel ungleich grausamer und unmenschlicher sei als das Todesschach.
    Der Springer trug seinen Namen zu recht. Mit einem blitzschnellen Satz wechselte er seine Stellung und verschmolz erneut mit dem Boden. Diesmal lag er im Schatten, unsichtbar und sicher. Grams fluchte in sich hinein, denn nun mußte er doppelt aufpassen. Wenn er den anschleichenden Springer verlor, konnte das gefährlich für ihn werden.
    Und er mußte den Springer besiegen, ganz abgesehen von der Tatsache, daß er weiterleben wollte. Aber er würde sich dann in den schwarzen Springer verwandeln, und da er das Spiel gut im Kopf hatte, würde er beim nächsten Zug seines neuen Herrn, Schwarz, den weißen König schachmatt setzen können. Seinen bisherigen König, aber das spielte keine Rolle. Die Figuren kämpften nicht für ihre jeweiligen Spieler, sondern lediglich um ihr eigenes Leben.
    Und das machte alles so unbeschreiblich spannend.
    Wieder eine Bewegung!
    Diesmal deutlicher, denn der Himmel war dunkler und der Mondschein etwas heller geworden. Zum Glück standen noch immer keine Wolken am Himmel.
    Der Springer mußte jetzt in seiner neuen Deckung liegen und den Lauf seiner Waffe langsam kreisen lassen, um seinen verborgenen Gegner zu entdecken. Wenn er dabei nicht auf den Gedanken kam, auch die Baumwipfel abzusuchen, fand er nichts. Er mußte dann annehmen, daß der zu schlagende Bauer hinter dem Hügel auf ihn wartete. Er würde weiter in das feindliche Feld eindringen.
    Und genau darauf hoffte Grams.
     
    *
     
    Bender beugte sich plötzlich vor und schaltete das Videogerät ab, ohne seinen Gast vorher zu fragen.
    »Die beiden werden sich die ganze Nacht belauern – das ist doch mehr als langweilig, Larko. Außerdem bin ich müde geworden. Vielleicht trinken wir ein Glas und unterhalten uns noch ein wenig. Finden Sie das nicht amüsanter?«
    Larko machte keine Einwände.
    »Zwar hätte ich gern gewußt, ob Ihr Grams auch diesmal siegreich bleibt, aber das erfahren wir ja morgen noch früh genug. Ehrlich gesagt, ich habe auch genug für heute. Noch ein Stündchen, dann muß ich nach Hause. Sie sehen, mein Freund, selbst das Spiel mit dem Tod ist schon nicht mehr aufregend genug, um unsere Müdigkeit zu vertreiben.«
    Sie waren bei ihrem Lieblingsthema. Wieder einmal.
    Bender schenkte ein.
    »Sagen Sie das nicht, es wird nur zur Gewohnheit. Das ist alles. Vielleicht wird man in naher Zukunft noch aufregendere Sachen erdenken und in die Tat umsetzen. Diesmal werde ich gegen jede derartige Neuerung stimmen, Larko, das versichere

Weitere Kostenlose Bücher