Todesschach
die Chance, zu überleben. Er kann sogar frei werden. Sehen Sie denn nicht, daß die Spiele zwei Zwecke zugleich erfüllen?«
»Drei, würde ich sagen!« rief ein anderer von der Opposition.
Breda beugte sich interessiert vor.
»Ach, und welchen Zweck würden Sie als dritten bezeichnen?«
Die Antwort kam prompt:
»Ihr eigener Vorteil, Breda. Sie sparen Gelder, die sonst für Instandhaltung der Gefängnisse verwertet werden müßten.«
Breda nickte ungerührt.
»Sie haben recht! Wir alle sparen eine Menge Geld! Hat dagegen jemand einen Einwand?«
Niemand hatte einen Einwand.
Trotzdem ergab die anschließende Debatte des Nord-Parlaments einige Unstimmigkeiten, die auf demokratische Weise beseitigt wurden: Man stimmte ab.
Breda blieb, und die Spiele blieben.
Die Geschehnisse hatten nichts ändern können, und es war keine bessere Lösung gefunden worden. Der Mensch brauchte die Sensation, er konnte seinen tief im Unterbewußtsein verankerten Trieb zum Töten nicht gänzlich unterdrücken, er konnte ihn nur abreagieren.
Es gab kein Mittel dagegen.
Gar keins!
*
Grams Hütte lag im Schein der aufgehenden Sonne.
Thorn stützte Mira, als er mit ihr ins Freie kam. Geblendet schloß sie die Augen. Dann sah sie den See und die Berge und die Wälder.
»Mein Gott!« hauchte sie. »Ich lebe! Wie schön es auf der Erde ist!«
Thorn nickte.
»Man muß die Hölle gesehen haben, um das zu wissen. Du hast sie gleich zweimal erlebt, Mira.«
»Io war nicht so schrecklich wie oftmals die Erde, Thorn. Dort wurde uns das Paradies nicht vorgetäuscht, und so konnte ich alles nur als halb so schlimm empfinden. Jedes geringste Entgegenkommen, das hier unbeachtet geblieben wäre, mußte ich dort als Wohltat empfinden. Je schlechter es dem Menschen ergeht, um so besser ergeht es ihm eigentlich.«
»Eine umstrittene Weisheit«, protestierte Thorn lächelnd, denn er sah Grams vom See hochkommen. In einem Beutel trug er die erbeuteten Fische. »Aber alles ist relativ, da hast du recht.«
Grams begrüßte sie gutgelaunt:
»Schon wach, ihr Langschläfer? Hier, das Mittagessen!«
Thorn nahm die Fische und gab sie Mira.
»Du hast uns noch immer nicht erzählt, wie du uns herausgeholt hast. Wie konntest du das, ohne Verdacht zu erregen?«
Grams lachte.
»Du vergißt, daß Breda mir Dank schuldet. Ich verriet ihm, daß Brödig und seine Leute eingreifen wollten. Dir sagte ich es nicht, um dich nicht zu beunruhigen. Als Dank für meinen Dienst forderte ich deine und Miras Leiche. Das ist alles.«
Thorn schüttelte den Kopf.
»So, das war alles?« Er nahm die Hand des Freundes. Eine Hand, die schon viele Menschen getötet hatte, um Millionen anderen das Leben zu retten. »Es war genug, meine ich. Nochmals Dank für alles.«
Grams wehrte ab.
»Du kannst deinen Dank gern abstatten, Thorn. Bewege Mira dazu, die Fische sauber abzuschuppen und auszunehmen. Die Gewürze stehen neben dem Herd. Kommst du mit auf einen Spaziergang?«
Mira nickte den beiden Männern zu und verschwand in der Hütte.
Weiter unten, am Ufer des Sees, fragte Thorn:
»Grams, glaubst du wirklich, daß Breda recht hat? Bist du sicher, daß unser Gesellschaftssystem in Ordnung ist?«
Grams bückte sich und rührte mit den Fingerspitzen die Wasseroberfläche auf, als wolle er die Temperatur feststellen. Dann richtete er sich wieder auf.
»In Ordnung?« Er lächelte und zuckte die Achseln. »Nichts ist völlig in Ordnung, Thorn. Es wird vielleicht noch Jahrhunderte dauern, bis wir die ideale Lösung gefunden haben, aber wir sollten mit dem, was wir erreicht haben, zufrieden sein. Wenigstens heute.«
Thorn sah hinauf in den wolkenlosen Himmel.
»Ja, wenigstens für heute«, wiederholte er.
ENDE
Wichtige Mitteilung!
Mit dem vorliegenden Terra-Taschenbuch Nr. 184 wird das Erscheinen dieser SF-Reihe vorerst unterbrochen. Wir empfehlen allen SF-Freunden, die guten Romane in der Reihe PERRY-RHODAN-Taschenbücher zu beachten. Jeden Monat ein neues PR-Taschenbuch und jeden Monat ein PR-Taschenbuch in 2. Auflage.
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