Todesschlaf - Thriller
»Das letzte Mal war ich überrascht, als meine Kinder mir erzählt haben, dass Daddy gerade seine Freundin mit Handschellen ans Bett fesselt. Ich bin froh, dass Vic wenigstens nicht an Dämlichkeit gestorben ist.«
Timmie stand hinter Murphy und konnte das Glitzern in Barbs Augen erkennen, das ihre scharfen Worte Lügen strafte. Sie sprach die einzigen Trostworte, die ihr einfielen. »Er hat versucht, ein guter Polizist zu sein.«
Barb nickte, ersparte Timmie einen schnellen Seitenblick, der zu viel preisgegeben hätte, und griff nach ihrem Reflexhammer und Murphys Ellbogen. »Und, was machen wir jetzt?«, wollte sie wissen.
»Wir machen gar nichts«, erwiderte er und konzentrierte sich auf seinen unter ihren geübten Schlägen zuckenden Arm. »Vielleicht wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, die ganze Sache den Bundesbehörden zu übergeben.«
»Auch die Staatspolizisten tragen Schaftstiefel«, meinte Timmie leise.
Murphy stierte sie wütend an.
Sie zuckte mit den Schultern. »Machen wir. Aber sollten wir nicht zuerst sichergehen, dass wir auch das richtige Feld erwischt haben, bevor wir die Erntemaschinen heranschaffen?« Jetzt starrten alle beide sie an. Sie blickte mürrisch drein. »Also gut, es hat auch seine Nachteile, in einem literarisch geprägten Haushalt aufzuwachsen. Ich denke in Analogien. Was ich sagen will, ist, dass Restcrest eine großartige Einrichtung ist. Ich möchte nicht, dass es bei einem Panzerangriff für die Sache der Wahrheit plattgemacht wird.«
»Es könnte so oder so plattgemacht werden«, meinte Murphy. »Selbst, wenn Raymond nicht dahintersteckt. Jede Art von Ermittlung könnte die Einrichtung ihre Lizenz kosten.«
Timmie schüttelte bereits den Kopf. »Das sehe ich anders«, beharrte sie. »Alex Raymond ist die Seele von Restcrest. Solange er nicht der Täter ist - und das ist nicht der Fall - kann Restcrest nichts geschehen.«
Barb beugte sich nach vorne und blickte Murphy direkt ins Gesicht. »Mr. Murphy«, sagte sie mit einer Handbewegung in Richtung Timmie. »Darf ich Sie mit Kleopatra bekannt machen?«
Murphy grinste. »Die Königin der Verleugnung, hmm?«
»Bin ich nicht«, sagte Timmie aus reiner Gewohnheit. »Ich meine es ernst.«
Und außerdem, dachte sie, ohne die beiden anderen damit zu behelligen, bin ich Scarlett. Wenn man etwas einfach auf morgen verschieben konnte, dann war es gar nicht notwendig, die Augen zu verschließen.
»Glaubt ihr denn wirklich, dass da jemand umgeht und irgendwelche GOMER umbringt?«, wollte Barb wissen, während sie Knie und Achillessehnen abklopfte. »Aber wieso?«
»Könnte es auch einfach Fahrlässigkeit sein?«, fragte Murphy.
Beide Frauen schüttelten den Kopf. »Das würde Alex zum Täter machen«, sagte Timmie. »Alex mag vieles sein. Aber fahrlässig ist er nicht.«
Murphy verdrehte erneut die Augen. Barb hingegen sah nachdenklich aus. »Aber wer dann? Und wieso?«
»Könnte eine ganze Reihe von Ursachen haben«, meinte Murphy. »Einsparungsmaßnahmen zum Beispiel. Aus irgendeinem Grund ist die teuerste Station von Restcrest im Augenblick ziemlich leer. Dann gibt es da den Forscher, Davies. Der ist überglücklich, dass es hier so viele frische Gehirne zum Spielen gibt. Oder es ist einer von diesen Todesengeln unterwegs.«
Timmie schüttelte den Kopf. »Das alles geht aber normalerweise ohne zusätzliche Vertuschung durch die Polizei.«
»Auch dann, wenn das darin verwickelte Krankenhaus der größte Steuerzahler der Stadt ist?«, hakte Murphy nach. »Diese Einrichtung bringt nicht nur dem Krankenhaus, sondern der ganzen Stadt und dem County eine Menge positiver Aufmerksamkeit. Im Augenblick ist sie sogar der Arbeitgeber mit den meisten Neueinstellungen.«
»Tja, das würde die These mit der Handelskammer stützen«, gab Timmie zu.
»Bist du sicher, dass es dabei um Restcrest geht?«, sagte Barb.
»Der Anrufer hat jedenfalls Alex namentlich erwähnt«, erwiderte Timmie.
»Alex ist nicht darin verwickelt«, sagte Barb schlicht. »Denk dir was anderes aus. Legen Sie sich hin, Mr. Murphy. Ich mache Sie wieder wie neu.«
Murphy gehorchte, und dann wurden in schneller Folge sterile Tücher über seinen Kopf und seine entblößte Brust gelegt, während seine Stirn mit leuchtend orangefarbenem Betadin bestrichen wurde. Barb setzte sich auf das Kaffeetischchen wie ein reifer Kürbis, der nur darauf wartete, angeschnitten zu werden, und machte sich an die Arbeit.
»Also gut«, meinte sie und zog das Lidokain auf.
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