Todesschlaf - Thriller
wieder zurücknehmen.
Barb beendete die Unsicherheit, indem sie sich wieder über ihren Patienten beugte. »Wir sorgen schon für unsere Kinder«, sagte sie. »Und ich habe auch nicht vor, das Andenken von Jack Webb irgendwie zu beschmutzen. Die Frage lautete also: Was machen wir jetzt?«
»Nun«, meinte Timmie, griff nach der Schere und schnitt ein paar Fäden zurecht, um die Angelegenheit zu beschleunigen. »Ich habe eine Verabredung mit dem Gerichtsmediziner von St. Charles, mit dem ich das Ganze besprechen werde. Und ich habe mir eine Statistik mit den Krankheits- und Sterberaten ausgedruckt, die ich euch gerne …« Sie verstummte schlagartig und erstarrte.
Die Ausdrucke.
Die Ausdrucke, die sie wie einen gestohlenen Diamanten aus der Notaufnahme geschmuggelt und wie einen geheimen Raketenbauplan studiert hatte. Oh, verdammt. Sie ließ die Schere in die Schale fallen und rannte zur Treppe. »Entschuldigt mich.«
Oben schien alles unverändert. Der Flur wurde immer noch von dem Bücher-Gebirge dominiert, das nun etwas in Unordnung geraten war, weil Timmie sich daraus irgendwelche Sachen für diesen gottverdammten Gedächtniskasten gesucht hatte. Ihr Zimmer ertrank immer noch in Stoffresten und gestohlenen Tapetenmusterbüchern und veralteten Messbüchern. Timmie schaute sich kurz um und versuchte zu erkennen, ob sich irgendwo eine fremde Hand zu schaffen gemacht hatte, aber sie wusste es einfach nicht, weil sie selbst auf der Suche nach Dads Sachen das Zimmer viel zu oft auf den Kopf gestellt hatte.
Letztendlich aber spielte es keine Rolle. Dort, zwischen dem alten Bett und der Wand, genau an der Stelle, wo sie sie zusammen mit all den anderen Dingen abgestellt hatte, stand ihre Tasche mit der Arbeitskleidung. Und darin befand sich die Liste.
Timmie kicherte verlegen. Als ob das so wichtig war. So lange nicht drei voneinander unabhängige Computersysteme komplett zusammenbrachen, waren diese Ausdrucke nur eine Zugabe. Sie nahm den Stapel aus der Tasche und trug ihn nach unten, wo Barb gerade dabei war Murphy zu erklären, wie viel Glück er gehabt hatte.
»Ich glaube, ich habe hier in der Liste mit den Krankheits- und Sterberaten etwas entdeckt«, sagte sie und griff wieder nach der Schere. »Das solltest du dir auch noch mal anschauen, Barb.«
»Es gibt da noch etwas, was du tun solltest«, erwiderte Barb in einem unheilverkündenden Tonfall, wobei ihre Aufmerksamkeit nach wie vor der winzigen Nadel und dem Faden in ihren riesigen Händen galt.
Timmie verharrte. Murphy schlug die Augen auf. Barb lächelte, aber es war kein freundliches Lächeln.
Timmie erbleichte. »Nicht …«
Barb nickte. Das machte ihr einfach zu viel Spaß. »Falls in Restcrest irgendwelche krummen Dinger laufen, dann bekommt das Personal Wind davon, das weißt du verdammt gut. Und zumindest eine Person da drüben ist stinksauer. Du weißt es, Timmie. Und es gibt nur eine Möglichkeit, herauszufinden, wer es ist.«
»Nein.«
»Oh doch. Du musst dich als Spionin einschleichen.«
» Du machst die Spionin«, verlangte Timmie von der massigen Frau. Sie war ehrlich entrüstet. »Da spiele ich doch liebe mit Van Adder Leichenwagen.«
Barb fing an zu lachen. »Tut mir leid, mein Mädchen. Ich
würde sofort auffallen wie ein entzündeter Zeh. Aber Krankenschwestern brauchen sie da drüben doch ständig. Und du bist, auch wenn du einen Haufen Zusatzqualifikationen vor dir herträgst, eine Krankenschwester. Wenn Restcrest das nächste Mal Unterstützung anfordert, dann musst du auf GOMER-Patrouille gehen.«
»Wir könnten Ellen bitten, das zu übernehmen.«
»Sie schläft mit Van Adder.«
Timmie zog, ohne es zu wollen, eine Grimasse. »Also dann Cindy. Ihr gefällt es da oben richtig gut.«
Barb zog eine Augenbraue in die Höhe. »Du würdest Cindy delikate Informationen anvertrauen? Du musst wirklich verzweifelt sein.«
Timmie machte die Augen zu. »Oh, Mann. Was ich alles im Dienste der Wahrheit in Kauf nehme.«
»So«, sagte Barb, ließ ihr Werkzeug auf das sterile Tuch fallen und zog die Handschuhe ab. »Jetzt lass mich mal einen Blick auf diese Liste da werfen.«
Sie warf einen Blick auf die Liste, und Timmie wusch Murphys Gesicht, klebte ein Pflaster auf die genähte Wunde und gab ihm sein Hemd und die Eisbeutel wieder. Barb summte und pfiff vor sich hin und blätterte vor und wieder zurück, als hätte sie das Zentralregister einer ganzen Kompanie vor sich. Und dann, als Timmies Geduld so gut wie aufgebraucht war, ließ
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