Todesschlaf - Thriller
Hause genommen. Aber als Timmie dann endlich allein gewesen war, hatte sie lange Zeit nur dagesessen und den Helm wie einen vertrockneten Blumenstrauß in der Hand gehalten.
»Das war mein Abschiedsgeschenk«, verteidigte sie sich.
»Von wem denn?« Barb hatte ein wissendes Grinsen aufgesetzt.
Der Helm war noch immer so neu, dass Timmie errötete. »Von allen«, behauptete sie. »Es ist schon seltsam, wie sehr einen ein paar Erdbeben und ein, zwei Straßenschlachten zusammenschweißen können.«
»Vor allem mit einem«, gackerte Cindy.
Es kostete Timmie viel Mühe nicht zu lächeln. »Dan, der Feuerwehrmann«, gestand sie schließlich wehmütig, während sie wieder einmal daran dachte, wie viel Spaß sie mit diesem Helm gehabt hatten. »Der schönste Uniformträger der ganzen Stadt.«
Alle drei lachten. »Und, was ist passiert?«, wollte Mattie dann wissen.
Timmie zuckte mit den Schultern. »Er ist zurück zu seiner Exfrau.«
»Und du hast Phase drei hinter dir gelassen«, gab Cindy das nächste Stichwort. »Komm, erzähl ihnen das mit den Phasen.«
Timmie seufzte. Am liebsten hätte sie Cindy einfach mit diesem Helm erschlagen, dann hätte sie den ganzen Mist hinter sich gehabt. »Die vier Phasen einer Trennung«, sagte sie an alle gerichtet. »Das ist so ähnlich wie bei den vier Phasen der Trauer, nur dass sie nicht Verneinung, Wut, Anklage und Akzeptanz heißen, sondern Verneinung,Wut, Promiskuität und Erholung. Ich bin jetzt in der Erholungsphase.«
»Und Ellen ist immer noch in der Promiskuität«, beendete
Cindy den Satz mit breitem Grinsen. »Was aus meiner Sicht sehr viel lustiger klingt als Erholung. Besonders, wenn man verliebt ist.«
»Aber ich werde ihr nicht den Gefallen tun und das, was sie da gemacht haben, als Liebe bezeichnen«, meinte Timmie. »Nicht in einem Leichenwagen.«
»Ich habe es mal in einem Fleischschrank getrieben«, sinnierte Cindy. »Aber das war auch keine Liebe. Ganz anders als dieses Mal.«
Timmie wusste, dass Cindy auf die Frage »Dieses Mal?« wartete. Sie kam nicht.
»Ellen hat etwas Besseres verdient«, beharrte sie, als sie auf der Kuppe anlangten, von wo man hinter dem Krematorium des Eternal-Rest-Friedhofs den Wasserturm der Stadt sehen konnte.
»Ach, Scheiße, wir haben alle etwas Besseres verdient«, gab Barb zu bedenken. »Aber das heißt noch lange nicht, dass wir es auch kriegen.«
Bremslichter flackerten auf wie eine außer Kontrolle geratene Christbaumbeleuchtung, und die Kolonne kam zum Stillstand. Barb löste als Letzte ihren Sicherheitsgurt.
»Ihr glaubt also nicht, dass Tucker Billys Tod deshalb so nachlässig behandelt hat, weil er in Ellens Höschen gesteckt hat, oder?«, sagte Timmie, als sie ihren Fuß auf den rissigen Asphalt setzte.
Barb, Mattie und Cindy starrten sie grimmig an, als sie sich auf dem Rasen zu ihr gesellten. »Bringen wir ihn erst mal unter die Erde«, schlug Mattie vor. »Dann können wir ihn später wieder ausbuddeln und noch ein bisschen mit ihm spielen.«
»Können wir nicht«, sagte Timmie und ließ sich kurzfristig von zwei Mayfield-Brüdern ablenken, die sich über die Frage des richtigen Parkabstandes zwischen zwei Autos stritten. »Asche kann man nicht untersuchen.«
»Dann wäre dieser Punkt also auch geklärt«, meinte Barb und machte sich als Erste auf den Weg den kleinen Hügel hinauf in Richtung Friedhofskapelle, Mausoleum und Souvenirshop.
Der Punkt war dadurch jedoch keineswegs geklärt. Allein, dass sie die Worte »Asche« und »untersuchen« in den Mund genommen hatte, verursachte Timmie ein mulmiges Gefühl. Als hätte sie etwas behauptet, ohne die genaue Bedeutung des Gesagten zu kennen. Das gefiel ihr überhaupt nicht.
»Darf ich mich anschließen?«, erklang da eine Stimme hinter Timmie, und sie drehte sich um. Alex Raymond kam von hinten auf sie zu. Er trug einen grauen Anzug unter einem schwarzen, offenen Kaschmirmantel, der im eisigen Wind flatterte. Der Tag war feucht, düster und kalt, und die Sonne hielt sich hinter einer schlackefarbenen Wolkendecke versteckt. Aber aus irgendeinem Grund tat das seiner glänzenden Erscheinung keinen Abbruch. Er sah aus wie ein Licht in der Nacht und alle strahlten ihn an.
»Aber selbstverständlich«, sagte Barb zur Begrüßung, während jede einzelne Frau im größeren Umkreis sich in die Brust warf.
»Ich bin bei der Arbeit aufgehalten worden, sonst wäre ich auch zu der Trauerfeier gekommen«, sagte er entschuldigend und ein wenig außer Atem, während
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